Erster Schritt zum Bürgerentscheid: Eltern aus Mandern und Hentern kämpfen für Erhalt ihrer Grundschulen

Mandern/Hentern · Die Grundschulen in Mandern und Hentern dürfen nicht geschlossen werden: So sieht es eine Mehrheit der Eltern aus den betroffenen Dörfern. Einige von ihnen wollen nun den Beschluss des Verbandsgemeinderats Kell aushebeln und die Bürger selbst entscheiden lassen. Dafür sammeln sie ab kommender Woche Unterschriften.

 Esther Marx (links) und Miriam Grünewald-Kneer zeigen die Zettel, mit denen sie bei Bürgern der VG Kell am See um Unterschriften für den Erhalt der Schulen in Mandern (im Hintergrund) und Hentern werben wollen.

Esther Marx (links) und Miriam Grünewald-Kneer zeigen die Zettel, mit denen sie bei Bürgern der VG Kell am See um Unterschriften für den Erhalt der Schulen in Mandern (im Hintergrund) und Hentern werben wollen.

Foto: Christa Weber

"Wir wollen sagen können, dass wir alles versucht haben", sagt Miriam Grünewald-Kneer. Sie gehört zu den drei Unterzeichnern eines Dokuments, mit dem sich Eltern aus Mandern und Hentern gegen die geplante Schließung ihrer Grundschulen wehren möchten. Sie haben ein Bürgerbegehren vorbereitet. Diese Unterschriftensammlung ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem möglichen Bürgerentscheid (siehe Extra). Wenn es dazu kommt, könnten die Bürger der Verbandsgemeinde (VG) Kell am See selbst darüber abstimmen, ob sie das vom VG-Rat beschlossene Grundschulkonzept unterstützen oder ablehnen.

Das Gremium hatte im Juli entschieden, dauerhaft nur noch zwei Schulstandorte in Zerf und Schillingen erhalten zu wollen (der TV berichtete mehrfach). Die Schule Hentern/Lampaden soll ab 2017/18 aufgegeben werden. Die Schüler aus Hentern, Lampaden, Paschel, Baldringen und Schömerich sollen künftig in Zerf unterrichtet werden. Sobald dort oder in Schillingen genug Räume frei sind, soll auch die Schule Mandern/Waldweiler schließen.
Begründet wurde der gemeinsame Antrag aller Ratsfraktionen mit zurückgehenden Schülerzahlen und der Möglichkeit, die zwei verbleibenden Standorte besser auszustatten.

Bei Eltern, Lehrern und Vertretern der betroffenen Ortsgemeinden hat dieser Beschluss Protest ausgelöst. Sie sehen "keine Dringlichkeit", ihre Schulen zu schließen. Sie verweisen auf "konstante Schülerzahlen" für die nächsten Jahre, auf eine gute Nachmittagsbetreuung, und sie halten das VG-Konzept für unausgereift. Mit dem Bürgerbegehren wollen sie die Schließungen verhindern. "Wir haben in Hentern ein gut funktionierendes System", sagt Miriam Grünewald-Kneer, die Vorsitzende des Elternbeirats ist. "Es lohnt sich einfach, dafür zu kämpfen."

Auch Esther Marx, Vorsitzende des Elternbeirats in Mandern, unterstützt den Protest. In Mandern seien die Eltern Anfang Oktober über den VG-Beschluss informiert worden. "Eine große Mehrheit hat uns den Auftrag erteilt, dass wir uns an dem Begehren beteiligen." Vieles an dem Schulkonzept sei nicht nachvollziehbar, sagt Marx. Aus dem Beschluss gehe zum Beispiel nicht hervor, ob die Schüler aus Mandern und Waldweiler, die schon gemeinsam den Kindergarten besuchten, künftig voneinander getrennt würden.

Kommende Woche soll es mit der Sammlung losgehen. 703 Unterschriften sind notwendig, damit sich der VG-Rat erneut mit dem Thema befasst (siehe Extra). "Wir gehen von Tür zu Tür, auch in den nicht direkt betroffenen Orten", sagt Grünewald-Kneer. Zusätzlich wolle man die Listen in Geschäften auslegen. "Wir müssen Gas geben", weiß die Elternbeirätin. Denn das Begehren muss spätestens am 14. November eingereicht sein.

Die Ortsbürgermeister aus Hentern, Paschel, Lampaden, Baldringen und Mandern unterstützen die Aktion der Eltern. Sie haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme an die ADD in Trier gegen die Schließung der Schulen ausgesprochen. Die Landesbehörde muss über den Antrag der VG Kell entscheiden. Die Ortschefs kritisieren in ihrem Brief, dass der VG-Rat eine "Politik am Willen der Bevölkerung vorbei" betreibe. Es liege keine "schriftliche Konzeption mit Fakten und Gegenüberstellen von zu erwartenden Kosten" vor, die die Schulschließungen "rechtfertigen" würde. Auch sei keine "pädagogische Begründung" gegeben worden.

Für den Manderner Ortschef Tim Kohley ist "nicht nachvollziehbar, warum das alles vor Abschluss der Kommunalreform sein muss". Die VG Kell wird spätestens 2019 aufgelöst und muss bis Ende dieses Jahres erklären, mit welcher Verbandsgemeinde sie sich zusammenschließen will (der TV berichtete). Der Fusionsausschuss favorisiert die VG Saarburg. "Es scheint schon abgesprochen, dass die Saarburger das Schulkonzept übernehmen", sagt Kohley.
Die VG Kell hat vorher aber noch zwei Dinge zu klären. Vorher kann laut ADD das Verfahren für die Schulschließung nicht eingeleitet werden: Die VG müsse festlegen, ob die Kinder aus Lampaden künftig in Zerf oder Schillingen unterrichtet werden sollen. Zu klären sei außerdem, ob die verbleibenden Klassen in Hentern dort noch ihre Grundschulzeit beenden dürfen. Beides ist laut Bürgermeister Martin Alten noch offen: "Der VG-Rat wird sich damit in einer der nächsten Sitzungen befassen."Extra

Wollen Bürger über eine Angelegenheit ihrer Orts- oder Verbandsgemeinde selbst entscheiden, können sie einen Bürgerentscheid beantragen. Dieser Antrag heißt Bürgerbegehren. Die Gemeindeordnung von Rheinland-Pfalz regelt im Paragrafen 17a, wie dabei vorzugehen ist: Das Bürgerbegehren muss schriftlich bei der Verwaltung eingereicht werden. Das muss spätestens vier Monate nach dem Ratsbeschluss geschehen, gegen den es sich richtet. Das Begehren muss die zu entscheidende Angelegenheit in Form einer mit ,Ja‘ oder ,Nein‘ zu beantwortenden Frage und eine Begründung enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die das Begehren vertreten. Für die Zulässigkeit müssen seit dem 1. Juli 2016 bei Gemeinden unter 10 000 Einwohnern neun Prozent der bei der letzten Wahl wahlberechtigten Einwohner unterzeichnen. In der Verbandsgemeinde Kell am See waren 2014 zur Kommunalwahl 7811 Bürger stimmberechtigt. Ein Bürgerbegehren, den VG-Ratsbeschluss zur Schließung der Henterner und Manderner Grundschulen aufzuheben, müssten somit 703 Bürger unterzeichnen. Dann müsste sich der VG-Rat mit dem Thema erneut befassen. Bleibt er bei seinem Beschluss, folgt ein Bürgerentscheid. Bei dieser Abstimmung müssten dann eine Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen und mindestens 15 Prozent aller Stimmberechtigten gegen die Schließung der Schulen votieren.

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