Eine Tür gibt Rätsel auf

SCHÖNECKEN/KOBLENZ. Das Rätselraten dauert an: Bislang ungeklärt bleibt der Unfall vom Dienstag in Schönecken, bei dem ein neunjähriger Schuljunge aus einem fahrenden Linienbus stürzte (TV vom 16. März).

Glimpflicher Ausgang: Der Verdacht auf schwerere Verletzungen bei dem verunglückten Jungen aus Lasel hat sich nicht bestätigt - trotz kurzzeitiger Erinnerungslücken, von denen sein Vater gestern dem TV berichtete. Das Kind ist wieder daheim - das ist die gute Nachricht. Erheblich beunruhigender aber ist der Umstand, dass sich bisher niemand erklären kann, warum die hintere Tür des Linienbusses (Typ: MAN-NL 202, Baujahr 1991) plötzlich aufsprang - und das bereits zum zweiten Mal in eineinhalb Jahren. Erst im Dezember 2004 war ein siebenjähriges Mädchen beim gleichen Malheur verletzt worden.Nichts Konkretes, kein Ergebnis

"Ich wünschte, ich könnte Konkreteres zu diesem Fall sagen", bekennt Gabriele Rau, Pressesprecherin der Rhein-Mosel-Verkehrsgesellschaft (RMV), Auftraggeber des Busunternehmens Krakau aus Bitburg. "Weil uns das sehr beruhigen würde." Dem Laien sei es einfach unverständlich, warum eine solche Tür ohne Einwirkung aufspringen könne. Der Bus sei erst im Januar vorschriftsgemäß überprüft worden. Nach Stand der Ermittlungen hätten die Kinder nicht gegen die Tür gedrückt, auch der Nothebel sei nicht betätigt worden. Zudem sei die Doppel-Flügeltür, die beim Schließen fest angepresst wird, von Hand kaum zu öffnen: "Da müssten Sie schon eine irre Gewalt anwenden." Aber nicht nur der Laie rätselt: Offenbar sind auch die Experten überfordert. Bereits beim ersten Vorfall im Dezember 2004 hatte die Dekra das Fahrzeug untersucht. Das Ergebnis lautete: kein Ergebnis. "Das ist der augenfälligste Punkt an der ganzen Geschichte", sagt Gabriele Rau. Auch in der ersten Überprüfung kurz nach dem Unfall von Schönecken haben die Fachleute keinen technischen Mangel feststellen können. "Jetzt wird der Bus ausführlicher untersucht", sagt die RMV-Sprecherin. "Aber Ergebnisse sind erst in zwei bis drei Wochen zu erwarten." Selbst beim Nutzfahrzeug-Hersteller MAN können sich die Verantwortlichen für die Tür-Technik keinen Reim auf den Vorfall machen. Beim Anruf in Salzgitter muss auch Konstruktions-Chef Herbert Heidemann zunächst passen - und spekulieren: "Vielleicht könnte die Tür bei einem heftigen Stoß aufgehen, wenn der Bus zum Beispiel über einen Huckel gefahren ist." Auch beim Hersteller will man sich nun näher mit dem "Fall Schönecken" befassen. Ansonsten hat Heidemann nur eine Empfehlung: "Das Ding ist schon 15 Jahre alt. Am besten sollte man es vielleicht verschrotten. Die ganze Technik hat sich seitdem total weiterentwickelt." Am Donnerstag meldet sich Bernhard Scheuern: Der KFZ-Meister aus Prüm hat jahrzehntelang bei der Firma Conrady Busse und LKW repariert. Seine Theorie: Verschlissene Leitungskabel könnten sich berührt und den Tür-Mechanismus ausgelöst haben. Auch die Kontroll-Leuchte, die dem Fahrer einen Fehler signalisiert, müsse überprüft werden. Zudem verfüge ein Bus über eine Sicherheitsvorkehrung, die eine Tür sofort öffnet, falls jemand droht eingeklemmt zu werden. "Kann ja sein, dass einer den Fuß in der Tür hatte", meint Scheuern. "Und dann geht die auf." Konsequenz der RMV: "Wir werden alle Auftragnehmer anweisen, jeden dieser Busse zur Untersuchung zu schicken", sagt Gabriele Rau. "Die Fahrzeuge sind alle aus dem Verkehr gezogen. Wir sind jetzt deutlich sensibilisiert - gerade, was diesen Typ angeht. Das wird jetzt durch die ganzen Prüfungsinstanzen gehen."

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