Die dritte Kraft wird dreißig

HERMESKEIL. Aus dem politischen Leben im Kreis ist sie heute als flächendeckende "dritte Kraft" in den Kommunalparlamenten nicht mehr wegzudenken. Doch das konnte vermutlich keiner der zwölf Männer der ersten Stunde ahnen, die am 23. Januar 1974 in Hermeskeil die Freie Wählergruppe (FWG) Trier-Saarburg aus der Taufe hoben. Am Freitagabend wurde in der Gründungsstadt das 30-jährige Bestehen des Kreisverbandes gefeiert.

"30 Jahre zurückgedacht, stehen wir weit besser da, als es damals überhaupt denkbar war" - Karl Heil, Kreisvorsitzender und Mitgründer der Freien Wählergruppe Trier-Saarburg, konnte seinen Stolz nicht verbergen, als er im Hermeskeiler Johanneshaus vor seinen treuen Wegbegleitern und politischen Freunden noch einmal die für die FWG wichtigsten Meilensteine der zurückliegenden drei Jahrzehnte Revue passieren ließ. Längst haben sich die "Freien" in den kommunalen Gremien des Kreises etabliert, werden sie von den Vertretern der Parteien als vollwertige Verhandlungs- und Gesprächspartner anerkannt und geschätzt.1989 gelang der endgültige Durchbruch

Kein Wunder also, dass beim Jubiläums-Festakt mit Landrat Richard Groß, der Hermeskeiler Stadtbürgermeisterin Ilona König und dem Hermeskeiler VG-Chef Michael Hülpes (alle CDU) auch die politische "Konkurrenz" ihre Glückwünsche für den "30. Geburtstag" der Kreis-FWG übermittelte. Zwei Mal (1974 und 1984) war die FWG an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, ein Mal (1979) hatte sie keine Kandidaten aufgestellt. "Doch 1989 gelang der Durchbruch", betonte Karl Heil in seinem Rückblick. Die FWG zog mit Hugo Kohl (Leiwen) an der Spitze als Fraktion in den Kreistag ein. Dort ist sie bis heute mit aktuell vier Mitgliedern die "dritte Kraft" geblieben. Als "eine kritische, aber angenehme Zusammenarbeit", beschreibt der Landrat seine Erfahrungen mit den "Freien" in den zurückliegenden Jahren. Welche Bedeutung den "Freien" auf der kommunalpolitischen Ebene inzwischen zukommt, wird aber auch durch die Tatsache deutlich, dass sie im Kreis in den Gemeinden und Städten 394 Ratsmitglieder stellen und 25 Bürgermeister-Ämter besetzen. Beachtliche Zahlen, wobei anzumerken bleibt, dass längst nicht alle Kandidaten, die unter der Bezeichnung "Frei" oder "Parteilos" antreten, auch zum Kreis der organisierten FWG'ler gehören. "Uns ist die Kommunalpolitik auf den Leib geschrieben. Wir engagieren uns ausschließlich für die Menschen in den Gemeinden und Städten der Region und müssen uns nicht wie die normalen Parteien auch auf die Bundes- oder Landespolitik konzentrieren", beschrieb Dieter Müller, der Vorsitzende des FWG-Regionalverbandes Trier, zu dem sich die einzelnen Kreisverbände vor zehn Jahren zusammengeschlossen haben, das Selbstverständnis der FWG'ler. Vehement widersprach er in seiner Festtagsrede der Auffassung, es mangele der FWG an Gestaltungsmöglichkeiten, weil die "Freien" zu wenig Einfluss auf die Entscheidungsträger im Land oder beim Bund haben.Kreistagsvorsitzender Kohl schwört auf Urnengang ein

"Wir haben bewiesen, dass wir auch auf übergeordneten Ebenen etwas bewegen können", sagte Müller. Als Beispiel führte er die Mitgliedschaft von derzeit sieben FWG'lern in der Planungsgemeinschaft Region Trier an, die Vorgaben für die regionale Raumordnung oder die Verkehrswege-Planung machen kann. Die kommende Kommunalwahl warf auch bei der Rede von Hugo Kohl ihre Schatten voraus. Der Sprecher der FWG-Kreistagsfraktion sieht für die Freie Wählergruppe angesichts der Parteiverdrossenheit der Wähler gute Chancen auf viele Stimmen. "Uns wird dieses Mal sicher nicht mehr vorgeworfen, dass wir keinen Draht nach Mainz oder Berlin haben, sondern es wird vielmehr so sein, dass die Parteien vor Ort beteuern werden, dass sie mit diesen Rabeneltern weder verwandt noch verschwägert sind", nahm Kohl den Festakt in Hermeskeil mit markigen Worten zum willkommenen Anlass, seine Parteifreunde auf den Urnengang am 13. Juni einzuschwören. Musikalisch gestaltet wurde die Feier zum 30-jährigen Bestehen der Freien Wählergruppe Trier-Saarburg von den Geschwistern Hanna (Geige), Kathrin (Klavier) und Sophie (Cello) Notte aus Trier.

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