Die Geschichte einer Geldverschwendung

Das Konzept für das Haus der Fischerei in Oberbillig ist nicht aufgegangen. Das steht schon länger fest. Die Gemeinde versucht, mit den Gebäuden keine Verluste einzufahren. Das Land will sie für andere Nutzungsarten freigeben.

 Viel Geld wird in dem Haus der Fischerei buchstäblich verbrannt. Foto: istock

Viel Geld wird in dem Haus der Fischerei buchstäblich verbrannt. Foto: istock

 Zum zweiten Mal im Fokus eines Rechnungshofsberichts: Das Haus der Fischerei in Oberbillig. TV-Foto: Archiv/Andreas Jacob

Zum zweiten Mal im Fokus eines Rechnungshofsberichts: Das Haus der Fischerei in Oberbillig. TV-Foto: Archiv/Andreas Jacob

Oberbillig. Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2011 den falschen Einsatz von Landesfördergeld im Haus der Fischerei in Oberbillig gerügt. Mehr als eine Million Euro seien in den Jahren 1996 bis 2005 zweckgebunden in das Prestigeobjekt geflossen, das die SPD-geführte Landes- und die CDU-geführte Bezirksregierung vorangetrieben hatten. Nun bemängelt die Prüfbehörde, dass das Konzept nicht aufgegangen ist. Ähnlich stand es schon 2004 im Rechnungshofbericht (der TV berichtete).

Jetzt fordert der Rechnungshof vom Landesumweltministerium ein schlüssiges Konzept. "Das Ministerium muss seine Konzeption auf saubere Füße stellen", sagte Arno Strunk, Pressesprecher des Landesrechnungshofs auf TV-Anfrage.

Wie sieht das ursprüngliche Konzept aus?

Eigentlich sollte die ehemalige Metzgerei Lutz in Oberbillig zu einer deutschlandweit einzigartigen "Heimstätte der Fischerei" werden. In den beiden durch einen Innenhof verbundenen Gebäuden sollte eine Fischgaststätte, ein Fischereimuseum, Seminar- und Tagungsräume, eine Demonstrationsküche sowie ein Labor untergebracht werden. Das "Haus der Fischerei" war als ein Zentrum für alle Hobby- und Berufsfischer geplant.

Wie begann die Geschichte des Hauses?

Mitte der 90er Jahre lobte die Landesregierung das Konzept als "Knüller" und "einzigartig in Deutschland". 2001 wurde das Haus mit einer pompösen Feier eröffnet. Die damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin Klaudia Martini kommentierte: In der Multifunktion des Hauses liege die schon jetzt absehbare Erfolgsstory.

Warum ging das Konzept nicht auf?

Schon Anfang 2002 wurde deutlich, dass das Projekt zum Scheitern verurteilt war. Es kam zu Querelen zwischen dem verantwortlichen Verein und dem Restaurantpächter. Die gepriesene Multifunktionalität führte zum Streit über die Nebenkosten. In den folgenden Jahren wechselten die Restaurantpächter häufiger. Darunter litt der Ruf des Hauses.

Das Museum lief von Anfang an nicht. Nachdem der Rechnungshof 2004 zum ersten Mal auf die Diskrepanz zwischen Wunsch und Realität hingewiesen hatte, zogen sich das Land und die Fischereiverbände aus dem Projekt zurück. Die Ausstellungsstücke, die zum Teil aus privaten Sammlungen stammten, wurden wieder abgeholt. So kam es, dass vom Rechnungshof nur 20 Besucher jährlich registriert wurden.

Was geschieht heute im Haus der Fischerei?

Die Ortsgemeinde Oberbillig hat die Trägerschaft für das Haus 2004 übernommen. "Wir wollten uns keine Leerstände leisten", sagt Ortsbürgermeister Andreas Beiling. Die Gebäude hat er nach wirtschaftlichen Aspekten verwaltet. Das alte Konzept geriet in den Hintergrund. Beiling ist froh, dass er 2007 einen Pächter für den gesamten Gebäudekomplex gefunden hat. Die Familie Cao führt dort seitdem ein Speiserestaurant mit französischen und regionalen Speisen, verwaltet die Zimmer und den Saal. Der Pachtvertrag ist so gestaltet, dass ihn die Oberbilliger Vereine kostenlos nutzen dürfen.

Wie beurteilt die Gemeinde den Bericht der Prüfbehörde?

"Aus meiner Sicht ist die Kritik des Rechnungshofs nachvollziehbar, wenn man das ursprüngliche Konzept betrachtet", sagt Beiling. In den vergangenen Jahren habe es "unterm Strich" aber kein Defizit wegen des Hauses der Fischerei gegeben. Das wertet der Ortsbürgermeister als Erfolg.

Was sagt das Ministerium?

Es habe im Sommer 2010 Gespräche zu dem Thema mit dem Landesrechnungshof geführt, sagte eine Sprecherin des Landesumweltministeriums. Das neue Konzept sehe vor, das Haus für andere Zwecke freizugeben und stärker zu nutzen.

Meinung

Pragmatische Lösung gefragt

Das Land hat in den 90er Jahren ein Konzept entwickelt, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Die Bezirksregierung hat es unterstützt und mehrere Kommunen - darunter auch die Stadt Trier und die Gemeinde Zeltingen - wollten es umsetzen. Mit mehreren Millionen Euro wurden ansehnliche Gebäude (um-)gebaut. Doch die Pläne für die Nutzung waren unrealistisch. Die Fischereivereine haben nicht mitgespielt. Mit den Pächtern hatte man auch kein Glück. Dass jährlich nur 20 Besucher in ein Museum ohne Ausstellungsstücke kommen ist verständlich. Im Prinzip müssen sich jetzt alle gemeinsam bemühen, die Folgekosten einzudämmen. Deshalb ist der pragmatische Ansatz der Gemeinde Oberbillig richtig. Folgte sie dem ursprünglichen Plan, müsste sie jedes Jahr für das Haus drauf zahlen. Zurzeit kommt sie mit Pachteinnahmen und Ausgaben ohne weitere Ausgaben davon. c.kremer@volksfreund.deExtra Das Haus der Fischerei hat 2,5 Millionen Euro gekostet.Der Neubau an der Brückenstraße schlug mit rund 1,4 Millionen Euro zu Buche. Das Land und die EU haben davon 850 000 Euro gezahlt, die VG Konz und die Gemeinde jeweils 225 000 Euro, der Kreis 50 000 Euro. Für die Innenausstattung kam für das Land eine weitere Million Euro hinzu. Landesrechnungshof: Der Landesrechnungshof ist das oberste Organ der Finanzkontrolle in Rheinland-Pfalz. Er ist eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene Behörde. (cmk)

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