Ein Schwerverletzter und lecke Giftfässer

Mandern · Ein Gabelstapler begräbt einen Mann unter sich, Fässer mit giftigen Substanzen werden umgeworfen und laufen teilweise aus: Im Bilstein- Werk Mandern ist der Ernstfall geprobt worden. Fast 150 Einsatzkräfte aus fünf örtlichen Wehren wurden alarmiert. Der Gefahrstoffzug des Landkreises rückte mit elf Fahrzeugen an.

 Timo, die Puppe, die den Verletzten darstellt, wird gerettet, nachdem der Gabelstapler, der sie unter sich begraben hatte, per Luftkissen angehoben worden ist. TV- Foto: Herbert Thormeyer

Timo, die Puppe, die den Verletzten darstellt, wird gerettet, nachdem der Gabelstapler, der sie unter sich begraben hatte, per Luftkissen angehoben worden ist. TV- Foto: Herbert Thormeyer

Mandern. Sicherheit ist im Stoßdämpferwerk der Thyssen- Krupp Bilstein GmbH oberstes Gebot. Denn es wird dort mit zum Teil hochgiftigen Substanzen gearbeitet. "Deshalb halten wir engen Kontakt mit der Feuerwehr", sagt Ferdinand Alten, der bei der Thyssen-Krupp Bilstein GmbH zuständig für Arbeitssicherheit und Umweltmanagement ist.
Alle zwei Jahre wird der Ernstfall geprobt. Dieses Mal kam nicht nur die normale Feuerwehr, sondern der gesamte Gefahrstoffzug des Landkreises zum Einsatz.
"Die Kolbenstangen unserer Stoßdämpfer müssen verchromt werden, um die Verschleißfestigkeit und den Korrosionsschutz zu gewährleisten", erklärt Alten die Notwendigkeit des Einsatzes von gefährlichen Flüssigkeiten.
Die angenommene Lage: Ein Gabelstaplerfahrer fährt einen Kollegen an und verletzt diesen schwer. Darüber hinaus fallen Fässer mit Chromsäure um und laufen teilweise aus.
Bruno Merten, Wehrleiter der Verbandsgemeinde Kell, ist als erster am Einsatzort und übernimmt die Einsatzleitung. Auch er kennt die Schadenslage nicht im Detail und ordnet sofort die Alarmierung des Gefahrstoffzuges an. Die elf Einsatzfahrzeuge sind dezentral stationiert. Fast 150 Helfer und das Rote Kreuz sind inzwischen im Hof des Werkes eingetroffen. Ein Dekontaminationszelt wird aufgestellt. Retter legen Anzüge an, die ein wenig an die Raumfahrt erinnern. In diesen Anzügen werden die Einsatzkräfte später abgesprüht, damit sie keine Giftstoffe verbreiten.
"Die haben eine eigene Sauerstoffversorgung für 20 Minuten, können also nur kurz vor Ort bleiben", erklärt der Einsatzleiter. Mit Messgeräten für Giftstoffe rücken die ersten vor. Gefahrstoffnummern auf den Fässern werden per Funk weitergegeben. Computer zeigen das Ergebnis: Schwefelsäure, Chromsäure und Natriumhydroxid sind aus dem Gebäude zu holen.
Die Fässer werden in Behälter gestellt und ins Freie geschleppt. Der Kreisfeuerwehrinspekteur Stefan Sihr zeigte sich zufrieden mit dem Einsatz: "Hier ist es erst einmal wichtig, die Einsatzkräfte zu strukturieren, damit ein effektiver Ablauf gewährleistet ist." Was zu tun ist, wo die Helfer schon waren, und was noch gebraucht wird, koordiniert die Technische Einsatzleitung in einem eigenen Zelt. Ein Lageplan zeigt in Detail, wie der Einsatz abläuft. Ständig gibt es Funksprüche und Telefonate. "Hier zeigt sich, wie die Kräfte aus der Umgebung mit den Fachleuten für Gefahrstoffe zusammenarbeiten können", unterstreicht Merten. Man sehe sich in dieser Größenordnung ja auch nicht alle Tage.
Eine erste Übung war dieser angenommene Ernstfall auch für Kerstin Steffes, die als Pressesprecherin der Technischen Einsatzleitung zugeordnet ist. Sie ist bei der Besprechung dabei und versorgt den TV mit Informationen, auch darüber, dass keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden hätte, sei das konstruierte Szenario Realität gewesen.
Die Spezialisten des Gefahrstoffzuges durchlaufen eine besonders intensive Ausbildung in der Landesfeuerwehrschule in Koblenz. Die Feuerwehr vor Ort muss in acht Minuten, der Gefahrstoffzug in 25 Minuten am Einsatzort sein.
Extra

Die Thyssen- Krupp Bilstein GmbH in Mandern hat einen eigenen Brandschutzdienst mit 30 Mitgliedern, die jedoch keine Feuerwehraufgaben erfüllen können. Zehn Prozent der rund 800 Werksangehörigen sind ausgebildete Ersthelfer. Darüber hinaus gibt es fünf Mitarbeiter mit Sanitäterausbildung. Einmal im Jahr überprüft die Gewerbeaufsicht des Landkreises, ob die Produktion sicher für alle Mitarbeiter ablaufen kann. Das Mutterunternehmen Thyssen-Krupp verlangt hohe Sicherheitsstandards. doth

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