Die alte Welt des Warentransports

Konz · Das Freilichtmuseum Roscheider Hof ist um eine Attraktion reicher: Zum Internationalen Museumstag hat der Museumsverein auf seinem Gelände den dorthin umquartierten ehemaligen Güterschuppen des Konzer Hauptbahnhofs eröffnet. Er gibt einen Einblick in den Warentransport vergangener Zeiten.

Konz. Errichtet 1888 von der Königlich Preußischen Eisenbahn, hatte der Schuppen mit seinen zwei Laderampen 126 Jahre neben dem Konzer Bahnhofsgebäude überdauert. Dann musste er vor etwa zwei Jahren dem neuen Durchgang zu den umgestalteten Bahnsteigen weichen.
Nach fast 130 Jahren aus der Bahnhofstraße verschwunden - aber nicht vergessen: Dank finanzieller Unterstützung von Sponsoren, darunter auch Stadt und Verbandsgemeinde Konz, gelang es dem Museumsverein, die Halle vorsichtig abzutragen und auf dem Freigelände beim Roscheider Hof neu entstehen zu lassen.
Typischer Fachwerk-Normbau


Es handelt sich um einen typischen Bahn-Normbau aus Fachwerk. Solche Gebäude wurden von den Bahnen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zu hunderten an den Bahnstationen in verschiedenen Größen errichtet und sind auch heute noch vielerorts zu sehen. Typisch für die Schuppen sind die beiden Laderampen an jeder Front: Eine zur Straßenseite und eine zum Gleis direkt hinter dem Gebäude. In der Halle selbst wurde das Frachtgut "abgefertigt", mit entsprechenden Aufklebern und Anhängern versehen und bis zum Verladen in den Waggon oder bis zur Abholung durch den Empfänger zwischengelagert.
Noch bis in die 1960er-Jahre war der Stückgutversand per Bahn alltäglich, bis sich die Transportwege mehr und mehr auf die Straße verlagerten. Anfang 1970 kam das Aus für den Konzer Güterschuppen.
Auf die Reise geschickt wurde in diesen Schuppen alles, was sich nicht wehren konnte: Von der Kiste Wein über Stoffballen, Hering im Fass, die neue Hundehütte für Bello bis hin zu schweren Maschinenteilen. Im Schuppen auf dem Museumsgelände geben alte Originalverpackungen sowie eine Sammlung von historischen Transportpapieren Einblick in die Warenvielfalt. Auch das Büro des Versandleiters mit Kohleofen, Holzdrehstuhl, wuchtigem Wählscheibentelefon und Stempelkissen ist erhalten. Nur einen PC wird man hier vergeblich suchen. Dazu Helge Klaus Rieder, Vorsitzender des Vereins Volkskunde- und Freilichtmuseum Roscheider Hof: "Wir wollen mit dieser Halle auf die Geschichte Warentransports hinweisen." Vor sechs Jahren habe man schon den Güterschuppen des Bahnhofs Karthaus ins Museum holen wollen, doch das sei an durch den Besitzerwechsel von DB Netz an Privatinvestoren gescheitert. Rieder: "Dann stand plötzlich der Schuppen vom Hauptbahnhof zur Disposition. Da hieß es: Zugreifen!" Das i-Tüpfelchen bildet ein geschlossener Stückgutwaggon, Baujahr 1906, an der hinteren Laderampe. Der Wagen stammt von der schmalspurigen Brohltalbahn (Ein-Meter-Spur) in der Osteifel und hat noch Sanierungsbedarf.
Zum Spaß des Eröffnungspublikums wird dann Ausstellungsgestalter Martin Berberich als "Frachtstück" in einem riesigen alten Grundig-Karton "angeliefert". Berberich erinnert an einen Vorfall aus den 60er Jahren, der de Konzer Güterschuppen damals bundesweit in die Schlagzeilen brachte: Ein aus Konz stammender Missetäter hatte nach einem Bankraub die Flucht in einer Kiste als Expressgut angetreten. Der Versand zum Bahnhof Konz klappte, nur passte die Kiste dann bei der Auslieferung nicht durch die elterliche Haustür an der Saarstraße. Der misstrauisch gewordene Großvater rief die Polizei, nachdem er eine Stimme in der Kiste vernommen hatte. Ende einer Expressgut-Reise.
Extra

Helmut Schiffhauer aus Konz hat Anfang der 60er Jahre selbst in dem Schuppen gearbeitet und später die Historie des Gebäudes erforscht: Eröffnung der Strecke Trier-Saarbrücken am 26. Mai 1860. Erste Bahninfrastruktur am "Bahnhof Conz" sind ein kleiner Güterschuppen auf der anderen Seite, ein Wasserkran und eine handbetriebene Drehscheibe für Loks. 1888 errichtet die zuständige "Bahnverwaltung Cöln" einen zunächst 60 Quadratmeter umfassenden Güterschuppen, der in den folgen 25 Jahren zur heutigen Größe erweitert wird. In den 50er Jahren wird der Schuppen nochmals vergrößert. Wichtigste Frachtgüter damals, teilweise saisonbedingt: Saatkartoffeln, Apfelsinensendungen. Hauptkunde bei Versand und Empfang (etwa 50 Prozent) ist die Firma Zettelmeyer mit Maschinenteilen. Zu 30 Prozent sind die Winzerbetriebe mit ihren Weinsendungen beteiligt. Alles Güterarten, die heute über die Autobahn rollen. Die restlichen Transportanteile gehen damals an andere Konzer Betriebe und Privatleute. Am 1. Januar 1970 wird der Güterumschlag mangels Masse eingestellt. f.k.

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