Ein Weinberg wird zum Gegenstand der Politik

Saarburg · Saarburger Rausch - eine bekannte Weinlage in der Stadt. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppte sich die Weinlage nun als Überraschung. Dort gibt es einzelne Parzellen, die andere Namen tragen. Um dies zu ändern und damit die Namen an die Realität anzupassen, muss eigens ein städtischer Ausschuss gegründet werden - der Lagenausschuss.

Saarburg. "Meinten Sie: Lügenausschuss?" Wenn selbst die Allzweckwaffe Google nicht wirklich etwas mit einem Begriff anzufangen weiß, dann ist das schon etwas Besonderes. "Lügenausschuss" schlägt die Internetsuchmaschine vor, wenn man "Lagenausschuss" ins Suchfeld eintippt, zusammen mit nicht mal einer Handvoll Treffer. Nun hat der Stadtrat vor kurzem beschlossen, einen solchen Ausschuss zu gründen. Mit Lügen hat dieser nichts zu tun, sondern mit Weinlagen. In der Region wurde er bislang noch nie einberufen. "Es war mir nicht bekannt, dass es so etwas gibt", sagt auch Stadtbürgermeister Jürgen Dixius.
Mit dem Lagenausschuss soll die Voraussetzung geschaffen werden, die Weinlage Saarburger Rausch oberhalb der Altstadt zu vereinheitlichen. Denn dort existieren einige Parzellen mit alten Lagennamen wie Antoniusbrunnen und Bergschlösschen sowie mit dem Namen Schlossberg - einer Weinlage, die sich quasi auf dem Hügel gegenüber befindet.
Landesministerium entscheidet



"Die Lage wurde immer als Rausch bezeichnet", sagt Winzer Armin Appel. Er selbst habe dort Flächen gekauft, die als Rausch ausgewiesen waren. Auf der EU-Weinbaukartei habe er schließlich gesehen, dass dort die Lagenbezeichnungen Antoniusbrunnen und Schlossberg auftauchten, wo eigentlich Rausch sein sollte. Die Weinbaukartei enthält Angaben über die Struktur und Erzeugung der Weinbaubetriebe, die Daten werden jährlich aktualisiert und überprüft.
Eine Weinlage zu ändern ist nicht einfach. Denn dann greift das Weinlagengesetz aus dem Jahr 1970. Und dort steht, dass dazu die betroffene Gemeinde einen Ausschuss gründen muss.
Dieser Ausschuss besteht in der Regel aus dem Stadtbürgermeister, Winzern und einem Weinhändler und wird vom Stadtrat einberufen. Der Ausschuss muss sich schließlich für die Umbenennung aussprechen, der Stadtrat stimmt darüber ab. Das Landesministerium entscheidet letztlich.
Laut Claus Piedmont vom Weinbauamt der Landwirtschaftskammer geht die Geschichte der Lagenbezeichnung auf die 70er Jahre zurück. "1971 wurde die Lage neu festgelegt", sagt Piedmont. Flur zwei wurde Schlossberg, Flur drei Rausch, Bergschlösschen und Antoniusbrunnen. Vermutlich wurde damals übersehen, dass ein Teil der Flur zwei noch auf dem Berg der Flur drei liegt - so kommt der Schlossberg in die Lage Rausch. Aufgeflogen ist dies nun, nachdem die Verbandsgemeinde neu vermessen und die Lagen digitalisiert wurden.
Was ist das Problem der unterschiedlichen Lagennamen? "Ich muss die einzelnen Lagen getrennt ernten und in eigene Behälter tun", sagt Appel. Zudem dürfe man den Namen der Einzellage Saarburger Rausch nicht aufs Etikett der Flasche schreiben, in der Wein aus den Reben des kleinen Stückes Schlossberg seien. Ohnehin liefe heute der Trend eher hin zu größeren Einzellagen, bestätigt Winzerkollege Hans-Joachim Zilliken. Saarburger Rausch ist die Hauptlage des Weinguts. Er würde daher begrüßen, wenn alles zur Lage Rausch würde.
"Zurzeit ermittelt die Verwaltung die Grundstücksbesitzer für eine Versammlung", sagt Dixius. Auf dieser sollen der Stadt Ausschussmitglieder vorgeschlagen werden, die dann vom Stadtrat gewählt werden. Piedmont hält es für möglich, dass das Verfahren abgeschlossen ist, bevor im Zeitraum Januar, Februar der neue Jahrgang abgefüllt wird. "Dann wird den Winzern kein Nachteil entstehen", sagt er. Laut Statistischem Landesamt werden in Saarburg 40 Hektar bestockte Rebfläche bewirtschaftet - 98,6 Prozent davon sind Weißweinrebsorten (Stand 2007). Saarburger Weinberge gehören zum Weinanbaugebiet Mosel, Bereich Saar, Großlage Scharzberg. Die Einzellagen in Saarburg sind Antoniusbrunnen, Burg schlösschen, Fuchs, Klosterberg, Kupp, Laurentiusberg, Rausch und Schlossberg. Der Name "Rausch" hat nichts mit Alkohol zu tun, sondern kommt vom umgangssprachlichen Ausdruck "Rusche" für Geröll. Die Rausch ist vom Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) als Erste Lage klassifiziert - wie etwa auch Bockstein (Ockfen), Altenberg (Kanzem) oder der weltbekannte Scharzhofberg (Wiltingen). jka

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