Die Oma hat das Sagen

SAARBURG. Die Heimat im Gepäck und dann auf in eine neue Heimat? Wo liegen kulturelle Unterschiede, wie unterscheiden sich Wertvorstellungen bei Menschen unterschiedlicher Herkunft? Fragen, die die Redner bei der Veranstaltung "Heimat im Gepäck" in der Stadthalle Saarburg zu klären versuchten.

"Meine Oma ist 98 Jahre alt, und sie ist diejenige, die zu Hause das Sagen hat." Dies und viel mehr gab Franz-Xaver Than-Nhat Tran in seinem Vortrag über Kultur, Werte und Erziehung in Vietnam an die etwa 25 Zuhörer in einem Raum in der Saarburger Stadthalle weiter. Die Veranstaltung "Heimat im Gepäck" war eine von dreien, die im Rahmen der bundesweiten "Interkulturellen Woche" in Saarburg stattfanden. Organisiert wurden sie vom Jugendmigrationsdienst der Caritas, vom Arbeitskreis Integration der Verbandsgemeinde Saarburg und von der Volkshochschule Saarburg. Besonders Erzieher und Lehrer sollten angesprochen werden. "Es ist uns wichtig, dass die Leute wissen, mit wem sie es zu tun haben", erklärt Thomas Zuche vom Jugendmigrationsdienst. Ebenfalls mit dabei war Olga Jacobi, die vor zehn Jahren als "Russland-Deutsche" nach Saarburg kam. Sie erzählte vom Leben und Lernen der "Russland-Deutschen" in der ehemaligen Sowjetunion. Sie sprach von engen Lehrer-Schüler-Verhältnissen, von mehr Autorität und über Wertvorstellungen wie Nachbarschaftshilfe, Fleiß und enge Verwandtschaftsbeziehungen. Und sie berichtete auch von der "doppelten Sprachlosigkeit" in der neuen Heimat Deutschland, dem Verlust der vertrauten Umgebung. Anschließend gab Franz-Xaver Than-Nhat Tran, der als Dreieinhalbjähriger als einer der "Boat People" mit seiner Familie nach Deutschland kam, Einblicke in seine Geschichte und die Wertvorstellungen und Kultur Vietnams: So stehen beispielsweise Respekt und Fürsorge statt Selbstverwirklichung sowie die Achtung der Älteren und Ahnen ganz oben in der Wertehierarchie. Das Sitzen zwischen den Stühlen, die unterschiedlichen Wertvorstellungen und das Definieren von Heimat waren anschließend die Themen einer äußerst lebendigen Diskussion, in der die beiden Vortragenden vor allem ihre persönlichen Ansichten zum Thema Heimat und Integration offenbarten. Ein positives Fazit und der Plan, solche Dialoge weiterzuführen, zogen nicht nur die Veranstalter. Auch die Zuhörer waren zufrieden mit der Veranstaltung: "Es war interessant zu hören, denn es ist für uns wichtig, zu wissen, aus welchen kulturellen Hintergründen die Kinder zu uns kommen, damit wir ein besseres Verständnis haben für Kinder und Eltern", so Inge Oswald, Leiterin des St.-Laurentius-Kindergartens in Saarburg, die mit ihrem gesamten Team da war. "Es ist immer gut, auch Hintergründe wie die Geschichte noch einmal ins Bewusstsein zu bringen." Thomas Zuche formulierte am Schluss im Namen der Anwesenden: "Integration bedeutet zuallererst Begegnung. Nutzen wir diese Chance, uns gegenseitig Heimat zu werden."

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