"Ein herber Verlust für Hermeskeil"

Hermeskeil · Dem Hermeskeiler St.-Josef-Krankenhaus steht ein trauriger Tag bevor. Am 30. Juni wird dort zum letzten Mal auf der Geburtshilfestation gearbeitet. Danach wird die Abteilung, wie vom Klinikträger bereits im März angekündigt, nach fast 50 Jahren für immer geschlossen (der TV berichtete). Die Gynäkologie wird aber weitergeführt.

Hermeskeil. Glücklich hält Sandra Hoppe aus Züsch ihren neu geborenen Sohn im Arm. Ein solch freudiges Ereignis wird es künftig aber nicht mehr in der St.-Josef-Klink geben. Denn Anton ist eines der letzten Kinder, das im Hermeskeiler Krankenhaus zur Welt gekommen ist. Am Sonntag wird dort die Geburtshilfestation geschlossen. Ein Schritt, den der Träger - die Marienhaus GmbH - schon im März angekündigt hatte. Wichtigster Grund: In Hermeskeil ging die Zahl der Geburten kontinuierlich zurück (siehe Extra). Eine Trendwende sei nicht in Sicht, und deshalb sei die Station nicht mehr kostendeckend zu betreiben. Deshalb macht der Kreißsaal dicht.
"Natürlich sind wir uns der Dimensionen dieser Entscheidung bewusst", sagt Annette Münster-Weber, die als Krankenhaus-Oberin dem Direktorium angehört. "In einer Klinik gibt es viel Leid und Traurigkeit. Wir verlieren jetzt die Station, auf der auch mal Freudentränen fließen." Allerdings hätten Träger und Klinikleitung auch die Aufgabe, den Blick nach vorne zu richten: "Wir sind dabei, für den Standort ein zukunftsfähiges Modell zu entwickeln", sagt Münster-Weber mit Blick darauf, dass in der Vergangenheit immer wieder über eine Schließung des St.-Josef-Krankenhauses spekuliert wurde. Laut Münster-Weber wird keine der 13 Mitarbeiterinnen der Geburtshilfe ihre Arbeit verlieren. Sie wechseln entweder auf andere Stationen oder waren bereits auf der Suche nach einem neuen Job erfolgreich.
Ausdrücklich betonten die Verantwortlichen, dass die Gynäkologie in der Klinik "in vollem Umfang" weitergeführt wird. "An unserem Leistungsspektrum ändert sich nichts", sagt Dr. Tiberius Dersidan - einer von künftig zwei Belegärzten im Haus. Der dritte Fachmediziner - Dr. Ludwin Jahn aus Wadern - macht am St.-Josef-Krankenhaus jedoch nicht mehr weiter.
Stadtbürgermeister Udo Moser bezeichnet die Schließung der Geburtshilfe als "Einschnitt für Hermeskeil, der nicht erfreulich ist. Es war eine unternehmerische Entscheidung, die wir zur Kenntnis nehmen mussten." Für Moser hat das auch mit einer "Abstimmung mit den Füßen" zu tun. Er spielt damit auf die Tatsache an, dass in den zurückliegenden Jahren immer mehr einheimische Schwangere nicht mehr die St.-Josef-Klinik als Geburtsort für ihr Kind auswählten.
Das Aus der Geburtshilfe sei zwar "sehr schade", sagt Christian Kruchten. Doch der Vorsitzende der Bürgerinitiative Pro Krankenhaus fügt hinzu: "Wenn dadurch der langfristige Erhalt der Klinik eher gesichert ist, nehmen wir das hin. Das Szenario, dass hier alle Lichter ausgehen, wird ja wahrscheinlich nicht eintreten."
Sigrid Grünewald-Scherer war zwei Jahre lang als Beleg-Hebamme an der Klinik tätig. Vorher hat sie in Saarburg gearbeitet, wo die Geburtsstation 2011 geschlossen wurde. "Ich mache das also schon zum zweiten Mal mit. Für die Hermeskeiler Frauen ist das ein herber Verlust. Sie müssen nun für die Entbindung weitere Strecken in Kauf nehmen", sagt die Freiberuflerin, die an der Klinik Trier-Ehrang weitermacht.
Sandra Hoppe sagt: "Ich habe mich hier gut aufgehoben gefühlt und finde es schade, dass andere Frauen diese Möglichkeit nicht mehr haben. Der Vorteil an Hermeskeil ist, dass mich meine Familie jederzeit besuchen konnte und nicht über eine halbe Stunde nach Trier fahren musste."Extra

An der 133 Jahre alten St.-Josef-Klinik gab es zunächst nur eine Wöchnerinnen-Abteilung, die Teil der Chirurgie war. Die Geburtshilfe-Station wurde 1964 eröffnet. Gesicherte Geburtenzahlen gibt es erst seit 1978. Seit dieser Zeit wurden 8245 Kinder in der Klinik geboren. Das Rekordjahr war 1991 mit 340 Geburten. Ab 2003 fiel die Zahl der Geburten unter 200. 2012 lag sie dann bei nur noch 112. 2013 sind 45 Geburten dazugekommen. ax

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