Die Tür ist fast zu

Bei den rund 150 Mitarbeitern des Hochwald Türenwerks in Kell am See geht die nackte Existenzangst um. Dem insolventen Unternehmen ist im letzten Moment ein möglicher Investor abgesprungen. Die Zeit zur Rettung läuft nun dem vorläufigen Insolvenzverwalter Bernhard C. Seibel davon. Bis Anfang Februar kann er die Leute noch beschäftigen.

Kell am See. Die Stimmung nach der Betriebsversammlung am Dienstagnachmittag beim Hochwald Türenwerk ist gedrückt. Nichts ist mehr von der anfänglichen Hoffnung übrig, die sogar nach dem Insolvenzantrag im Dezember noch vorhanden war. Damals hatte die Geschäftsführung einen Antrag auf vorläufige Insolvenz mit der Begründung einer "drohenden Zahlungsunfähigkeit" gestellt. Die Überlegungen der Geschäftsleitung trachteten nach möglichen Investoren, die das angeschlagene Unternehmen übernehmen könnten. Doch für den vorläufigen Insolvenzverwalter Bernhard C. Seibel haben sich diese Chancen nicht gezeigt. "Zuletzt gab es Verhandlungen mit einem belgischen Investor. Doch dann hat sich herausgestellt, dass er lediglich Maschinen und Know how nach Belgien verfrachten wollte. Die Mitarbeiter wären auf der Strecke geblieben." Gespräche mit anderen potenziellen Investoren haben zu keinen Erfolgen geführt. "Wir haben wieder Kontakte aufgenommen, die schon die ehemalige Geschäftsführung geknüpft hatte, doch alles hat sich zerschlagen", erklärt Seibel. Zu hohe Kosten, kein Interessent

Nun läuft dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Zeit davon. "Wir können noch bis zum 1. Februar weiterarbeiten, dann müssen aber Mitarbeiter freigestellt werden." Ende Januar läuft das dreimonatige Insolvenzausfallgeld für die Mitarbeiter aus. Das Unternehmen müsste dann "schwarze Zahlen" schreiben, damit Seibel die Geschäfte wie bisher weiterführen kann. "Ich sehe dazu allerdings keine Chance. Es gibt zwar genügend Arbeit, doch die Kosten sind zu hoch. Wir würden im Monat 400 000 Euro Minus machen", rechnet er vor. Ohne neuen Investor muss der vorläufige Insolvenzverwalter zum 1. Februar einen großen Teil der Mitarbeiter "freisetzen". Das bedeutet, die Mitarbeiter können Überstunden abfeiern und haben Gehaltsansprüche gegenüber der Insolvenzmasse. In der jetzigen Situation könnte es zwei Drittel der Belegschaft treffen, meint Seibel. Mit geringerer Belegschaft werden dann noch auflaufende Aufträge erfüllt. Seibels Hoffnung richtet sich deshalb an die Politik. "Die Insolvenzmasse reicht nicht aus, um sich an einer Beschäftigungsgesellschaft für die Mitarbeiter zu beteiligen. Ich denke, hier müsste die Politik helfen. Morgen soll es ein Gespräch mit Landrat Günther Schartz geben."Mit tiefer Betroffenheit, Enttäuschung, aber auch Ärger auf die Firmen-Verantwortlichen hat die die Belegschaft nach der Betriebsversammlung auf das drohende Aus für das "Hochwald-Türenwerk" reagiert. Auch die politisch Verantwortlichen vor Ort sind am Dienstag geschockt: "Diese Nachricht hat wie eine Bombe eingeschlagen. Wir hatten bis zuletzt auf die Übernahme durch den belgischen Investor gehofft", so Verbandsgemeinde-Bürgermeister Werner Angsten (CDU). Noch drastischer drückt sich Kells Ortsbürgermeister Markus Lehnen aus: "Wenn der Insolvenzantrag schon eine Hiobsbotschaft war, dann ist die aktuelle Entwicklung und die drohende Schließung zum Monatsende für uns der Super-Gau." Meinung Schwarzer Dienstag Das war ein schwarzer Tag für Kell und die Region. Zwar mag für das Türenwerk noch ein letztes Fünkchen Hoffnung auf Rettung in letzter Minute verbleiben. Doch realistischerweise muss gesagt werden: Es deutet fast alles darauf hin, dass sich 150 Menschen zum Monatsende nach einem neuen Job umsehen müssen, Kell seinen größten Arbeitgeber verliert und stattdessen eine Industrieruine als Hinterlassenschaft erhält. Klar ist: Das Problem beim Türenwerk war nicht die Auftragslage, sondern die zu hohen Produktionskosten. Dieser Entwicklung nicht rechtzeitig entgegengesteuert zu haben, ist ein vor allem von der Belegschaft vorgebrachter Vorwurf, mit dem die Geschäftsführung leben muss. Denn in vielen Familien geht nun die Existenangst um. Trotz der günstigen Arbeitsmarkt-Zahlen speziell im Hochwald können nämlich sicher nicht alle Türenwerker darauf hoffen, schon bald wieder in Lohn und Brot zu stehen. a.munsteiner@volksfreund.deHochwald Türenwerk Gegründet wurde das Hochwald Türenwerk von Josef Haag im Jahr 1934 in Trier. Seit 1950 ist das Familien-Unternehmen in der Hochwaldgemeinde Kell am See ansässig. Es stellt Holztüren und Zargen her. Nach dem Tod von Anton Haag im Jahr 2006 fungieren aktuell Raymond und Markus Haag als Geschäftsführer des mittelständischen Betriebs. Zuletzt erwirtschaftete das Unternehmen einen Jahresumsatz von rund 18 Millionen Euro und beschäftigte rund 150 Mitarbeiter. Nachdem das Hochwald Türenwerk bereits Ende 2005 "kurzfristige Liquiditätsprobleme" hatte, zog die Geschäftsführung, die die November-Gehälter nicht mehr bezahlen konnte, Anfang Dezember 2007 die Notbremse: Sie stellte vor dem Amtsgericht Wittlich Insolvenzantrag. (ax)

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