Es gibt eine Alternative

REINSFELD. "Es geht nicht mehr um die Frage, ob wir auf erneuerbare Energien umsteigen, sondern wie wir es machen", sagte Richard Pestemer, Initiator des Klimagipfels in Reinsfeld. Von Kommunalpolitikern vorgestellte Beispiele sollten nicht die Exoten bleiben, sondern Standard werden und Anstoß geben, dass auch "Lieschen Müller" umdenkt.

"Spätestens seit dem internationalen Ringen um Krieg oder Frieden im Zusammenhang mit dem Irak wissen wir, dass Erdöl knapp wird und die letzten Verteilungskämpfe um diesen für die herrschenden Industriestaaten unverzichtbaren schwarzen Saft begonnen haben", erklärte Professor Ernst Schrimpff von der Fachhochschule Weihenstephan.Dienstbare Landwirtschaft

Die Experten sind sich einig: "Wir befinden uns in einer Umbruchphase." Technologien seien längst vorhanden, jetzt müsse gehandelt werden. Dass immer mehr Bürger und Kommunalpolitiker den Weg zum Klimagipfel finden, sei ein Zeichen, dass die Skepsis gewichen und Brisanz und Chancen erkannt worden seien. Neben der Deckung des Nahrungsbedarfs wird laut Schrimpff die forst- und landwirtschaftliche Produktion einerseits dem Rohstoff-, andererseits dem Energie- und Treibstoffbedarf der Menschen dienen können. "Allerdings muss für eine ausreichende Rückführung von energiehaltigen Natur- und Nährstoffen in die Wald- und Feldböden gesorgt werden, wenn die Biosphäre und die Böden nicht verarmen und deren Produktivität nicht schrittweise nachlassen sollen." Wenn erneuerbare Energien künftig eine immer größere Rolle spielen werden, bedeutet dies laut Professor Karl Keilen vom Ministerium für Umwelt und Forsten eine Herausforderung, aber auch eine riesige Chance für den ländlichen Raum. Die hiesige, mit Sonne, Wind und Holz gesegnete Region, biete alle Möglichkeiten, sich mit Energie selbst zu versorgen. Schule machen könnten einige von Kommunalpolitikern vorgestellte beispielhafte Modelle: Die Verbandsgemeinde Ruwer setzt auf Holz. "Im Rahmen der lokalen Agenda 21, aber auch vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeitsüberlegungen, hat die Verbandsgemeinde Ruwer ein ehrgeiziges Projekt angestoßen", so Bürgermeister Bernhard Busch, Chef der VG-Verwaltung Ruwer. Im Lauf der nächsten Jahre sollen die Heizungen in kommunalen Gebäuden durch ökologisch verträglichere und wirtschaftlichere Anlagen ersetzt werden. Beispielsweise wurde im Heizkeller der Grundschule Farschweiler die vorhandene Ölheizungsanlage durch eine Holzhackschnitzelheizung ersetzt. Bei diesen Überlegungen spielt eine Rolle, dass rund 50 Prozent des Verbandsgemeindegebietes mit Wald bedeckt sind und die 20 Gemeinden der Verbandsgemeinde Ruwer rund 3500 Hektar Wald besitzen. Die Kommune geht mit gutem Beispiel voran, damit auch Privatleute und Firmen umdenken. "Beispiel dürfen nicht die Exoten bleiben, sondern sie müssen Standard werden", so Camille Gera, Bürgermeister des luxemburgischen Beckerich. Er strebt an, dass seine Gemeinde in 20 Jahren energieautark sein wird. "Die Hälfte des Zieles haben wir bereits erreicht." Wichtig sei, dass alle zusammenarbeiten - Landwirte, Gemeinde und Politik. Damit könne auch die Befürchtung von Landwirt Gerd Remmy, dessen Schlepper seit kurzem mit Rapsöl fährt, entgegen gewirkt werden, dass große Konzerne den Landwirten das eventuelle "Projekt der Zukunft" aus den Händen nehmen könnten.Nägel mit Köpfen machen

Heide Weidemann, Vorsitzende des Bund, plädierte für einen "Energiemix" aus Sonne, Wind und Holz. Keilen gab zu bedenken, dass der amerikanische Großkonzern "General Electric" sich zum Ziel gesetzt hat, die Nummer eins in der Windkraftanlagen-Herstellung zu werden. "Wir dürfen Technologien wie die Windkraftanlagen nicht totreden, wo sie gerade zu einem Exportschlager werden", so Keilen. Fest steht laut Camille Gera: "Die Klimaveränderungen nehmen erlebbar drastisch zu, doch wir brauchen Visionen und müssen Nägel mit Köpfen machen." Wichtig sei, dass Ideen an die Bürger herangetragen werden. "Umdenken fängt beispielsweise dort an, wo die Bürger lieber dem heimischen Bauern was zu verdienen geben als den großen Konzernen", so Pestemer.

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