Jubiläum Ein reiches Leben voller Erinnerungen

Konz-Könen. · Barbara Thiel aus Konz feiert heute ihren 100. Geburtstag. Sie lebt noch in ihrem Haus, das ihre Eltern 1923 gebaut haben.

 Immer noch mobil und geistig fit: Barbara Thiel aus Konz wird 100 Jahre alt.

Immer noch mobil und geistig fit: Barbara Thiel aus Konz wird 100 Jahre alt.

Foto: Jan Söfjer

Barbara Thiel wird vier Monate nach dem Ende des Ersten Weltkrieges geboren. Sie ist das jüngste von sechs Kindern. Ihr Vater, Jahrgang 1870, ist bei ihrer Geburt fast 50 und arbeitet bei der Eisenbahn. Die Familie lebt in einer Dienstwohnung, doch dann beschlagnahmen die Franzosen das Haus – das Rheinland ist nach dem Krieg unter alliierter Besatzung – und die Familie muss ausziehen.

So erinnert sich Thiel, die an diesem 29. März 100 Jahre alt wird. „Es war eine böse Zeit. Der Krieg war gerade vorbei. Dann kam die Arbeitslosigkeit.“

Ihr Vater behält immerhin seinen Job bei der Bahn. Unterwegs mit dem Zug sieht er, wie schlimm gerade in den großen Städten wie Köln die Armut ist. In Konz kommt die Familie aber über die Runden. 1923 kann die Familie in Könen, damals ein Bauerndorf, ein Haus bauen. Barbara Thiel wohnte heute noch darin. Sie ist erstaunlich fit. Mit dem Rollator läuft sie munter herum. Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter leben mit im Haus, dazu eine Pflegekraft. Am liebsten sitzt Thiel im Wintergarten, weil es dort schön hell ist. Familienfotos hängen an der Wand. Eine ihrer Schwestern, eine Nonne, wurde 101.

Thiel hört und sieht nicht mehr gut, aber sie erzählt viel und kommt von einem Thema zum nächsten. Sie ist eine gesellige Frau. Alte Fotos zeigen sie als junges Mädchen mit Freundinnen bei Ausflügen, etwa zum Niederwalddenkmal am Rhein. 1933 ist sie gerade mit der Schule fertig, arbeitet zuerst in einer Fabrik und beginnt dann eine Ausbildung zur Kindergärtnerin.

1939 wird Konz – wie auch weite Teile des Saarlandes – wegen des Kriegsbeginns und der Nähe zur Grenze für eine Zeit lang evakuiert. Thiel kommt nach Braunschweig und setzt dort ihre Lehre fort.

Über die Kriegsjahre erzählt sie nicht viel. Die Zeit wirkt wie eine Fußnote bei ihr, aber wenn man 100 Jahre alt ist, ist das auch nicht falsch.

Sie erinnert sich aber daran, „dass mit Hitler eine große Gehässigkeit kam“. Und eine Sache ist ihr in Erinnerung geblieben. Als sie während des Krieges in einem Kindergarten arbeitet, bekommt sie eine Anweisung vom Amtsleiter. Sie solle einen Jungen entlassen, der zwar katholisch getauft, aber Halbjude ist. Thiel empört sich bei ihrem Vorgesetzten, aber dieser kann ihr nicht helfen. Sie bleibt ihr ganzes Berufsleben Kindergärtnerin und arbeitet bis zu ihrer Rente unter anderem im Herz-Jesu-Krankenhaus in Trier.

1948 heiratet Barbara Thiel ihren Mann Josef. Sie kannte ihn schon von früher. Er war Lehrling gewesen in der Auto­werkstatt ihres Bruders. „Da habe ich nicht gedacht, dass das mal mein Mann wird.“ Josef Thiel kommt aus einer Nitteler Winzerfamilie mit zehn Kindern, erinnert sich seine Frau.

Sie bekommen einen Sohn. Heute hat sie drei Enkel und sieben Urenkel. Ihr Mann stirbt 1992. Seinen Ehering trägt Barbara Thiel neben ihrem. Die Familie war ihr immer am wichtigsten, und von dieser wird sie sich feiern lassen.

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