Ein Leben für Steine und ihre Geschichte(n)

ZEMMER. Solche Leute sind nicht oft zu finden: Josef Junkes ist ein Mann mit vielen Talenten. Er ist Handwerker, Künstler Wissenschaftler, Geschichtskundler und Philosoph.

Hunderte von prächtigen Dahlien säumen den unbefestigten Weg oberhalb des Steinbruchs. Dort, in 387 Metern Höhe, mit einem herrlichen Blick über Zemmer, wohnt Josef Junkes, 77 Jahre alt, Steinbruchbesitzer und besser bekannt unter dem Namen "Jupp". Behauene Sandsteine zieren sein Haus und auch dessen Standort ist nicht zufällig gewählt. "Das hier ist ein heiliger Ort, der Berg der Priester, auch Pfaffenberg genannt", erzählt Junkes. "Hier befanden sich eine Kultstätte und ein Gräberfeld der Franken." Schaut er aus seinem Fenster über das Dorf, blickt er auf die "Galgenflur", die im Mittelalter Schauplatz von Hinrichtungen war. An Römisches erinnert der Name der Straße "Langmauer" die vor Junkes´ Grundstück endet. Genau dieser Platz musste es sein, denn Josef Junkes interessierte sich schon seit seiner Jugend brennend für Geschichte und Archäologie. Wie vielen Menschen seiner Generation blieb es ihm aber verwehrt, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Sein Vater besaß einen Steinbruch. Dort lernte der junge Josef, Steine zu brechen und zu behauen sowie Werkzeuge zu schmieden. Mit 16 Jahren wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Als er wiederkam hatte sich die Welt verändert. Die Zemmerer Steinmetzschule, die den jungen Mann vor dem Krieg sehr inspiriert hatte, gab es nicht mehr. "Alles war kaputt gemacht worden, einfach zerschlagen", erzählt er. Die traditionelle Sandstein-Industrie auf der Fidei war ohnehin zusammengebrochen. Junkes fand eine neue Existenz, als er eine Dierscheider Gastwirtstochter heiratete, mit ihr drei Kinder bekam und deren elterlichen Betrieb weiterführte. Steinbearbeitung und die Neugier auf Hinterlassenschaften der Geschichte beschäftigten ihn aber weiterhin. Oft sei er stundenlang über die Äcker gelaufen und habe gesucht. "Nach nicht einheimischen Steinen muss man gucken", erklärt er. Auf diese Weise fand er Werkzeuge aus der Steinzeit, die auf drei frühe Besiedlungsgebiete rund um Zemmer schließen lassen. Erklärt den Weltraum und geht mit der Wünschelrute

Aufgrund seiner guten Beobachtungsgabe und eines feinen Gespürs für Abweichungen vom Üblichen machte er noch mehr bedeutende Funde. Mit seinem Freund Theo Maehs grub er an den Standorten dreier römischer Villen und förderte Wasserleitungen, Tongefäße, Münzen und Ziegel zu Tage. Ein Großteil dieser wertvollen Stücke ist im Zemmerer Heimatmuseum ausgestellt. "Die Ziegel mit dem eingestempelten Namen Victorinus wurden hier gefertigt und waren bis Metz verbreitet", erzählt Junkes, der in den 60er Jahren enge Kontakte zum Landesmuseum pflegte. Immer wieder machte er auf viel versprechende Standorte aufmerksam, wie zum Beispiel die römische Bade- und Tempelstätte Victoriaquelle in Dierscheid. Auch das dortige Heimatmuseum beherbergt Funde von Junkes. Will man ihn treffen, folgt man einem Pfad durch sein Biotop, wo er die Natur gewähren lässt, bis zum "Bruch", seinem Lieblingsplatz. Dort entstehen Wappensteine, Gewändesteine und andere Kostbarkeiten, die einige Stellen in Zemmer zieren. Mit einem Blasebalg aus dem 19. Jahrhundert facht er ab und zu sein Schmiedefeuer an, um die Werkzeuge zu richten. "Für mich ist es das Beste zu arbeiten, ich habe noch viel zu tun", sagt der außergewöhnliche Mann, der aus dem Stegreif Vorgänge im Weltall erklären kann oder Wasser mit seiner Wünschelrute aufspürt. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche der Gegenwart verfolgt er mit Skepsis. "Ich lasse mich aber nicht unterkriegen", sagt er.

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