Die Kapelle auf dem Liescher Berg

WASSERLIESCH. Oberhalb von Wasserliesch steht weithin sichtbar auf der Höhe des 347 Meter hohen Liescher Berges, der hier "Löschemer Berg" genannt wird, an exponierter Stelle die 300 Jahre alte Löschemer Kapelle. Das Kulturdenkmal ist als Marienwallfahrtskapelle weithin bekannt und wird viel besucht.

Von ihr aus genießt man einen großartigen Panoramablick auf die umliegenden Höhenzüge des Luxemburger Landes, der Eifel und des vorderen Hunsrücks sowie hinunter ins Moseltal, über die Saarmündung hinweg bis nach Trier und darüber hinaus. Hier oben endet auch der im Ort beginnende und Anfang des 19. Jahrhunderts erbaute "Stationenweg" mit 14 aus heimischem Sandstein gehauenen Bildstöcken, welche die Szenen des Kreuzweges Jesu Christi darstellen. In früheren Zeiten bewältigten wallfahrende Besucher regelmäßig die 200 Höhenmeter bei einem etwa einstündigen Aufstieg auf diesem und anderen Wegen zu Fuß, den Rosenkranz betend und Marienlieder singend, entweder in kleinen Gruppen oder als Teilnehmer einer kirchlichen Prozession. Mitunter geschieht das auch heute noch.Alle Attribute eines Bußgangs

Wer zu Fuß geht, kann eine "Wallfahrt nach Löschem", so nannte man den Aufstieg zur Kapelle früher, durchaus als echten Bußgang erfahren. Der "moderne Pilger" macht es sich leichter, denn vom Parkplatz "Perfeist" auf der Höhe des Liescher Berges erreicht er die Löschemer Kapelle während eines bequemen Spazierganges auf ebenem Weg nach zehn bis 15 Minuten. Die kunstvoll gestalteten Sandsteingewerke der Eingangsseite des Gebäudes und die farbigen Fensterscheiben fallen besonders ins Auge. Heute steht auf dem Altartisch des schlichten Innenraumes eine Pietà als großfigürliche Darstellung Marias mit dem Leichnam Jesu Christi auf dem Schoß. Die Skulptur ist vermutlich nach dem Ersten Weltkrieg aufgestellt worden. Auf den Konsolen an den Wänden kann man einige in jüngerer Zeit aufgestellte Figuren und mehrere Votivtafeln sehen. Diese sowie die vielen brennenden Kerzen vor dem Altarbild zeigen, dass Gläubige hier nach wie vor Hilfe und Trost suchen und finden. Aus dem Jahresbericht der "Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier" des Jahres 1853 geht hervor, dass die Löschemer Kapelle im Jahr 1709 erbaut worden und dem heiligen Bernhard von Clairvaux geweiht ist. Im Jahre 1846, sieben Jahre vor der Erstellung dieses Berichtes, war die Löschemer Kapelle gänzlich verfallen - nur noch ihre Außenmauern sollen gestanden haben. Das dokumentiert ein Gesuch der Beigeordneten der Gemeinde Wasserliesch vom 27. April desselben Jahres an "Eine Königliche, Hochlöbliche Regierung zu Trier", mit dem die Gemeinden Wasserliesch und Reinig (heute Ortsteil von Wasserliesch) um Übernahme der Kosten in Höhe von 80 Talern für "Kunstarbeiten" bitten. In dem Schreiben heißt es, die Gemeinde besitze "auf der Höhe des Berges hinter dem Dorfe eine Kapelle von frommer Stiftung herrührend, worin nicht nur die Einwohner von Wasserliesch, sondern auch jene der Umgebung wallfahrend ihr Gebet verrichteten". Sie habe den Wunsch, "diesen verehrten Wallfahrtsort wiederherzustellen". Die Antragsteller betonen, dass die Einwohner von Wasserliesch bereit seien, "alle Hand- und Spanndienste unentgeltlich zu leisten, was gewiss kein unbedeutendes Opfer ist, wenn man berücksichtigt, dass die Kapelle auf dem höchsten Bergpunkt der Umgebung liegt". Man wagt es, "dahin aufmerksam zu machen, daß die Einwohner von Wasserliesch bisher bei allen Anforderungen seitens der Verwaltung stets eine anzuerkennende Folgsamkeit bewiesen" hätten und vermutet, dass die Bereitschaft, "Dienste in der Fronde" zu leisten, "Schaden leiden dürfte, wenn der Gemeinde das Gesuch zur Beihilfe bei dem Bau der fraglichen Kapelle abgelehnt bleiben würde". Das Schreiben ist unterzeichnet von den 24 Beigeordneten der Gemeinden Wasserliesch und Reinig sowie einem Mitunterzeichner aus der Nachbargemeinde Oberbillig. Der Versuch, mit dem Hinweis auf die mögliche Verweigerung von Frondiensten Druck auf die Behörde auszuüben, blieb erfolglos, denn die Behörde lehnte den Antrag umgehend ab. Dennoch bauten die Wasserliescher und Reiniger Bürger die Löschemer Kapelle im selben Jahr mit eigenen Mitteln und Spenden der Bevölkerung der Nachbarorte wieder auf. Marienverehrung setzte erst später ein

Dass die Löschemer Kapelle ursprünglich eine "Bernharduskapelle" war, ist längst in Vergessenheit geraten. Wann die Marienverehrung hier ihren Anfang nahm, weiß niemand; vermutlich hat es sie nicht von Anfang an gegeben. Möglich ist, dass sie sich erst nach dem Wiederaufbau vor nunmehr 150 Jahren entwickelt hat. Den Anstoß dazu könnte das von Papst Pius IX. im Jahr 1854 verkündete Dogma der "Unbefleckten Empfängnis Mariens" gegeben haben, das der Marienverehrung weltweit großen Auftrieb gab.

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