Er tritt seinen Wein mit Füßen

KONZ-OBEREMMEL. Von Kettwig/Ruhr aus einmal fast um die halbe Welt, dann nach Oberemmel und dort ein Weingut gründen – das ist ein wesentlicher Teil des bisherigen Lebens von Moritz Gogrewe, gelernter Koch, Hotelfachmann und Winzermeister. "Ich bin ein Ein-Mann-Betrieb und mache alles mit dem Kopf, den Händen und den Füßen." Doch dazu später.

Der 35-Jährige hat sich mit viel Mut, Selbstvertrauen, Fleiß und - Zitat Gogrewe - auch ein wenig Blauäugigkeit einen Lebenstraum erfüllt: Arbeiten in und mit der Natur und vor allem selbstständig und als freier Mann. Der Weg dahin führte ihn aus dem Ruhrgebiet zunächst an die Ahr, von dort über Italien nach Südafrika und schließlich in ein Zelt im Landal Green Park in Saarburg. Da hatte er zwar weder Weingut noch Wohnung, aber immerhin schon per Fernkauf und Fernpacht ein paar Parzellen mit Rebstöcken.Weinbau stand nicht auf dem Programm

Dabei standen Weingut, Winzer oder gar Winzermeister ursprünglich überhaupt nicht in seinem Lebensprogramm: "Die erste Rebe in meinem Leben habe ich am 1. Juli 1995 im Weingut Adeneuer in Ahrweiler gesehen."

Da hatte er bereits die Berufe des Kochs und des Hotelfachmanns erlernt. Dann stellte er fest: "Es muss doch noch etwas anderes geben, als 200 oder 300 Essen zu zelebrieren." Etwas im Grünen oder mit Grünem sollte es sein, Förster oder so etwas Ähnliches. "Aber da standen die Chancen noch schlechter als schlecht. Und weil das so war, absolvierte ich zuerst ein Praktikum und dann eine Winzerlehre im Weingut Adeneuer." 1997 zog es ihn weg. Er ging nach Italien. Im Weingut Ispoli in Mercatale "lernte ich noch viel hinzu".

Sein seit der Arbeit mit Reben und Wein geweckter Wissensdurst ließ ihm keine Ruhe. Ihn zog es zurück an die Ahr, wo er zwei Jahre lang in einem Weinlabor arbeitete. Zwischen 2001 und 2003 machte er seinen Winzermeister und arbeitete als Außenbetriebsleiter in Wiltingen - bis er den Anruf bekam, der ihn einige tausend Kilometer um die Welt führen sollte.

Moritz Gogrewe: "Die Welt ist klein, und die des Weins ist noch kleiner. Am Telefon war der Kellermeister von Ispoli. Er fragte mich, ob ich Lust hätte, nach Südafrika zu gehen."

Da rief Moritz Gogrewe zuerst einmal in Südafrika an, dann schrieb er seine Bewerbung. "Kurz darauf war alles perfekt. Ich flog nach Kapstadt."

Ende April 2004 kam der Anruf aus Deutschland: "Ich wurde gefragt, ob ich in Oberemmel einen Weinberg übernehmen wolle. Ich hab' Ja gesagt, gekündigt und bin zurückgeflogen."

Da hatte er nun einen Weinberg, aber außer seinem wahrhaft grenzenlosen Optimismus nahezu nichts: keine Wohnung, keine Gerätschaften und erst recht weder Kelterhaus noch Kelter oder Weinkeller.

Das Wohnungsproblem löste er umgehend und so praktisch, wie er Probleme bisher gelöst hatte: Er kaufte ein Zelt, bezog einen Platz im Landal Green Park in Saarburg. Oberemmeler Winzer (Gogrewe: "Das sind alles tolle Leute hier, die haben mir mit allem geholfen. Sogar einen Trecker haben sie mir geliehen") machten ihn auf ein kleines Weingut aufmerksam, dessen Besitzer kurz zuvor gestorben war, und vermittelten einen Kontakt zu dessen Witwe.

Man war sich schnell handelseinig. Gogrewe pachtete das Kelterhaus, suchte sich eine "richtige" Wohnung, bearbeitete seinen ersten Weinberg und kaufte und pachtete andere Parzellen hinzu - "alles kleine Stücke, aber mit teils hervorragendem Bestand".

Mittlerweile hat er rund 1,5 Hektar "im Ertrag", und den Wein von weiteren zwei Hektar wird man "so um 2009/2010 genießen können". Auf 1400 Quadratmetern hat er Frühburgunder angepflanzt. Gogrewe: "Auf der ganzen Welt gibt es nur rund 40 Hektar davon, und 20 Hektar stehen an der Ahr."

Gogrewe weiß, dass seine Weinberg-Stücke ihm ungeheuer viel abverlangen. "Es sind Steil- und Steilstlagen, die heutzutage kaum noch jemand bewirtschaften will. Dabei war das hier", er zeigt auf die Lage Oberemmeler Altenberg, "nach der unter Napoleon vorgenommenen Einstufung eine so genannte Grand-Cru-Lage. Meine Weinstöcke sind im Durchschnitt 35 Jahre alt, und sie liefern einen hervorragenden Wein." Einen Wein, "den ich nicht im Keller mache, sondern im Weinberg. Dafür bin ich in meinem Ein-Mann-Betrieb seit April dieses Jahres nahezu ununterbrochen bei der Arbeit. Meine Freundin hilft mir, wenn sie Zeit hat. Das ist aber selten, im Augenblick hat ihr Studium Priorität."

Und wenn es in die Lese geht? "Dann helfen Kumpel und Freunde, allein ist das nicht zu schaffen." Übrigens: In Moritz Gogrewes Kelterhaus steht keine mechanische Presse: "Wir machen das wie früher - mit den Füßen."

Alle Weine, rund 4000 Liter je Hektar Anbaufläche, werden ohne Anreicherung im Holzfass ausgebaut. Gogrewe: "Ich mache Wein mit dem Wissen von heute und der Technik von gestern."

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