Dirigent, Ortschef und Ehrenbürger

REINSFELD. Für Alfred Noll wird es kein Neujahrsempfang wie jeder andere sein: Denn der langjährige Ortsbürgermeister ist der erste Reinsfelder, dem offiziell die Ehrenbürgerrechte verliehen werden.

Dem großen Rummel um seine Person sieht Alfred Noll gelassen entgegen. "Es ist ja nicht so, dass ich öffentliche Auftritte nicht gewohnt wäre. Ich hab ja ewige Zeiten auf der Bühne gestanden", sagt der 75-Jährige schmunzelnd. Immerhin war er 25 Jahre lang Dirigent und "ganz nebenbei" auch zwei Jahrzehnte Vorsitzender des Musikvereins "Concordia". Ein wenig Lampenfieber werde er dann aber vermutlich doch haben, wenn's am Sonntag (ab 16 Uhr) ernst wird. Denn die Auszeichnung, die Noll im Rahmen des traditionellen Neujahrsempfangs in der Kulturhalle erhalten wird, ist nicht nur selten - vor ihm wurde sie noch keinem Reinsfelder zuteil.Schon ein bisschen stolz

"Erster Ehrenbürger der Gemeinde Reinsfeld" - diesen Titel wird Noll niemand mehr nehmen können. "Sicher, das macht mich schon ein bisschen stolz", gesteht der Rentner. Für den Gemeinderat, der die Verleihung der Ehrenbürgerrechte beschlossen hatte, waren weder Nolls musikalisches Engagement noch sein Einsatz im Heimatverein Ausschlag gebend. Mit der Ehrenbürgerschaft werden in erster Linie Nolls langjährige kommunalpolitische Tätigkeit und seine Verdienste um das Wohl des 2300-Einwohner-Orts gewürdigt. Der Gründer der Freien Wählergruppe Reinsfeld kam 1969 in den Gemeinderat und übernahm sofort den Posten des Ersten Beigeordneten. "Vom Musikverein her und als Generalvertreter der Allianz-Versicherung haben mich in Reinsfeld alle Leute gekannt. Das war überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass ich in die Politik gegangen bin", blickt Noll zurück. Bis er auch in der Kommune den Ton angeben durfte, dauerte es noch zehn Jahre. 1979 wurde Noll zum Ortsbürgermeister gewählt. Ein Amt, das er bis zu seinem freiwilligen Verzicht auf eine weitere Kandidatur im Jahr 1999 inne hatte. In diesen zwei Dekaden als Gemeindechef konnte Noll eine lange Liste an Projekten verwirklichen. "Gravierende Sachen" nennt der Altbürgermeister das. Dinge, die das Gesicht von Reinsfeld nachhaltig verändert haben. Schon gleich zu Beginn wartete Anfang der 80er-Jahre die erste große Herausforderung. Seinerzeit stellte sich bei der Erschließung des Baugebiets "Sonnenhang" heraus, dass das Gelände mit Teerablagerungen eines früheren Sägewerks verseucht war. Große Aufregung habe es damals gegeben, und "selbst das Fernsehen war da". Letztlich habe aber das Baugebiet mit großer finanzieller Hilfe des Landes entgiftet werden können, so dass doch noch viele Reinsfelder am "Sonnenhang" ihr Haus bauen konnten. Sehr wichtig und ein "enormer Kraftakt" sei die Ansiedlung von Aubi, dem wichtigsten Arbeitgeber in Reinsfeld, gewesen, fügt Noll hinzu. Eine Million Mark hatte damals die Gemeinde locker machen müssen, um das Gewerbegebiet an der "Völkersheide" baureif zu machen. Auch der Neubau der Turnhalle, die Sanierung der Kulturhalle, der Ausbau der beiden Landesstraßen durch den Ort, die Erschließung des Neubaugebiets "Flachsheide I", der Bau eines Rasenplatzes und - quasi als letzte Amtshandlung - die Einweihung der neuen Grundschule fielen in Nolls Zeit als Ortsbürgermeister. Und noch ein "ganz hartes Stück Arbeit" hatte er federführend zu erledigen: die Organisation der großen 1000-Jahr-Feier 1982. Nur ein wichtiges Ziel, das er sich gesteckt hatte, sei nicht zu verwirklichen gewesen. "Wir haben uns lange darum bemüht, dass Reinsfeld Luftkurort wird. Das hat wegen der damit verbundenen Auflagen, die immer höher geschraubt wurden, nie geklappt." Was macht Noll heute? Aus der Kommunalpolitik hat er sich vor fünf Jahren zurückgezogen. "Mich irgendwo in die letzte Reihe zu setzen, wäre auch nicht mein Ding gewesen." Mit Ehefrau Maria bewohnt er ein großes Haus mit großem Garten - und da fällt einiges an Arbeit an. Außerdem schnürt der 75-Jährige häufig die Wanderschuhe. Deshalb sagt der neue Ehrenbürger von Reinsfeld von sich: "Mir wird es auch heute keine Minute langweilig."

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