Ein Gentleman verlässt den Stadtvorstand

Konz · Manfred Wischnewski (CDU) hört nach 33 Jahren als erster Beigeordneter der Stadt Konz auf. Der 78-Jährige ist in Konz bekannt wie kaum ein anderer. Und er blickt mit dem TV auf ein abwechslungsreiches Leben zurück.

 Bilder aus einem politischen Leben: Das aktuelle Foto zeigt Manfred Wischnewski in den Weinbergen über Konz (links oben). Die anderen Bilder zeigen den langjährigen Beigeordneten der Stadt Konz mit dem ehemaligen Bürgermeister Michael Kutscheid und der Konzer Weinkönigin Maria Schu aus Oberemmel (oben rechts), mit dem langjährigen hauptamtlichen Beigeordneten der Verbandsgemeinde Konz Walfried Heinz bei einer Modenschau Anfang der 1980er (unten links) und 1978 bei der Besichtigung einer Firma in Saarlouis mit dem damaligen Bürgermeister Hermann Hendricks (Zweiter von links, Bild unten rechts) und mehreren Mitgliedern des Konzer Stadtrats. TV-Foto: Christian Kremer, FotoS (3): Stadtarchiv Konz

Bilder aus einem politischen Leben: Das aktuelle Foto zeigt Manfred Wischnewski in den Weinbergen über Konz (links oben). Die anderen Bilder zeigen den langjährigen Beigeordneten der Stadt Konz mit dem ehemaligen Bürgermeister Michael Kutscheid und der Konzer Weinkönigin Maria Schu aus Oberemmel (oben rechts), mit dem langjährigen hauptamtlichen Beigeordneten der Verbandsgemeinde Konz Walfried Heinz bei einer Modenschau Anfang der 1980er (unten links) und 1978 bei der Besichtigung einer Firma in Saarlouis mit dem damaligen Bürgermeister Hermann Hendricks (Zweiter von links, Bild unten rechts) und mehreren Mitgliedern des Konzer Stadtrats. TV-Foto: Christian Kremer, FotoS (3): Stadtarchiv Konz

Foto: (h_ko )

Konz "Danke!" - das ist das erste Wort, das Manfred Wischnewski einfällt, wenn er sein Leben Revue passieren lässt. Der ehemalige Direktor der Hauptschule Saarburg bedankt sich bei den Konzer Bürgern, seinen Wegbegleitern und Mentoren. Nach fast 50 Jahren als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker ist nun endgültig Schluss: Der 78-Jährige legt sein letztes Amt als erster ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Konz nieder. Nun könnte er Ehrenbürger der Stadt Konz werden (siehe Info).
Trotz seiner Verdienste tritt Wischnewski immer zurückhaltend, bescheiden und sehr freundlich auf. Diese Art schätzen viele an ihm. Seine Freundlichkeit wirkt zwar manchmal etwas altmodisch, aber sie hat Stil, und sie kommt authentisch rüber. Denn sie ist genauso wenig aufgesetzt wie seine Dankbarkeit.

Schwere Kindheit
Um das zu erklären, bedarf es eines Rückblicks. Denn Wischnewski hat es von ganz unten nach oben geschafft: Vor 78 Jahren, 1939, kommt er in Danzig zur Welt. Seinen Vater verliert er in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Die Russen erschießen ihn bei der Schlacht um Berlin im Grunewald. Als Fünfjähriger muss Wischnewski mit ansehen, wie die Wucht eines Bombenangriffs seinem Großvater mütterlicherseits einen Holzsplitter in den Hinterkopf jagt. Den grässlichen Tod seines Opas kann Wischnewski immer noch genau beschreiben. Aus Danzig wird die Familie in einem Viehwaggon nach Deutschland verfrachtet. Auf einem Bauernhof bei Berlin stirbt 1947 Wischnewskis Mutter. Er, sein neunjähriger Bruder und seine fünfjährige Schwester sind Vollwaisen. Sie landen beim Großvater väterlicherseits zunächst in Schleswig-Holstein und später in Lieser an der Mosel (Kreis Bernkastel-Wittlich).

Willkommene Wendung Dort wendet sich Wischnewskis Leben nach zwei Kuraufenthalten - fast wäre er mit acht gestorben - zum Guten. "Wir durften dort die oberste Etage im Schloss des Freiherrn von Lieser bewohnen", erzählt er und schwärmt von den Ebenholzmöbeln des Anwesens, das heute ein Fünf-Sterne-Hotel ist. "Das war, als kämen wir von der Hölle in den Himmel."
In Lieser findet er auch seine berufliche Bestimmung. Obwohl sein Großvater will, dass er wie sein Bruder nach der Volksschule bei der Bahn anfängt, schafft Wischnewski es ins Gymnasium und zum Lehramtsstudium. Später ist er Lehrer und Direktor an der Hauptschule Saarburg.
So findet er seinen Weg nach Konz, wo er mit seiner Frau sechs Kinder großgezogen hat. Dabei habe er in seinem ersten Studienjahr auf Pump gelebt, erzählt der Konzer. Später habe er bei Villeroy & Boch am Hochofen gearbeitet, um sein Studium zu finanzieren. Weg zur Politik "Ich war ein 68er", sagt Wischnewski heute. Anders als die meisten Studenten dieses Jahrgangs schlägt er als bekennender Christ aber politisch einen konservativeren Weg ein. Das heißt für ihn aber nicht, dass er nichts verändern will. "Das Thema dieser Zeit war eine vollkommene Neuerfindung der Gesellschaft", sagt er. Als Schüler und junger Lehrer habe er die Prügelpädagogik noch mitbekommen. "Das war unerträglich für uns", sagt er. Er sei Lehrer geworden, um es besser zu machen.
Aus seiner eigenen Schulzeit hat er nur einen Englisch-Lehrer in guter Erinnerung. Und über diese Fremdsprache kommt Wischnewski auch auf ein politisches Thema, das ihm besonders am Herzen liegt: Europa. Einmal - daran erinnere er sich sehr gerne - habe er zum Beispiel als Bezirksvorsitzender der Jungen Union eine CDU-Veranstaltung in Kiel besucht. "Alle sind gekommen, um Franz-Josef Strauß zu hören", sagt Wischnewski. Er selbst habe das Glück gehabt, dass er nach dem begnadeten Redner aus Bayern ans Pult durfte. "Ich konnte im vollen Saal die Situation unsrer Grenzregion darstellen." Diese Situation im Herzen Europas hat Wischnewski zum überzeugten Europäer gemacht. Deshalb sagt er heute mit Blick auf Rechtspopulisten und Nationalisten: "Wir brauchen mehr Europa."

Anekdoten aus dem Kreistag Seine politische Arbeit hat Wischnewski aber immer ehrenamtlich im Lokalen verrichtet. Er sitzt zum Beispiel als 30-Jähriger 1969 als jüngstes Mitglied im ersten Trier-Saarburger Kreistag. Bei den Sitzungen stehen noch weiße Teller mit dicken Zigarren und Weinflaschen bereit. "Je länger die Diskussion dauerte, desto heftiger wurde es", sagt Wischnewski. Die Debatten seien emotionaler geführt worden als heute. Und die CDU hat in den frühen Jahren des Kreises noch viel mehr Macht. Mit ihrer Zweidrittelmehrheit hat sie damals die Verwaltung fest im Griff und lässt sie das laut Wischnewski auch spüren. Ein Moselwinzer sei zum Beispiel am Ende einer Sitzung aufgestanden. "Herr Landrätchen", habe er gesagt und dann der Verwaltung den Standpunkt der Fraktion diktiert. Heute sei alles bunter. Die Debatten würden sachlicher geführt. Und es gebe viel mehr Vorschriften, sagt der 78-Jährige.

Der Bürgermeisterkenner Die Konzer Stadtbürgermeister hat Wischnewski alle gekannt. Michael Kutscheid (bis 1975) sei ihm ein Förderer gewesen, Hermann Hendricks ein väterlicher Typ. Winfried Manns (1995 bis 2008) ein Freund. Bei Karl-Heinz Frieden sei er oft beratend tätig. Laut seiner eigenen Rechnung hat der 78-Jährige als ehrenamtlicher Beigeordneter in den vergangenen 33 Jahren etwa 1500 Familien in der Stadt besucht: "Ich habe mit Tausenden Leuten darüber gesprochen, was sie bedrückt und was sie sich wünschen." Auch dafür sei er dankbar, sagt er, bevor er sich freundlich verabschiedet und in seinem Haus verschwindet.
Ein Video mit Manfred Wischnewski gibt es unter <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/videos" text="www.volksfreund.de/videos" class="more"%>
Extra: POLITISCHER LEBENSLAUF

Ein Gentleman verlässt den Stadtvorstand
Foto: (h_ko )
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Manfred Wischnewski war jahrzehntelang kommunalpolitisch tätig. Von 1969 bis 1999 und von 2004 bis 2006 war er Kreistagsmitglied, von 1999 bis 2004 und von 2006 bis 2012 dritter Kreisbeigeordneter. Außerdem war er Mandatsträger im Verbandsgemeinderat Konz (1979 bis 1984) und im Stadtrat Konz (1970 bis 1979 und 1984 bis heute). Im Konzer Stadtrat war Wischnewski zudem seit 1984 erster ehrenamtlicher erster Beigeordneter. Mit diesem Posten hat er nun sein letztes politisches Amt niedergelegt. Für sein kommunalpolitisches Engagement will der Konzer Stadtrat dem 78-Jährigen die Ehrenbürgerwürde verleihen. Am Dienstag, 24. Oktober, steht ein entsprechender Punkt auf der Tagesordnung des Gremiums. Die Sitzung beginnt um 18 Uhr.

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