Ein Netzwerk für Flüchtlinge: Großes Interesse an Saarburger Infoveranstaltung - Konstruktive Stimmung
Saarburg · Etwa 90 Zuhörer sind zur Infoveranstaltung der Verbandsgemeinde Saarburg zum Thema Flüchtlinge in die Kulturgießerei gekommen. Ihnen wurde ein funktionierendes Netzwerk präsentiert, das im vergangenen Jahr rund um das Lokale Bündnis für Familien aufgebaut wurde. Einige der Besucher wollten helfen, andere tun dies bereits.
Saarburg. "Wo brennt es am meisten?" Diese und andere Fragen von Besuchern des Infoabends "Flüchtlinge in der Verbandsgemeinde" machten deutlich: Die rund 90 Menschen, die zur Veranstaltung in die Kulturgießerei gekommen waren, wollten nicht nur hören, wie das Thema angegangen wird, sie wollten helfen.TV-Serie Flüchtlinge in der Region
Konstruktiv wurde die Atmosphäre zudem dadurch, dass immer wieder applaudiert wurde für die Menschen, die nacheinander auf die Bühne gerufen wurden, um kurz zu berichten, wie sie unterstützen. Dies war ganz im Sinne der Organisatorinnen Anette Barth, Ansprechpartnerin für die Fach- und Koordinierungsstelle für die Flüchtlingsarbeit im Lokalen Bündnis für Familien, und Hélène de Wolf vom Kooperationspartner FairWorld Academy. Sie betonten, dass es ihnen um einen respektvollen Umgang miteinander gehe und präsentierten im Wechsel, was sie zusammen mit vielen anderen in Saarburg Stadt und der Verbandsgemeinde unter dem Stichwort "Fit für Flüchtlinge" im vergangenen Jahr alles auf die Beine gestellt haben. Barth: "Wir versuchen, Strukturen zu schaffen, die nachhaltig sind und allen, den Zielgruppen und uns, das Leben leichter machen."
Zuvor erläuterte Bürgermeister Jürgen Dixius, dass derzeit 128 Asylbewerber dezentral in der Verbandsgemeinde Saarburg untergebracht seien. Auch die Ortsgemeinden würden jetzt verstärkt Wohnungen suchen. "Wir haben die Menschen gerne aufgenommen", sagte Dixius und betonte, dass auch Arbeitskräfte gebraucht würden. Er sei stolz, dass sich so viele Menschen in der Flüchtlingsarbeit engagierten.
Sprachkurse: Grundlegend für die Integration sind die Sprachkurse, die zusammen mit vielen Organisationen angegangen wurden. Laut Volkshochschulleiterin Simone Martini wurden 2015 bereits fünf Kurse à 100 Unterrichtsstunden angeboten. Weitere sollen folgen, unter anderem Kurse für Jugendliche und jüngere Kinder. Wie Barth auf Nachfrage eines Zuhörers erklärte, besuchen 95 Prozent der Asylbewerber die freiwilligen Kurse. Die Zuhörer applaudierten. Ehrenamtliche Sprachpaten üben mit den Flüchtlingen das Reden in Konversationskursen. Ein Pool von Dolmetschern wurde laut Barth auch zusammen mit den Flüchtlingen aufgebaut. Die Verbandsgemeinde hat einen Bus gekauft, mit dem die Teilnehmer von den kleineren Orten zu den Kursen in Saarburg gebracht werden. Zuvor wurde dafür das Mannebacher Dorfmobil ausgeliehen - für Ortschef Bernd Gard und seine Leute "eine Selbstverständlichkeit". Applaus der Zuhörer.
Wohnungen und Möbel: Holger Wincheringer vom Sozialamt erläuterte, dass er und seine Kollegen sich um die Grundbedürfnisse wie Wohnen und Essen der vom Kreis zugeteilten Flüchtlinge kümmerten. Bislang seien Wohnungen zusammen mit dem Bündnis für Familien gut gefunden worden, doch würden weitere Unterkünfte gebraucht. Möbel, die dem Amt angeboten werden, können in einer ehemaligen Kaserne untergestellt werden. Um die Abholung kümmert sich die Verwaltung.
Flüchtlingsbegleiter: Bereits zwölf Flüchtlingsbegleiter sind in der Kulturgießerei ausgebildet worden, die nächsten zwölf sind fast fertig. Sie unterstützen die Asylbewerber beim Besuch von Ämtern. Die jugendlichen Begleiter Selim Shala und Roland Wolf organisieren für junge Leute monatliche Treffen, bei denen es um Information und Spaß geht.
Ein Besuch der Polizei stand schon auf dem Programm. Shala: "Da haben wir gespürt, was die aufgrund ihrer Erfahrungen für eine Angst haben."
Arbeit, Gesundheit, Kleiderkammer: Um die Flüchtlinge über die Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren, gehen Arbeitsvermittler in die Einrichtungen, erläuterte Martina Klankert-Drautzburg, Geschäftsstellenleiterin der Agentur für Arbeit in Saarburg. Für Flüchtlinge mit psychischen Problemen wird Kontakt zum Arbeitskreis Traumanetzwerk hergestellt, wie Annelie Wagner, Fachärztin für Psychotherapie informierte.
Mehrere Frauen haben in der Vergangenheit bereits Kleiderbasare organisiert. Sigrid Schneider, Leiterin des Mehrgenerationenhauses, informierte, dass die Verbandsgemeinde ein Ladenlokal in Beurig in der Hauptstraße 11 angemietet habe. Dort werden ab August Kleider für Flüchtlinge und auch für andere Bedürftige abgegeben. Helfer werden gesucht.
Zukunft: Kreis-Sozialdezernent Joachim Christmann erläuterte, dass künftig 150 Flüchtlinge in Wohncontainern bei der früheren Famo-Kaserne untergebracht werden sollen. Die Stadt hat das Gelände gekauft. Er habe die Erfahrung gemacht, dass die Bevölkerung die zentrale Unterbringung akzeptiere, wenn klar sei, dass die Menschen - wie in diesem Fall geplant - betreut würden (siehe Extra). Christmann: "Ich bin begeistert, wenn ich hier so viele bereitwillige Helfer sehe."Meinung
Aufgabe für viele Jahre
Kompliment. Obwohl es an der Anerkennung durch Land, Bund oder EU mangelt, arbeiten im Landkreis Trier-Saarburg ganz unterschiedliche Akteure zusammen, um Asylbegehrende gastfreundlich zu empfangen und sie zu integrieren. Das gilt für viele Behörden und Institutionen ebenso wie für viele engagierte Bürger. Doch für allzu große Zufriedenheit ist es zu früh. Es werden noch viele Asylbegehrende in den Landkreis kommen. Diese zu integrieren wird eine Aufgabe sein, die Jahre braucht. h.jansen@volksfreund.deExtra
Unterbringung und Beratung: Derzeit ist unklar, ob die geplanten etwas mehr als 400 zusätzlichen Plätze in Wohncontainern reichen, um alle Asylbegehrenden im Landkreis Trier-Saarburg unterzubringen. Fest steht, dass es neue Anlaufstellen geben wird, die sich um die Integration der Menschen kümmern. In Konz hat solch ein Büro bereits seine Arbeit aufgenommen. Dort gibt es Beratung, Sprachkurse und Information. In anderen Orten untergebrachte Flüchtlinge werden künftig mittels Fahrdiensten zu den von Landkreis und Caritas getragenen Büros gebracht. Nach Auskunft von Jürgen Jäger von der Caritas wird das Angebot angenommen. 129 Männer und Frauen sind in den vergangenen Wochen in Konz beraten worden. Trier-Saarburgs Landrat Günther Schartz geht davon aus, dass im Herbst mit dem Bau der neuen Unterkünfte für Asylbegehrende begonnen werden kann. 80 Containerplätze sollen in Konz entstehen, insgesamt 120 in Schweich, 120 in Saarburg unweit der Kasernen, 40 in der Gemeinde Kell und rund 50 in Osburg. Wobei im Fall von Osburg der Standort nicht feststeht. har