Drei Jahre Haft nach Raubüberfall

Konz/Trier · Ein 53-Jähriger hat im August 2011 23 000 Euro bei einem Überfall auf die Edeka-Filiale in Konz-Könen erbeutet. Am Dienstag hat das Landgericht Trier ihn dafür zu drei Jahren Haft verurteilt und damit seine fatalen Lebensumstände berücksichtigt.

 Schauplatz des Überfalls: die Edeka-Filiale in Konz-Könen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Schauplatz des Überfalls: die Edeka-Filiale in Konz-Könen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Konz/Trier. Albrecht Keimburg, Vorsitzender Richter am Landgericht Trier, spricht von einem milden Urteil. Seine Strafkammer hat am Dienstag einen 53-Jährigen aus der Verbandsgemeinde Konz der besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig gesprochen und zu drei Jahren Haft verurteilt.
Der Mann hatte im August 2011 den Edeka-Markt in Konz-Könen überfallen. Im Gesetz sind für eine solche Tat bis zu zehn Jahre Haft vorgesehen. Dass der Mann nicht härter bestraft wird, liegt daran, dass das Gericht von einem minderschweren Fall ausgeht. Es berücksichtigt die schwierigen Lebensumstände des Angeklagten.
Der Täter ist länger arbeitslos, alkohol- und medikamentenabhängig. Seine Familie steht vor der Privatinsolvenz - 180 000 Euro Schulden. Seine Frau ist schwer krank und auch seine Söhne haben gesundheitliche Probleme. Zum Tatzeitpunkt hat er laut einem psychiatrischen Gutachten eine schwere Depression. Am Tattag habe er sogar an Selbstmord gedacht.
Warum er jedoch am 6. August 2011 die Edeka-Filiale überfallen hat, lässt sich nicht rekonstruieren. Der 53-Jährige behauptet, sich nicht erinnern zu können. Er habe die Tat begangen, gesteht er. Das beweisen Videoaufnahmen. Den Edeka-Mitarbeitern hat der Mann einen Entschuldigungsbrief geschickt - vor Gericht entschuldigt er sich erneut bei einer Zeugin. An den Tag kann er sich aber kaum erinnern.
Rückblende, Samstag, 6. August, 2011: Der 53-Jährige besucht um 7.30 Uhr seine Frau im Krankenhaus in Trier. Am Donnerstag ist sie zum zweiten Mal innerhalb einer Woche kollabiert - Unterzuckerung. Sie schickt ihn wieder nach Hause. Um 14.30 Uhr verlässt der Sohn das Haus. Der 53-Jährige habe auf dem Sofa gelegen - vermutlich geschlafen. Er habe ein Bier getrunken, erinnert sich der Mann. Eine Zeugin, die den Mann kennt, hat ihn später im Auto gesehen. Er habe vor sich hingestarrt. Vermutlich kam er aus einer Apotheke zurück, wo er sich Schlaftabletten besorgt haben soll.
Die Werte einer Blutuntersuchung belegen, dass er mindestens zehn Tabletten geschluckt hat. Sein Blut habe genug Wirkstoff enthalten, um einen normalen Menschen ins Koma zu schicken, sagt Gutachter Dirk Breitmeier. Der Mann sei durch seine Sucht aber zu sehr daran gewöhnt gewesen.
Auf dem Edeka-Parkplatz trinkt der Täter dann einen Flachmann Kräuterschnaps. Gegen 18 Uhr, der Alkoholpegel des Mannes liegt bei etwa bei 1,5 Promille, kommt eine Edeka-Mitarbeiterin ins Büro des Markts, wo der 53-Jährige auf sie wartet. "Ich musste zuerst grinsen", sagt sie.
Der Mann habe sehr lächerlich gewirkt mit seiner gelben Häkelmütze mit Pailletten, seiner Sonnenbrille. Er hatte auch zwei unterschiedliche Schuhe an. Dann habe sie das Messer gesehen. Der Täter habe wiederholt gesagt: "Gib mir das Geld, oder ich stech\' Sie ab!" Er habe langsam und unsicher gewirkt, sagt die Zeugin.
Mit dem Messer deutet er auf den Safe. Sie händigt ihm 23 000 Euro aus. Danach geht er los - langsam, leicht wankend, wie ein weiterer Zeuge schildert. Obwohl sein Auto auf dem Parkplatz steht, geht der Mann zu Fuß. Die Polizei zieht ihn gegen 18.30 Uhr aus einer dichten Hecke auf dem Grundstück einer benachbarten Schreinerei. Dort liegt der Täter "hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken" (Keimburg) - unter ihm liegen die Glitzermütze und die Sonnenbrille. Das Geld hat er auf dem Weg weggeworfen.
Seine Anwältin Karin Goergen plädiert für eine Bewährungsstrafe. Der Mann sei kein typischer Straftäter. Er sei "nicht Herr seiner Sinne gewesen". Das Gericht sieht es ähnlich. Es betont jedoch: Bei aller familiären Not müsse das Gericht zeigen, dass ein Überfall bestraft wird - auch aus präventiven Gründen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Revision ist eine Woche lang möglich. cmk

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