Etwa jeder Dritte muss gehen

Bei dem Beschlägehersteller Siegenia-Aubi wird im Hochwald etwa ein Drittel der Belegschaft die Kündigung erhalten. Das Unternehmen begründet die teilweise Verlagerung der Produktion nach Polen mit der Wirtschaftskrise.

 Die Perspektiven für die Mitarbeiter von Siegenia-Aubi sind schlecht. Mehrere hundert Menschen müssen gehen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Die Perspektiven für die Mitarbeiter von Siegenia-Aubi sind schlecht. Mehrere hundert Menschen müssen gehen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Reinsfeld/Hermeskeil. Der Schock sitzt tief bei den Beschäftigten von Siegenia Aubi in Reinsfeld. In einer Betriebsversammlung haben die Mitarbeiter des Beschlägeherstellers erfahren, dass Teile ihrer Produktion nach Polen verlagert werden. 190 Vollzeitbeschäftigte in den Werken Hermeskeil und Reinsfeld werden deshalb ihren Job verlieren. Für die insgesamt 620 Beschäftigen - einschließlich der Auszubildenden - bedeutet das, dass etwa jeder Dritte gehen muss. Denn Vollzeitstelle ist nicht gleich Personenzahl, wie Wieland Frank, persönlich haftender Gesellschafter der Siegenia-Aubi-Gruppe, bei der Versammlung klarstellte. Wie viele Mitarbeiter letztlich von der Kündigungswelle betroffen sind, hängt folglich davon ab, wie viele Menschen Teilzeitbeschäftigte sind.

Für die "Aubianer", teils seit Jahrzehnten in dem vor 40 Jahren abgekoppelten Hans-Bilstein-Werk beschäftigt, sind damit die schlimmsten Befürchtungen eingetroffen. Sie gehe da mit Angst rein, sagte eine Frau kurz vor der Betriebsversammlung. Ein seit rund 30 Jahren beschäftigter Mann sprach von "gemischten Gefühlen".

"Ich hab ein schlechtes Gefühl. Ich fürchte, dass wir gehen müssen", sagte eine seiner Kolleginnen, die seit fast 20 Jahren dabei ist. Im Anschluss an die Worte der Geschäftsleitung waren die Mitarbeiter des Beschlägeherstellers weniger offen. "Kein Kommentar", hieß es vielfach. Die Betriebsratsvorsitzende Heike Michauk bezeichnet die aktuelle Situation als "dramatisch", vor allem für die Mitarbeiter und deren Familien. Aber auch mit Blick auf regionale Unternehmen, die ähnlich hart betroffen seien.

Bei Siegenia hatte die Misere, die auch vor dem Firmensitz in Wilnsdorf im Siegerland nicht Halt machte, vor einem Jahr begonnen. Die damals angelaufene Kurzarbeit, von der 580 der 620 Beschäftigten betroffen waren, konnte zwar im April unterbrochen werden (der TV berichtete). Doch seit Ende November wird erneut kurzgearbeitet. Geschäftsführer Wieland Frank begründet die Verlagerungsentscheidung mit der Wirtschaftskrise. Die um 20 Prozent eingebrochenen Umsätze erforderten eine Anpassung der Kosten. Verlagert werde die Produktion von Fenster-Drehkippbeschlägen. Teile der Vorfertigung würden vor Ort bleiben. Außerdem würden Schiebetürenbeschläge künftig im Hochwald statt im Siegerland gefertigt. Laut Rolf-Bodo Brombacher, der Aubi im Hochwald vor 40 Jahren mit aufgebaut hat und ab Januar 2010 erneut Werkleiter wird, wird ein mit dem Betriebsrat zu erarbeitender Sozialplan entscheiden, wem gekündigt wird.

Roland Wölfl von der IG Metall kritisiert die Verlagerung. Nach den Vorleistungen der Beschäftigten wie Lohnverzicht frage er sich, "ob man jetzt diesen Kahlschlag machen muss".

Meinung

Letzte Chance: Konversion

Die Entlassungswelle bei Sigenia-Aubi in Reinsfeld und Hermeskeil ist nach der Pleite des Hochwald-Türenwerks vor knapp zwei Jahren die zweite bittere Pille, die die Menschen im Hochwald innerhalb kurzer Zeit schlucken müssen. Zum zweiten Mal in zwei Jahren werden in der mit Industrie nicht gerade dicht besiedelten Region mehrere hundert Menschen entlassen. Menschen, die nicht nur im Hochwald arbeiten, sondern größtenteils auch dort wohnen. Damit werden die Wolken rund um Hermeskeil immer dunkler. Bleibt zu hoffen, dass Hermeskeil das Konversionsgebiet der ehemaligen Hochwaldkaserne nutzt und dort neue, zukunftsträchtige Arbeitsplätze für die Hochwälder schafft. p.willems@volksfreund.de

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