Erst Weltmeister, dann Bademeister

KONZ. Mit Wehmut schaut Slava Grischov manchmal zum Sprungturm. Dann und wann erklimmt er den Fünfer, um sich mit kunstvollen Flugfiguren ins Becken zu stürzen. Was Zuschauern staunen lässt, war einst das Leben des Konzer Schwimm-Meisters.

Nachmittags um vier im Konzer Freibad: Regen prasselt aufs Wasser, rundherum ist es relativ ruhig. Am Beckenrand steht Slava Grischov, der normalerweise um diese Zeit alle Hände voll zu tun hat. Der 36-Jährige ist leitender Schwimm-Meister im Konzer Hallen- und Freibad. "Am Springerbecken muss man besonders aufmerksam sein", sagt er. Hier könne am meisten passieren. Grischov weiß, wovon er spricht. Schließlich hat er einen Großteil seines Lebens auf Sprungtürmen in der ganzen Welt verbracht, um sich mit kunstvollen Flugfiguren aus mehreren Metern Höhe ins Wasser zu stürzen. Und er war erfolgreich. Die Liste seiner Titel ist lang: Mehrfacher sowjetischer Jugend-Landesmeister, Vize-Europameister und zweifacher Weltmeister in der Masters-Klasse sind nur einige. Doch bis dahin war es ein langer, mitunter steiniger Weg. 1967 in der Nähe von Moskau geboren, kam Grischov als Neunjähriger ins Sportinternat. Von da an bestimmte das Kunstspringen sein Leben, obwohl er ursprünglich lieber nur geschwommen wäre. "Zum Wettkampfschwimmen war ich damals aber zu klein." Also habe er fortan mit Feuereifer jeneBretter erklommen, die für ihn im wörtlichen Sinn die Welt bedeuteten. Sportlicher Ehrgeiz, eiserner Wille zum Durchhalten und schließlich der Erfolg bescherten dem jungen Grischov zu Zeiten der Sowjetherrschaft das Privileg der Reisefreiheit. Zunächst innerhalb der UdSSR, später auch darüber hinaus. Von 1983 an war er Mitglied der Nationalmannschaft im Kunst- und Turmspringen. Internationale Wettbewerbe führten ihn in die ganze Welt. Doch das Leben für den Sport, dem er einen Großteil seiner Jugend opferte, zehrte an seiner Kraft. "Sicher hatte ich meine Vorteile. Aber ich wollte endlich das Leben genießen", sagt er. Dann schlug das Schicksal zu: Bei einem Autounfall 1987 brach er sich elf Rippen. Die Verletzungen habe der damals 20-Jährige zum Anlass genommen, seine Karriere in der Nationalmannschaft zu beenden. "Allerdings hatte ich bis dahin auch ein wenig die Lust am Wettkampfsport verloren." Drei Jahre später machte sich Slava Grischov auf den Weg in Richtung Westen. "Ich wollte die Welt kennen lernen", sagt er. Die Welt, das sei zunächst eine kleine Wohnung in der Nähe von Landstuhl gewesen. Dort habe er erst einmal die deutsche Sprache erlernt. "Dann wollte ich arbeiten, um mich in dem für mich noch fremden Land nicht nutzlos zu fühlen." Eine seiner ersten Stellen bekam er als Schwimmtrainer bei einem Mainzer Schwimmverein, wo er fünf Jahre lang tätig war. 1995 wechselte Grischov als Trainer zum Schwimmsportverein Trier. Gleichzeitig wurde im Konzer Hallen- und Freibad eine Stelle als Bademeister frei, die der damals 28-Jährige bekam. Die Zeit in der "neuen Welt" nutzte der Sportler auch, um durch mehr oder weniger regelmäßiges Training weiter an seinen Sprüngen zu feilen. "Denn das Kunstspringen habe ich im Blut", betont er. Und die Erfolge scheinen ihm Recht zu geben. 1998 gewann er die Masters-WM in der Altersklasse ab 25 Jahren in Casablanca - und zwar gleich dreifach: vom Ein-, Drei- und Zehnmeterbrett. Zwei Jahre später konnte er dieses großartige Ergebnis bei denMilleniums-Weltmeisterschafte in München wiederholen.Zahlreiche Erfolge

Zahlreiche Erfolge bei Wettbewerben im In- und Ausland ließen die Zahl seiner Medaillen und Auszeichnungen stetig wachsen. "Nach München spürte ich aber, dass es an der Zeit ist, aufzuhören." Zwar habe er kurzzeitig darüber nachgedacht, im folgenden Jahr bei der WM in Neuseeland erneut den Sprungturm zu erklimmen. "Doch nach so langer Zeit als Leistungssportler ist man ausgepumpt." Slava Grischov wohnt mit seiner Lebensgefährtin und drei Kindern in einer Wohnung gleich neben dem Konzer Schwimmbad. Auch ohne den Leistungssport hat er eine Menge zu tun. Neben seiner Arbeit als leitender Schwimm-Meister trainiert er seit inzwischen fünf Jahren eine Jugendfußballmannschaft des SV Konz. Dort ist er auch stellvertretender Jugendleiter. Auch beruflich hat er viel mit Kindern und Jugendlichen zu tun. Beispielsweise wenn er Schwimmkurse im Konzer Bad erteilt. Da komme ihm seine Erfahrung als Kunstspringer zugute. "Manchmal, wenn die Kleinen sich nicht richtig trauen, springe ich ihnen was vor." Dann seien die Kinder oft so fasziniert, dass es einen Motivationsschub in ihnen auslöse. "Manche, die anfangs Angst vor dem Wasser hatten, springen heute wie der Teufel vom Dreier", freut er sich. Am Montag in "Trier-Saarburg - ganz nah": Bericht über die Aktion der DLRG Nittel auf der Obermosel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort