Flüchtlingsdrama Ein Appell an die Menschlichkeit

Hermeskeil · Etwa 130 Besucher haben  die szenische Lesung „Ein Morgen vor Lampedusa“ im Hermeskeiler Mehrgenerationenhaus (MGH) Johanneshaus verfolgt. Das heraufbeschworene Szenario  sorgte beim Publikum für Betroffenheit.

 Dechant Clemens Grünebach, Maria Schmitt, Burkhard Gouverneur, Karl-Heinz Lauck und Sophie Schäfer (von links) nach der szenischen Lesung „Ein Morgen vor Lampedusa“ in Hermeskeil.

Dechant Clemens Grünebach, Maria Schmitt, Burkhard Gouverneur, Karl-Heinz Lauck und Sophie Schäfer (von links) nach der szenischen Lesung „Ein Morgen vor Lampedusa“ in Hermeskeil.

Foto: Ursula Schmieder

Eben noch schien das Mittelmeer weit weg. Doch nun sehen sich Zuhörer mitten drin in einer Tragödie. Fotos von angeschwemmten Leichen und im Meer treibenden Schiffsplanken erinnern an 368 Tote. Sie ertranken am 3. Oktober 2013 vor der italienischen Insel Lampedusa. In Afrika aufgebrochen waren 545 Männer, Frauen und Kinder, die nur wenige Kilometer vom sicheren Land trennten. Fischer, die nachts ihre Schreie hörten, bemühten sich, möglichst viele zu retten. Ihren Kampf um Menschleben brachten bei der Lesung im Hermeskeiler MGH fünf Laien dem Publikum eindringlich nahe: Burkhard Gouverneur, Dechant Clemens Grünebach, Karl-Heinz Lauck, Sophie Schäfer und Maria Schmitt, unterstützt von Regisseur Matthias Leo Webel.

Als Überlebende erzählten sie vom Hunger während der Überfahrt, als Retter von denen, die eben noch um Hilfe riefen und dann verschwunden waren, und von Booten der Küstenwache. Deren Besatzungen verschanzten sich hinter Anweisungen und nahmen keine Geretteten auf.

So blieb den Fischern, von denen sich später etliche als vermeintliche Schlepper vor Gericht verantworten mussten, keine Wahl. Die Schreie Ertrinkender im Ohr, wendeten sie mit ihren überladenen Booten, um Gerettete an Land zu bringen.

Das Stück von Antonio Umberto Riccò, vertont von Francesco Impastato, basiert auf realen Berichten, die im MGH um aktuelle Daten ergänzt wurden. Denn im Mittelmeer ertrinken nach wie vor Menschen, die auf ein besseres und sicheres Leben hofften in einem Europa, das sich als Festung verbarrikadiert und selbst Anrainerstaaten allein lässt.

Die Lesung mache sprachlos, stellte MGH-Leiter Christoph Eiffler fest. Er moderierte eine sich anschließende Gesprächsrunde mit in der Flüchtlingsarbeit Aktiven, die von ihren Erfahrungen berichteten. Mit dabei zwei Ansprechpartnerinnen für ehrenamtliche Helfer, Natalie Anton vom Sozialen Dienst der Hermeskeiler Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende (Afa) und Kerstin Bettendorf, Pfarrei St. Franziskus. Afa-Leiter Stefan Ding, der für ein Glas Wasser überwältigende Dankbarkeit erlebte, hofft, dass es Europa gelingt, „vielen Menschen gemeinsam helfen“ zu können.

Jurastudent Felix Faber zeigte sich „schockiert“ vom Umgang mit Bootsflüchtlingen. „Da wird sich einfach an Vorschriften geklammert, statt zu tun, was aus menschlicher Sicht automatisch funktionieren sollte“, kritisierte der Vorsitzende des Vereins Blast the Borders (Sprengt die Grenzen), an den die statt eines Eintritts gewünschten Spenden fließen.

Ähnlich äußerten sich Zuhörer. Eine in der Flüchtlingsarbeit engagierte Frau appellierte in die Runde, aktiv zu werden. Statt auf Länder zu schauen, die Hilfe verweigerten, brauche es Menschen, die anpackten. „Wir müssen selber gucken, was können wir tun – und dann was tun“, ermutigte sie unter zustimmendem Applaus.

Roland Hinzmann aus Thomm machte die Lesung betroffen. Sie habe Verständnis geweckt für die Tragödie und für Versäumnisse. Das Schlimme aber sei, „dass es immer wieder passiert“. Auch Christel Thiex aus Gusenburg ging es sehr nah, „dass die staatlichen Institutionen einfach nicht geholfen haben“, was unmenschlich sei. Daher seien Veranstaltungen wie diese wichtig. Sie sensibilisierten dafür, was Flüchtlinge mitmachten – und das nur, weil sie auf ein besseres Leben hofften und ihre Kinder gut aufwachsen sehen wollten. Und das sei doch das Bedürfnis eines jeden Menschen.

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