Ein Gotteshaus für die Diaspora

Saarburg · Der Grundstein für die evangelische Kirche auf dem Burgberg von Saarburg ist vor 125 Jahren gesetzt worden. Bevor das Gebäude stand, waren die Protestanten der Gegend laut dem ersten Pfarrverwalter "fast der Leute Spott gewesen".

 Die evangelische Kirche in Saarburg, fotografiert am 9. Juli 1901 von Ferdinand Emmerich Laven (1849-1922) aus Trier. Foto: Stadtarchiv Trier/Sammlung Laven

Die evangelische Kirche in Saarburg, fotografiert am 9. Juli 1901 von Ferdinand Emmerich Laven (1849-1922) aus Trier. Foto: Stadtarchiv Trier/Sammlung Laven

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Saarburg Die Kurfürsten von Trier waren Jahrhunderte lang zufrieden mit Saarburg. Ihre Sommerresidenzstadt war katholisch. Das änderte sich erst 1817, vor etwa 200 Jahren, als die ersten Protestanten mit den Preußen an die Saar kamen. Protestanten in der Region feierten erstmals am Reformationstag, 31. Oktober 1817, einen evangelischen Gottesdienst und zwar im Schwurgerichtssaal des königlichen Landgerichts in Trier. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. hatte angeordnet, einen Priester für die Evangelischen in Trier und Umgebung zu bestellen. Der Militärseelsorger in Trier kümmerte sich zunächst auch um die Schäfchen im unteren Saartal.
In seiner Kirchenchronik aus dem Jahr 2002 schrieb der frühere Pastor der evangelischen Kirchengemeinde, Heinz Schröter, dass anno 1841 in Saarburg 14 evangelische Einwohner gezählt wurden. 20 Jahre später waren es schon 78. Bis 1880 wuchs die Zahl auf rund 160 evangelische Einwohner. Doch es sollte noch bis Mai 1892 dauern, bis in Saarburg der Grundstein für eine eigene Kirche gesetzt wurde.
Wilhelm Figge, der erste Pfarrverwalter in Saarburg, der seit 1850 im Einsatz war, schrieb später: "Bisher sind die vier Gemeinden (Anmerkung der Redaktion: gemeint sind Saarburg, Merzig, Perl und Wadern) durch ihr ärmliches Auftreten fast der Leute Spott gewesen. Alle vier Wochen wird ihnen auf wenige Stunden der Gerichtssaal eingeräumt, die Stätte des Haders; der Gerichtstisch wird zum Altar hergerichtet, das Wort des Lebens wird gepredigt unter einem Haufen von Aktenstößen, das Sakrament des Altars wird gefeiert vor einem Bild des Gekreuzigten, das vielleicht schon oft durch einen falschen Eid entweiht worden ist."
Zunächst war geplant, die evangelische Kirche auf dem Bottelter Berg zu errichten. Doch diese Pläne wurden bald aufgegeben, und das Grundstück dort wurde "wegen der Unschönheit der Umgebung" verkauft. Stattdessen kaufte die junge Kirchengemeinde am 4. April 1888 dem Trierer Goldschmiedemeister Ludwig (siehe Infobox) das Grundstück, auf dem das Pfarrhaus steht, ab. Das Pfarrhaus, das auch Villa Ludwig genannt wird, kostete 6000 Mark.
Vier Jahre später wurde der Grundstein für das Gotteshaus gesetzt. Doch bevor es so weit war, verweigerte zunächst die Verwaltung der Stadt Saarburg die Baugenehmigung. Die Begründung: Der Bau der Kirche gefährde die Sicherheit des darunter liegenden Tunnels. Diese Bedenken konnten erst durch ein Gutachten des königlichen Oberbergamtes zerstreut werden.
Entworfen wurde der neugotische Bau von Kreisbauinspektor Natorp aus Oldesloe in Schleswig-Holstein. Mit dem Bau beauftragt war der Saarburger Unternehmer August Mungenast.
Eingeweiht wurde die Kirche am 11. Juli 1893 mit einem festlichen Gottesdienst. In der Saar-Mosel-Zeitung stand zu lesen: "Wir treten ein in das Gotteshaus. Einfach und schlicht ist's, aber würdig und edel, wie es sich für eine evangelische Kirche in der Diaspora geziemt. Die Glocken der Stadt und ihrer Umgebung verkündeten, dass wiederum eine Kirche geweiht zum Heiligtum Gottes, zur Stätte lauterer Verkündigung des unverfälschten Evangeliums." Im April 1895 erhielt Saarburg die erste eigene Pfarrstelle.
Der aktuelle Pastor Peter Winter hat den Bau der markanten Kirche auf dem Burgberg vor 125 Jahren ebenfalls im Blick. Die evangelische Kirchengemeinde, die heute rund 1800 Mitglieder umfasse, plane im Sommer nächsten Jahres ein größeres Fest, um an den Bau des Gotteshauses zu erinnern, sagt Winter. Ebenfalls im kommenden Jahr wird der Einbau der Eule'schen Orgel vor dann 50 Jahren gefeiert. Winter. "Fabriziert während des Kalten Kriegs in der früheren DDR steht dieses Meisterwerk von Eckhardt Pietsch auch für deutsch-deutsche Verständigung in schwierigen Zeiten." Es gibt also jede Menge zu feiern.Extra: WIE MEISTER LUDWIG ZUR VILLA IN SAARBURG KAM


Der Trierer Goldschmiedemeister Ludwig fertigte 1873 eine Monstranz in Form des Kölner Domes an. Sie hatte eine Höhe von 1,10 Metern und glänzte mit zahlreichen Fialen, Streben und Figuren. Er zeigte sie auf der Weltausstellung in Wien 1873, wo er die Arbeit Kaiser Franz Joseph I. selbst erklären durfte. Er erhielt für die Monstranz die höchste Auszeichnung, nämlich die Staatsmedaille. Später stellte er sie in der Trierer Neustraße in seinem Geschäft aus. Da der Käufer den Preis von 12 000 Mark nicht aufbringen konnte, bot er als Gegenleistung das Grundstück mit einem kleinen Schweizerhaus unterhalb der Saarburg an. Ludwig ging auf den Vorschlag ein. In der Trierischen Landeszeitung von 1951 heißt es dazu: "Meister Ludwig verbrachte noch viele schöne Sommermonate in seinem Schweizerhaus. Der kleine Weinberg kredenzte dazu noch manche gute Flasche Schlossberger."

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