Eine glückliche Familie trotz Behinderung

Diagnose Down-Syndrom. Diese Nachricht ist für die jungen Eltern aus Trier erst einmal ein Schock gewesen. Doch sie haben sich schnell damit arrangiert. Geholfen hat ihnen dabei die Liebe zu ihrem Kind.

Trier. Konstantin ist ein Wonneproppen: Blonde Haare, blaue Augen, neugierig schaut er allem hinterher, was sich bewegt. Und wenn sein Papa in die Hände klatscht, dann strahlt der Junge übers ganze Gesicht. Konstantin ist elf Monate alt und hat Down-Syndrom.Die Diagnose hatten Andrea Weich-Emblanc und ihr Mann David eine Woche nach der Geburt erhalten. "Einer Krankenschwester war aufgefallen, dass Konstantins Muskelspannung etwas fehlt und er eine sogenannte Sandalenfurche hat, der große Zeh steht etwas weg", erinnert sich die junge Mutter. Daraufhin äußerte eine Ärztin den Eltern gegenüber erstmals den Verdacht, dass Konstantin Down-Syndrom haben könnte. Spezielle Untersuchungen wie eine Fruchtwasseruntersuchung oder einen feineren Ultraschall während der Schwangerschaft hatte die damals 34-Jährige abgelehnt. Der Grund: "Das Ergebnis hätte keine Konsequenzen gehabt", sagt Andrea Weich-Emblanc. Die Schwangerschaft sei tipptopp verlaufen, das Baby habe sich gut entwickelt. Niemand habe an eine Behinderung gedacht. Ein Bluttest während des Wochenbetts brachte dann die Gewissheit: "Die Diagnose Down-Syndrom hat mir erst einmal den Boden unter den Füßen weggerissen", sagt die Mittdreißigerin. "Ich fiel in ein tiefes Loch." Ihr Gefühlswirrwarr könne sie nicht in Worte fassen. "Mein Mann gab mir Halt. Er hat super reagiert, hat direkt zu unserem Kind gestanden und mich unterstützt", sagt Andrea Weich-Emblanc. Er habe sich so verhalten, wie man es sich von einem Mann vorstelle. Und die Liebe zum süßen Konstantin holte seine Mama aus der Krise. "Wir haben uns dann schnell wieder auf die Beine gestellt", sagt sie. Hilfreich seien auch die Gespräche mit einer Psychologin sowie einer Heilpädagogin gewesen. "Die Heilpädagogin hatte bereits mit Down-Syndrom-Kindern gearbeitet und uns alle Fragen beantwortet." Quälend seien auch die Gedanken an die eigene berufliche Zukunft gewesen. "Kann ich je wieder als Personalreferentin in der Luxemburger Firma arbeiten?", hatte sich die Triererin oft gefragt. Heute besucht Konstantin seit vier Monaten an drei Tagen während der Woche die Krippe "Wichtelhaus". "Er hat sich sehr gut eingelebt", sagt David Emblanc. Da der fast Einjährige bis auf Schwierigkeiten mit dem Hören kerngesund ist, sei die Aufnahme kein Problem gewesen. Und die junge Mutter arbeitet wieder. Blöde Reaktionen hat die Familie noch nie bekommen. Im Gegenteil: Ihre Erfahrungen sind positiv. Freunden und Kollegen haben den Eltern ihre Unsicherheiten genommen: "Gleich nach der Geburt haben wir eine Mail gesendet, dass Konstantin Down-Syndrom hat und dass sie uns gratulieren und fragen können", erzählt David Emblanc. Beide Elternteile sind davon überzeugt, dass ein offener Umgang hilft. Sorgen um Konstantins Zukunft machen sich die Eltern nicht. "Wir gehen die Probleme an, wenn sie sich stellen", sagt Andrea Weich-Emblanc. Wichtig ist ihnen, dass sie sich in der Gesellschaft nicht für ein Kind mit einer Behinderung rechtfertigen müssen. "Behinderungen gehören dazu", betont die Mutter. Am Herzen liegt beiden, dass eine Diskussion in Gang kommt, wie Behinderung in der Gesellschaft bewertet wird und wie man mit pränatalen Tests umgeht. Der neue Bluttest, der das Down-Syndrom während der Schwangerschaft nachweisen kann (siehe Extra), sei eine Entwicklung, die ganz genau beobachtet werden müsse, sagt Konstantins Mutter. Dieser Test könne im schlimmsten Fall systematisch zur Selektion von Menschen mit Trisomie 21 führen, und Abtreibungen könnten zur Pflicht für werdende Mütter werden, "da ein solch ,nicht perfektes Leben\' der Gesellschaft nicht zuzumuten wäre". Eine öffentliche Diskussion sei immens wichtig. Vor allem aber auch eine Stellungnahme vonseiten der Politik, wie mit solchen Verfahren umgegangen werde. Schließlich werde die Testentwicklung mit öffentlichen Geldern gefördert. "Sie muss Stellung nehmen, inwieweit unsere Gesellschaft noch bereit ist, Anderssein als solches einfach anzunehmen und zu tragen", sagt Weich-Emblanc. Von Ärzten erwartet sie, dass sie immer pro Leben aufklären. "Denn es kann ein gutes Leben mit Behinderung geben", sagt David Emblanc. Konstantin wünschen sie, dass er glücklich wird und seinen Weg findet "in einer Welt, die ihn nicht von vorneherein aufgrund seiner Behinderung in seinen Möglichkeiten einschränkt."Extra

Menschen mit Down-Syndrom sind Menschen, die in jeder ihrer Zellen ein Chromosom mehr haben als andere, nämlich 47 statt 46 Chromosomen. Chromosom 21 ist dreifach vorhanden. Aufgrund dieses Chromosoms hat das Kind körperliche Besonderheiten: etwa im Bereich der Kopfform, der Augen und der Ohren. Organische Schäden wie Herzfehler oder Magen- und Darmstörungen treten häufiger auf. Die geistigen Fähigkeiten reichen von schwerer Behinderung bis zu fast durchschnittlicher Intelligenz. Quelle: Deutsches Down-Syndrom InfoCenter

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