Ein Streit, viel Schaden – und keine Einigung in Sicht

AYL. Vor mehr als vier Jahren stieß der Bau des Gewerbegebiets am Ortsausgang von Ayl auf heftige Proteste. Längst sind die Bauarbeiten dort abgeschlossen und vier ortsansässige Unternehmen eingezogen. Dennoch ist die Kritik bis heute nicht verstummt: Mehrere Anwohner beklagen sich, dass die Bauarbeiten zu Rissen an ihren Häusern, die sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite befinden, geführt haben.

"Gebäudeschäden würden selbstverständlich ersetzt und seien ein reiner Versicherungsfall. Das hat uns unser Bürgermeister damals zugesichert", sagt Juliane Hoffmann, eine betroffene Anwohnerin, und verweist auf einen TV-Artikel über den Bau des Gewerbegebietes "Beim Schneitstrog" aus dem Jahr 2005, in dem der Ortsbürgermeister von Ayl, Siegfried Büdinger, zitiert wird. "Ich habe mich damals auf ein Statement der Versicherung berufen", äußert sich Büdinger gegenüber dem TV. Und weiter: "Ich habe ja versucht zu vermitteln, schon allein wegen des nachbarschaftlichen Verhältnisses." Bislang nicht reguliert

Bislang sei jedenfalls keine Schadensregulierung erfolgt, beklagt sich Hoffmann. Die Aylerin lebt in unmittelbarer Nähe des Gewerbegebiets. Während der Auffüllarbeiten sei es zu heftigen Erschütterungen gekommen und diese hätten wiederum die Risse an den Außen- und Innenwänden ihres Hauses verursacht. "Vergeblich haben wir uns damals um einen Baustopp bemüht", sagt Hoffmann. Dies bestätigt eine weitere Anwohnerin: "Mein Sohn hat mich damals hoch ins Badezimmer gerufen. Wir konnten quasi dabei zusehen, wie die Fliesen gesprungen sind." Mit den verantwortlichen Bauherren, dem Ehepaar Anne und Mario Kramp von "Mario's Garage", habe man damals auch Kontakt aufgenommen. Kramps wiederum verwiesen die Geschädigten an ihre Versicherung, die "R+V Allgemeine". Ein reger Schriftverkehr folgte, nur die erhoffte Kostenübernahme blieb bis heute aus. Seitens der Versicherung heißt es in einem der Schreiben: "Bei den ausgeführten Arbeiten entstehen keine Erschütterungen, die Gebäude schädigen können." Und weiter: "Wenn aber trotzdem Schäden an Gebäuden oder in Gebäuden entstehen, spricht dies eher für einen Konstruktionsmangel am Gebäude selbst." Dies wiederum sieht der von Juliane Hoffmann beauftragte Architekt Edgar Heibel anders. In dem von ihm erstellten Gutachten heißt es: "Die Verdichtung erfolgt mit großen Maschinen (…). Durch die Erschütterungen, die beim Verdichten entstehen, gerät die Bausubstanz der Nachbarbebauung außergewöhnlich stark in Vibration. Dadurch entstehen die Risse." Zudem weist der Architekt darauf hin, dass die Bauherren Kramp es versäumt hätten, ein so genanntes Beweissicherungsverfahren vor Beginn der Bauarbeiten in Auftrag zu geben. Bei einem solchen Verfahren wird nämlich der Ist-Zustand umliegender Bauten festgehalten, so dass hinterher klar ist, ob und welche Schäden vorhanden waren und welche neu hinzugekommen sind. Heibels Gutachten wurde von der Versicherung als "nicht geeignet" zurückgewiesen. Bauherrin Anne Kramp ist ebenfalls ratlos. "Wofür haben wir eigentlich eine Bauherrenhaftpflicht abgeschlossen?", fragt sie sich. "Die war richtig teuer." Eigentlich hätten sie und ihr Mann Mario damit das vermeiden wollen, was jetzt doch eingetreten ist. "Wenn was passiert ist, sind wir dafür, dass es reguliert wird", betont Kramp. Dass ihre Nachbarin Juliane Hoffmann und weitere Anwohner auf ihren Schäden sitzen zu drohen bleiben, täte ihr ja auch "wahnsinnig leid", aber "was soll ich denn machen?". Entsprechend angespannt gestalte sich derzeit das Verhältnis zwischen den verschiedenen Parteien. Letzte Möglichkeit führt zum Amtsgericht

Als letzte Möglichkeit bleibt den Geschädigten nun nur noch der Weg über das Amtsgericht. "Um zu prozessieren, fehlt mir aber das Geld", sagt Hoffmann. Auch eine weitere Anwohnerin wägt zurzeit ab, ob sie Klage einreichen wird. Die finanzielle Belastung spiele auch hier die entscheidende Rolle. Sie sagt: "Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei. Aber es kann doch nicht sein, dass jemand einen Schaden an meinem Haus verursacht und ihn nicht reguliert."

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