Diller warnt vor "finanziellem Abenteuer"

Karl Diller bleibt bei seiner Kritik: Auch nach der Vorstellung des neuen Gutachtens zur Hunsrückbahn glaubt der SPD-Bundestagsabgeordnete, dass die geplante Reaktivierung ein "finanzielles Abenteuer" sei. Drei Millionen Euro würden für Kauf, Inbetriebnahme und zehnjährige Nutzung bei weitem nicht ausreichen, so Diller. Die Bürgermeister der Anrainerkommunen weisen diese Aussage zurück.

 „Halt!“: Karl Diller sieht in der „Hunsrückbahn“ ein „Fass ohne Boden“. TV-Foto: Ilse Rosenschild

„Halt!“: Karl Diller sieht in der „Hunsrückbahn“ ein „Fass ohne Boden“. TV-Foto: Ilse Rosenschild

Hermeskeil/Thalfang/Morbach. Für Karl Diller steht nach der Lektüre des jüngst vorgestellten Gutachtens zur Reaktivierung der Hunsrückbahn zwischen Hermeskeil und Büchenbeuren fest: "Von dieser Geschichte sollte man die Finger weglassen." Den Bürgermeistern der Anrainerkommunen, die sich für die Wiederbelebung der Strecke mit Güterzügen und Museumsbahnen durch das Unternehmen "Hochwaldbahn" stark machen, wirft der Hermeskeiler SPD-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Berliner Finanzministerium vor: "Zu behaupten, Kauf, Inbetriebnahme und zehnjährige Nutzung würden drei Millionen Euro kosten, stellt eine grobe Täuschung der Öffentlichkeit dar." Diller weist darauf hin, dass die Gutachter die 50 Kilometer lange Strecke nur eingeschränkt prüfen konnten, weil die Gleise teilweise völlig überwachsen waren. Sie hätten zudem nur die "Mindestkosten ohne Qualitätsverbesserung" ermittelt. Zum Kaufpreis von 600 000 Euro und 900 000 Euro an Eigenleistungen der Gemeinden, etwa für das Freischneiden, kämen geschätzte 3,3 Millionen für die notdürftige Herrichtung der Trasse hinzu. Diller kommt deshalb zu dem Schluss, "dass die CDU-Bürgermeister mindestens 4,8 Millionen in ein Fass stecken wollen, das keinen Boden hat".

Hülpes: "Vorwürfe sind grober Unfug"



Der Hermeskeiler Rathauschef Michael Hülpes kontert den Vorwurf der "groben Täuschung" mit der Aussage: "Das ist grober Unfug." Die von Diller ins Feld geführten 3,3 Millionen Euro für die Inbetriebnahme beinhalteten laut Hülpes "optionale Maßnahmen", die innerhalb der ersten zehn Jahre umgesetzt werden können, aber nicht zwingend erforderlich seien. So müssten bei einer längerfristigen Nutzung Bahnübergänge erneuert und Brücken verbreitert werden. Um die Züge zehn Jahre rollen zu lassen, reiche aber ein geringerer Betrag, bekräftigt Morbachs Bürgermeister Gregor Eibes. "Das Gutachten wurde noch einmal durchgearbeitet. Mit Kauf, Eigenleistungen und Kosten für die Inbetriebnahme liegen wir alles inklusive bei circa 3,3 Millionen Euro", macht er eine andere Rechnung als Diller auf.

Einräumen müssen die Bürgermeister aber einen weiteren Punkt, der den SPD-Mann in seiner kritischen Haltung bestärkt. Nach Ablauf der zehn Jahre gehen die Gutachter davon aus, dass insbesondere die Schienen so stark abgenutzt sind, dass sie erneuert werden müssen. "Das wird zusätzlich viele Millionen verschlingen", betont Diller. Laut Eibes hätten die Gutachter die Kosten für eine 30-jährige Nutzung mit rund zehn Millionen Euro beziffert. "Das ist für mich aber immer noch eine sinnvolle Option, wenn man bedenkt, dass man in den Bahnausbau vom Hahn nach Osten 80 Millionen Euro fließen lässt." Ebenso wie Eibes will auch Hülpes an den Reaktivierungs-Plänen festhalten. Vorrangiges Ziel müsse es sein, die Strecke zu erhalten. "Wir haben eine intakte Verkehrsinfrastruktur, die man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen darf." Nach Hülpes' Auffassung gehen die Kommunen bei der zunächst angedachten Nutzungsdauer von zehn Jahren ein "abwägbares Risiko" ein. So müsste die VG Hermeskeil bei der erhofften Landesförderung von 70 Prozent einen Anteil von 105 000 Euro schultern. Zudem weist er darauf hin, dass die Kommunen, "falls sich bis dahin kein wirtschaftlicher Betrieb darstellt, die Schienen verkaufen und damit Erlöse erzielen könnten".

Meinung

Kommunen in der Zwickmühle

Können sich die Kommunen die prinzipiell wünschenswerte Reaktivierung der Hunsrückbahn leisten? Diese Frage stellt sich nach Karl Dillers Hinweisen auf die "Pferdefüße", die das neue Gutachten enthält, drängender denn je. Wie bei einem Bauherren, der ein altes Gebäude sanieren will, könnte sich die jetzt ermittelte Kostenkalkulation für das Fitmachen der Strecke schnell im negativen Sinne als Makulatur erweisen. Fakt ist, dass zumindest langfristig viel mehr als nur drei Millionen Euro in die Hand genommen werden müssen, um dauerhaft Züge zwischen Hermeskeil und Büchenbeuren rollen zu lassen. Aber: Wenn die Kommunen die Strecke nicht kau-fen und betriebsbereit machen, dann macht es niemand. Sprich: Die Entscheidungsträger in der kommunalen Familie stecken in einer echten Zwickmühle, entweder ein vielleicht zu hohes finanzielles Risiko einzugehen oder der Strecke den Todesstoß zu versetzen, was man irgendwann noch bitter bereuen könnte. a.munsteiner@volksfreund.de

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