Die Richtung führt stromabwärts

Hermeskeil · Angebot ja - Nachfrage (fast) null. Die Kaufprämie für Elektroautos und Hybride hat in und um Hermeskeil zu keinem spürbaren Anstieg der Nachfrage nach Ladekapazitäten geführt. Der TV ist dem Grund dafür nachgegangen - und die Auflösung gibt es heute als "Verlängerung" unserer Verkehrsserie.

Hermeskeil. Hand aufs Herz: Wer in Hermeskeil oder den umliegenden Dörfern weiß, dass auf dem Neuen Markt eine Ladestation des RWE für Elektrofahrzeuge steht? Geschweige denn, dass er oder sie - sei es als Privatier oder als Gewerbetreibender - die Station sogar benutzt. Der TV hat sich des Themas "Stromer-Autos" auf dem Hochwald angenommen. Wir haben bei verschiedenen Stellen nachgefragt und sind eigens dafür sogar ein E-Fahrzeug gefahren. Das Ergebnis: "Spannend" - um im Bild der Elektrizität zu bleiben - ist das breite Feld der individuellen Mobilität auf diesem Sektor hier oben nicht.
"Im Keller haben wir zwei E-Bikes stehen. Die haben wir mal vom RWE bekommen. Aber Autos mit reinem Elektroantrieb? Keine", bekennt Volker König. Elektrofahrzeuge im eigenen Fuhrpark seien (zumindest derzeit) kein Thema, sagt der städtische Beigeordnete König, zu dessen Aufgabenbereich auch der Bauhof und damit die Fahrzeuge der Stadt gehören. Heißt: Es ist nicht wirtschaftlich und daher auch nicht diskutabel für eine Kleinstadt abseits einer Metropolregion.
Buch mit sieben Siegeln


Doch nicht nur im Hermeskeiler Rathaus ist das Thema derzeit eher, gelinde gesagt, ein Kurzschluss: "Zu uns kommen so gut wie keine Menschen, die nach einer Lademöglichkeit für ihren privaten Stromer fragen", klärt Claudia Fuchs, die Leiterin der Tourist-Information (TI), auf. Auch als sich die TI, noch am Neuen Markt, quasi in Sichtweite der RWE-Ladestelle befunden habe, "haben wir schon dort bestenfalls mal ab und zu einen Gewerbetreibenden entdeckt, der das Angebot benutzt hat", blickt sie zurück. "Tanken an der E-Zapfsäule" als nachhaltiges Touristik-Angebot ist also kein Thema.
Sehr bedauerlich findet auch Claudia Fuchs dieses Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage gerade für den touristischen Bereich. "Wir würden gerne auf das Angebot verweisen." Umso mehr, weil sich Feriengäste über Sharing- und Leasing-Angebote mit einem E-Fahrzeug für ihren Aufenthalt eindecken könnten. Pauschalangebote von Autoherstellern oder anderen Mobilitätsleistern gibt es ebenso wie entsprechende Fahrzeuge: Renault Zoe, Citroën C-Zero, Mitsubishi i-MiEV, Peugeot iOn, um nur einige zu nennen. Als "günstigstenfalls überschaubar" bezeichnet Christian Uhlig, Sprecher der RWE-Konzernkommunikation in Dortmund, die Nachfrage nach Ladekapazitäten, die "nicht gerade in Metropolregionen" stehen. Ob und wie lange die E-Tankstelle in Hermeskeil noch stehen wird ober ob das Unternehmen sein Engagement gar ausbauen wolle, ließ Uhlig offen. "Das Unternehmen befindet sich im Umbruch", lautet die vor dem Hintergrund des geplanten RWE-Börsengangs erwartete lapidare Auskunft.
Doch auch der normale Verkehrsteilnehmer hat offenbar seine Schwierigkeiten im Umgang mit der umweltfreundlichen Technik.
Als sich der TV an der Ladestation mit einem Elektrofahrzeug, einem 3,5-Tonner Nissan e-NV 200, vor dem unmittelbar benachbarten Feuerwehrmuseum aufbaut und Besucher anspricht, ob sie helfen können, das Fahrzeug mit frischer Energie aus der Ladestelle zu versorgen, erntet der Reporter allenfalls ein hilfloses Achselzucken. Alleine die Anschlussmöglichkeiten und die verschiedenen Kabelsysteme, die wir aus dem Innenraum des Gewerbe-Stromers hervorholen, sind für alle ein Buch mit sieben Siegeln.
Das TV-Fazit: Der Bedarf an ressourcenschonender Energie anstelle konventioneller Verbrennungstechnik durch Diesel- oder Ottomotoren ist auf dem Hochwald derzeit kaum vorhanden. So wird die fein säuberlich herausgeputzte Ladestelle des RWE auf dem Neuen Markt wohl weiterhin ein Schattendasein führen. Derzeit jedenfalls führt die Richtung stromabwärts. jüb

Extra

Käufer von reinen Elektroautos sollen wieder länger von der KFZ-Steuer befreit werden. Die Bundesregierung will die Dauer der Steuerbefreiung von derzeit fünf wieder auf zehn Jahre erhöhen, rückwirkend zum Jahresbeginn. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt dem Bundestag vor. Erst Anfang des Jahres war die seit 2011 geltende zehnjährige Steuerbefreiung wie geplant auf fünf Jahre halbiert worden. Dieser Schritt soll nun quasi rückgängig gemacht werden. Neu ist, dass nachträglich auf E-Antrieb umgerüstete Autos in den Genuss der Steuerbefreiung kommen. Für Dienstwagenfahrer wird eine Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das Aufladen eines privaten Elektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers eingeführt. Zusätzlich wird die Überlassung von Ladevorrichtungen an Arbeitnehmer begünstigt. jüb

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