Eine große Vision, aber kein Geld

Mit der Idee und einem entsprechenden Konzept, die Glockengießerei Mabilon in Saarburg zum Museum und Mehrgenerationenhaus umzubauen, haben die Saarburger eine ehrgeizige Vision entwickelt. Die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie wurden in nicht-öffentlicher Sitzung dem Ausschuss für Stadtentwicklung präsentiert.

 Jürgen Dixius und Anette Barth betrachten das Modell für den Umbau der Glockengießerei Mabilon. TV-Foto: Susanne Windfuhr

Jürgen Dixius und Anette Barth betrachten das Modell für den Umbau der Glockengießerei Mabilon. TV-Foto: Susanne Windfuhr

Saarburg. Das Thema Glockengießerei beschäftigt die Saarburger seit geraumer Zeit. Seit das Ehepaar Marlies und Wolfgang Hausen-Mabilon 2004 aus Altersgründen die Produktion in dem einzigartigen Handwerksbetrieb im Saarburger Staden eingestellt hat, steht die Frage im Raum, was aus diesem kulturhistorischen Vermächtnis wird. "Ein Kleinod in der Region"

Für Führungen, den Verkauf von Glocken als Souvenirs und für kulturelle Veranstaltungen - wie zuletzt beim Mundart-Theaterfestival am vergangenen Wochenende - hält das Ehepaar die Stätte geöffnet. "Die Glockengießerei ist ein Kleinod, ein Alleinstellungsmerkmal für unsere Region, das zweifelsohne erhaltenswert ist. Allerdings ist genau das problematisch", sagt Stadtbürgermeister Jürgen Dixius im Gespräch mit dem TV.Bereits vor drei Jahren habe das Ehepaar der Stadt angeboten, ihr die Glockengießerei zu verpachten beziehungsweise zu verkaufen. "Aus eigener Kraft können wir das nicht finanzieren", konstatiert Dixius. Als Minister Hendrik Hering im vergangenen Jahr bei einem Besuch in der Glockengießerei in Aussicht stellte, das Land unterstütze finanziell eine Machbarkeitsstudie, gab die Stadt Saarburg gemeinsam mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier eine solche Untersuchung bei einem Düsseldorfer Fachbüro in Auftrag. Die Ergebnisse präsentierte Jürgen Dixius gemeinsam mit Anette Barth, Kulturbeauftragte der Stadt, jetzt in nicht-öffentlicher Sitzung vor dem Ausschuss für Stadtentwicklung. In der Untersuchung heißt es: "Die Machbarkeitsstudie tritt entschieden für den Erhalt und die Umnutzung der Glockengießerei ein." Dabei hat das Büro ein Nutzungskonzept auf Basis eines von Barth eingereichten Vorschlags konzipiert. Barth: "Mir schwebt ein Vier-Säulen-Modell vor, nachdem die Glockengießerei zur Kultur-, Bildungs-, Veranstaltungs- und sozialen Stätte umgewandelt wird."Den Ist-Zustand konservieren

Nach dem Modell der Fachleute würde die Glockengießerei außen und innen als Museum in ihrem Ist-Zustand konserviert. Ergänzt würde das Gebäude an der Seite, wo heute Garagen und Abstellfläche in Besitz der Mabilons ist, durch einen gläsernen Anbau. Darin untergebracht wären in mehreren Räumen auf zwei Etagen: ein Foyer-Bereich mit Kasse, Garderobe und Toiletten in Ergänzung zu dem Museumsbereich, eine Lehrküche, Cafeteria, Arbeits- und Besprechungsräume sowie ein Veranstaltungssaal für bis zu 80 Personen, aber auch eine Lehrküche und eine Bibliothek und ein Archiv, für das die Hausen-Mabilons wertvolle Literatur, Reparaturanweisungen und gesammelte Schriften rund um das Thema Glockengießen zur Verfügung stellen würden. "So könnte das Gebäude zum einen unabhängig als Museum, zum anderen als Mehrgenerationenhaus genutzt werden, in dem wir unterschiedliche Zielgruppen zusammenführen", erläutert Barth. "Es gibt doch heute schon die Mittagstische von Senioren in Saarburg. In einer Lehrküche könnte man sie beispielsweise für andere Senioren kochen lassen oder auch für Kinder, die hier stundenweise zur Betreuung herkommen könnten. Durch unser ,Lokales Bündnis für Familie' haben wir bereits das gesamte Netzwerk verschiedener sozialer Gruppen und Einrichtungen. In einem solchen Gebäude könnten wir sie auf unterschiedliche Art und Weise zusammenbringen", schildert die Kulturbeauftragte ihre Vision. Einen entsprechenden Förderantrag für ein Mehrgenerationenhaus hat das Saarburger "Bündnis für Familie" - wie auch die Pfarrgemeinde Hermeskeil - beim Bundesfamilienministerium eingereicht. In jedem Landkreis soll nur ein solches Projekt mit 40 000 Euro über fünf Jahre bezuschusst werden. Eine Entscheidung, wer den Zuschlag bekommt, fällt frühestens im August. Allein der Anbau kostet nach groben Schätzungen Dixius' zwischen einer und zwei Millionen Euro. Den jährlichen Zuschussbedarf für die Unterhaltung schätzt er auf 100 000 bis 200 000 Euro - nicht zu schultern für die Stadt. "Deshalb wollen wir versuchen, eine Stiftung zu gründen und Sponsoren aus ganz Deutschland für das Projekt zu gewinnen", sagt er. Meinung Die Vision verwirklichen Die wichtigste Botschaft, die einige Verantwortungsträger aus Saarburgs Politik und Kultur seit geraumer Zeit versuchen, in die Köpfe der Menschen aus der Region zu bringen, ist nun von neutraler Seite von außen bestätigt worden: Die Glockengießerei Mabilon darf nicht in einen Dornröschenschlaf verfallen. Sie muss erhalten bleiben und - entsprechend geänderter Vorzeichen - als identitätsstiftendes Kulturdenkmal zu einem Gebäude und einer Einrichtung mit erweiterter Funktion umgewandelt werden. Nicht nur, weil sie für Saarburg und die gesamte Region in ihrer Einzigartigkeit ein Alleinstellungsmerkmal mit hohem Vermarktungswert bedeutet. Sondern auch, weil das Gebäude samt angrenzendem Gelände - wie anhand des Modellentwurfs gezeigt - großes Potenzial besitzt - für ein Museum einerseits und ein wünschenswertes Mehrgenerationenhaus andererseits. Hinsichtlich der Kosten scheint das Projekt utopisch, von Idee und Konzeption her reizvoll und durchaus realistisch. Deshalb sollten - unabhängig von der Entscheidung in Berlin - in der nächsten Zeit möglichst viele die "Köpfe zusammenstecken" und nach Möglichkeiten forschen, wie ein solches Projekt finanziell zu stemmen ist - damit es nicht bei einer schönen Vision bleibt. s.windfuhr@volksfreund.de

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