Erneut Fische mit Schadstoffen in der Saar

Wann arbeiten die Anrainer von Saar und Mosel endlich zusammen? Das fragen Vertreter der Angler seit 2009, wenn es um den Umgang mit belasteten Fischen aus beiden Flüssen geht. Nun hat das Saarland erneut vor Fischen gewarnt, die mit dem Umweltgift PCB belastet sind. Während dort weiter nach der Ursache gesucht wird, ist erstmals eine gemeinsame Empfehlung in Planung.

 Reinwerfen oder mitnehmen? Viele Angler sind durch unterschiedliche Angaben verunsichert, welchen Fisch sie essen dürfen. TV-Foto: Archiv/Dirk Tenbrock

Reinwerfen oder mitnehmen? Viele Angler sind durch unterschiedliche Angaben verunsichert, welchen Fisch sie essen dürfen. TV-Foto: Archiv/Dirk Tenbrock

Schoden/Saarbrücken/Mainz. Angler sollten weiterhin vorsichtig sein, wenn sie Fische aus der Saar essen. Dazu rät das saarländische Umweltministerium. Eine Analyse von Proben, die Ende April und Anfang Mai entnommen wurden, habe erneut PCB (polychlorierte Biphenyle, siehe Hintergrund) in Fischen nachgewiesen.
Brassen sowie größere Döbel und Rotaugen sollten demnach nicht auf dem Teller landen. Zudem sollten Fische grundsätzlich ohne Haut gegessen werden, da die Schadstoffe im Fett direkt unter der Haut gespeichert werden und so mitgegessen würden. Die Proben stammen aus Burbach, Lisdorf, Rehlingen und Mettlach (siehe Extra).
Normalerweise sucht das saarländische Umweltministerium nur alle vier bis fünf Jahre nach Schadstoffen in Fischen und Flüssen. Dass nun nach 2010 erneut Proben genommen wurden, liegt daran, dass Frankreich 2009 sogar verboten hat, Moselfisch zu essen, weil dieser mit dem Umweltgift PCB belastet war.
Der Landespräsident des Deutschen Anglerverbands, Georg Ohs aus Schoden bei Saarburg, ist empört über den erneuten Alleingang der Saarländer. Seit 2009 fordern die Angler bereits eine gemeinsame Erklärung, wenn es um die Belastung der Fische geht, um Angler, Gastronomen und Verbraucher nicht immer wieder aufs Neue zu verunsichern. "Warum kocht jeder immer noch sein eigenes Süppchen?", fragt er.
Nach Angaben des saarländischen Umweltministeriums ist damit bald Schluss. Es habe bereits im vergangenen Jahr Gespräche mit Rheinland-Pfalz, Luxemburg und Frankreich gegeben, wie man in Zukunft gemeinsam mit dem Problem umgeht. "Nach den Sommerferien werden die aktuellen Daten ausgetauscht und besprochen. Ziel ist eine abgestimmte Verzehrempfehlung", sagt Pressesprecherin Sabine Schorr.
Ohs hält dies für "längst überfällig". Er betont aber auch: "Wenn gemeinsame Empfehlungen herausgegeben werden, dann sollen auch einheitliche Untersuchungen stattfinden." Zudem fordert er die saarländischen Behörden auf, "ihre Hausaufgaben zu machen" und die Ursache der Umweltbelastung zu finden. Nach der jüngsten Untersuchung ist die Herkunft des Umweltgiftes unklar. Das Grubenwasser, bisher als Quelle im Verdacht, ist weitaus weniger mit PCB belastet als bisher angekommen.
Dass ein gemeinsames Merkblatt in Arbeit ist, auf dem steht, welche Fische wie oft gegessen werden können, bestätigt das rheinland-pfälzische Umweltministerium. "Wir begrüßen das auch auf jeden Fall. Wir wollten das schon immer und sind froh, dass das Saarland jetzt auch so weit ist", gibt das Ministerium auf TV-Anfrage bekannt. Die Untersuchungen würden bereits koordiniert. Eine gemeinsame Untersuchung mit einem gemeinsamen Labor sei aber schwierig und der Aufwand nicht gerechtfertigt.
Die aktuellen rheinland-pfälzischen Empfehlungen für Saar- und Moselfische, die seit April 2010 Bestand haben, gelten weiterhin (siehe Extra).
Für die Fischerfeste, die in den kommenden Tagen und Wochen in der Region anstehen, gibt Ohs Entwarnung. "Rotaugen, die da auf den Teller kommen, sind junge, fettarme Fische." Diese werden für ein solches Fest von einem Mosel-Berufsfischer gekauft. Ohs: "Sie können bedenkenlos verzehrt werden. Schließlich bieten wir den Gästen nichts an, was wir nicht selbst auch essen würden."Meinung

Es geht nur gemeinsam
Es ist zunächst so wie im vergangenen Jahr: Das Saarland warnt, Rheinland-Pfalz verweist auf die eigenen Verzehrempfehlungen. Das Ergebnis: Verbraucher sind verunsichert, Angler in Erklärungsnot, und Berufsfischern und Gastronomen kann es an die Existenz gehen. Die Lösung kann nur sein: Europäisch denken, europäisch handeln. Vor allem in der Kommunikation der Ergebnisse, aber auch in der Ursachenforschung. Eine gemeinsame Verzehrempfehlung, wie sie nun angedacht ist, ist daher der längst notwendige und einzig richtige Schritt. Denn er ist einer, der der Realität gerecht wird. Von Landes- und Staatsgrenzen haben die Fische, um die es geht, schließlich keinen blassen Schimmer. j.kalck@volksfreund.de
Extra: Die saarländische Untersuchung


Es wurden neun Fischarten untersucht: Brassen, Döbel, Rotaugen, Barsche, Forellen, Barben, Welse, Schleien und Hechte. Grenzwerte wurden vor allem bei Brasse, Wels und Döbel überschritten - je älter und schwerer, desto höher. Auch auf Aale sollte verzichtet werden. Die Warnung gilt auch für die Blies unterhalb von Neunkirchen. In Rheinland-Pfalz gilt weiterhin die Verzehrempfehlung des Landes für Saar und Mosel ("Merkblatt für Angler"), abrufbar unter www.wasser.rlp.de, Kategorie Fischerei. dpa/jka
Extra: PCB


Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind dem Dioxin ähnliche Substanzen, die in der Industrie als Isolier- oder Kühlmittel eingesetzt wurden. PCB bleiben wegen ihrer Stabilität lange nachweisbar. Sie reichern sich im Fettgewebe an und können zu Krebserkrankungen, Hormonstörungen, Unfruchtbarkeit, Hautschäden und Störungen des Immunsystems führen. Sie zählen zu den als "dreckiges Dutzend" bekannten organischen Giftstoffen, die durch die Stockholmer Konvention 2001 weltweit verboten wurden. jka

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