Es fährt kein Zug nach Türkismühle

"Der rote Brummer pausiert": Das kündigt eine Tochtergesellschaft der teilweise insolventen Unternehmensgruppe Hochwaldbahn (HWB) an. In diesem Jahr würden keine historischen Schienenbusse auf der Bahntrasse von Hermeskeil nach Türkismühle rollen. Grund seien Brückenbauarbeiten. Was dabei nicht erwähnt wird: Nach Angaben des Landes hat die HWB für die Strecke überhaupt keine Betriebsgenehmigung mehr.

Hermeskeil. Vor dem Bahnhof Hermeskeil steht ein Zug mit dem Schriftzug der Firma HWB, die seit Sommer 2012 teilweise insolvent ist. Fest steht: Das als "roter Brummer" bekannte Gefährt wird sich 2013 definitiv nicht Richtung Türkismühle in Bewegung setzen (siehe Extra).

Die Pressemitteilung: "Wegen Brückenbauarbeiten können in diesem Jahr keine Fahrten im historischen Schienenbus auf der Strecke Hermeskeil-Türkismühle angeboten werden. Entgegen der Ankündigung in den Fahrplänen des Saar-Hunsrück Express müssen auch die ab Juli angesetzten Fahrten ausfallen, da sich die für die Befahrbarkeit der Strecke erforderlichen Brückenarbeiten verzögern", heißt es seitens der Heinrichsmeyer Eisenbahndienstleistungen - eine weitere Gesellschaft im komplizierten Geflecht der HWB. Auf dem Abschnitt Hermeskeil-Türkismühle will sie "die Verkehre in der Saison 2014 wieder aufnehmen."

Der Haken an der Sache: Beim Blick auf eine Liste des Eisenbahnbundesamts fällt auf: Für die Strecke nach Türkismühle war der ebenfalls mit der HWB verknüpfte Hunsrückbahn e.V. das zuständige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU). Ein EIU ist für den Betrieb und die Unterhaltung der Schienenwege zuständig. Diese Genehmigung galt aber nur bis zum 31. August 2012. Deshalb hat der TV beim Land nachgefragt.

Die Antwort aus Mainz: Das Verkehrsministerium als Aufsichtsbehörde bestätigt, dass der Abschnitt Hermeskeil-Türkismühle seit dem Auslaufen der Genehmigung betrieblich gesperrt ist und dort keine Züge mehr verkehren. "Ein aktuell verantwortliches EIU existiert für diese Strecke nicht", sagt Sprecher Joachim Winkler. Damit auf der Strecke aber überhaupt Züge fahren dürfen, "muss ein genehmigtes EIU vorhanden sein".
Die Hunsrück-Eisenbahninfrastruktur GmbH (HEB) - noch eine Gesellschaft im HWB-Verbund - habe zwar einen entsprechenden Antag gestellt. Das Land habe aber "um Vorlage ergänzender Unterlagen gebeten, was bisher jedoch noch nicht erfolgt ist", so Winkler. Insofern könne man auch keine Aussage darüber treffen, wie lange die Strecke nach Türkismühle noch gesperrt bleibt.
Das Land bestätigt, dass Bauarbeiten an einer Brücke nötig sind. Dabei handelt es sich um die Lösterbachtalbrücke, die rund einen Kilometer vom Hermeskeiler Bahnhof entfernt ist. Dort wurden schon "vor mehreren Jahren sicherheitsrelevante Mängel festgestellt". Das von der HEB vorgeschlagene Sanierungskonzept bezeichnet das Land als "nicht tragfähig".

Das sagt Bernd Heinrichsmeyer: Der frühere Geschäftsführer des HWB-Verbunds betont zunächst, dass die Gesellschaft HEB "nicht von der Insolvenz betroffen ist". Inwiefern diese Aussage zutrifft, bleibt offen. Der Trierer Rechtsanwalt Thomas Schmidt, Insolvenzverwalter der HWB, war trotz mehrmaliger Anfragen nicht für den TV erreichbar.
Laut Heinrichsmeyer hat die HEB dem Land vorgeschlagen, die Brücke für 30 000 Euro zu reparieren und "so für die nächsten zehn Jahre zu stabilisieren". Alles andere würde "exorbitante Kosten verursachen, die wir nicht tragen könnten".
Nach wie vor sei es das Ziel der HEB, die Strecke zu erhalten, so Heinrichsmeyer. Das Land bezweifle aber offenbar die finanzielle Leistungsfähigkeit der HEB und wolle deshalb die Konzession nicht verlängern.
"Man hat das Gefühl, dass uns immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen werden", klagt Heinrichsmeyer. Er sagt klipp und klar: "Wenn wir auch 2014 nicht fahren dürfen, dann ist das Ding durch." Er halte es für denkbar, dass das Unternehmen dann nur noch mit den saarländischen Behörden weiterverhandle. "Die Züge könnten ja in Zukunft nur noch bis Nonnweiler-Bierfeld fahren", so Heinrichsmeyer.Extra

Der Abschnitt Hermeskeil-Türkismühle wurde als Teil der Hochwaldbahnstrecke im Jahr 1897 eröffnet. Er ist rund 23 Kilometer lang. Davon liegen etwa 18 Prozent (vier Kilometer) auf rheinland-pfälzischem Gebiet. Der Rest im Saarland. Vom Hermeskeiler Bahnhof machten sich früher Tausende Hochwälder auf den Weg zu ihrer Arbeit in den saarländischen Kohlegruben und Stahlwerken. Der Personenverkehr nach Türkismühle wurde 1969 eingestellt. Der Güterverkehr lief weiter. 2004 übernahm die HWB die Strecke von der Deutschen Bahn Netz AG. Sie wurde bis zum 31. August 2012 für sporadische Ausflugsfahrten und Güterverkehr genutzt. ax

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