Europatag mit Grenzkontrollen Wenn der Weg zur Arbeit doppelt so lang dauert

Konz-Könen · Ein Pendler aus Konz-Könen schildert seine Probleme wegen der Grenzkontrollen in einem Brief an Innenminister Horst Seehofer. Eine Facebook-Gruppe ruft angesichts des Europatags am Samstag, 9. Mai, zum Protest auf. Bisher verhallt die Kritik aus der Region.

 Mit den Grenzkontrollen wird der Weg zur Arbeit für viele Pendler häufiger zur Geduldsprobe.

Mit den Grenzkontrollen wird der Weg zur Arbeit für viele Pendler häufiger zur Geduldsprobe.

Foto: TV/Christian Altmayer

Lucas Jakobi aus Konz-Könen ist systemrelevant – in Luxemburg. Er arbeitet in einer Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung. Die Bewohner, die besonders gefährdet wären, sollten sie sich mit dem Sars-CoV-2-Virus infizieren, werden dort 24 Stunden am Tag betreut und gepflegt. Jakobi arbeitet in einem Drei-Schicht-System: Früh-, Spät- und Nachtschicht. In der Regel ist er acht Stunden täglich bei der Arbeit, manchmal bis zu zehn. Hinzu kommt eine halbe Stunde Pause und vor allem noch die Fahrtzeit. Und genau deswegen werden Jakobis Arbeitstage zurzeit besonders lang: „Normalerweise brauche ich für die Strecke von Konz-Könen bis Betzdorf etwa 20 bis 25 Minuten.“ Mit den Grenzkontrollen sei er „häufig 60 bis 70 Minuten“ unterwegs, erklärt der Konzer gegenüber dem TV. „Was jedoch noch schlimmer ist: Dass ich meine Lebenspartnerin, welche in Rosport lebt, seit März nicht mehr sehen durfte, da diese nicht über die Grenze kann.“

Jakobi ist mit seiner Situation nicht alleine. Er teilt das Schicksal vieler Pendler, die nicht im Homeoffice arbeiten können, und zahlreicher Menschen mit länderübergreifenden (Familien-)Beziehungen in der Region. Weil ihm die Situation – gerade die Ungleichbehandlung verschiedener EU-Binnengrenzen – unlogisch erscheint, hat er einen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer geschickt. Den Brief hat er unter anderem auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht.

Das Schreiben wurde inzwischen fast 320-mal geteilt. Jakobi kritisiert darin die Kontrollen: „Sie, jene, die über die sinnlosen Schließungen von Grenzen zu Nachbarländern abstimmen, sitzen mitten in Deutschland, sind fernab der Realität und haben keinerlei Einblick in den Menschen, den diese Schließung der Grenzen wirklich betrifft“, schreibt Jakobi unter anderem. „Es sind nicht nur Beziehungen, welche darunter leiden oder womöglich zerbrechen. Es werden ganze Familien auseinandergerissen, nur weil ihr Politiker zeigen möchtet, wie viel Macht ihr über das Volk habt.“

Eine Pandemie könne man mit geschlossenen Grenzen nicht eindämmen. „Covid-19 ist bei uns angekommen, und da hilft keine geschlossene Grenze. Nein, die Grenzen machen den Unmut gegen uns Deutsche und euch Politiker nur noch größer“, schreibt der Konzer.

Jakobis Appell ist eindringlich, aber bei weitem nicht der einzige aus der Region an Bundesinnenministerium und Landesregierung.

Inzwischen haben (Orts-)Bürgermeister von der Obermosel und der Sauer mehrere Briefe an die Landes- und die Bundesregierung geschrieben. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnt seinen deutschen Amtskollegen Horst Seehofer per offenen Brief, dass die Grenzkontrollen das Zusammenleben in der Großregion dauerhaft schädigen könnten.

Einige Grenzgemeinden haben ihre Europaflaggen auf Halbmast gehängt. Der Kreis Trier-Saarburg und auch die luxemburgischen Gremien fordern grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Kampf gegen das Sars-CoV-2-Virus statt Grenzkontrollen.

Ihrem Ziel sind die Betroffenen nur wenig näher gekommen: Zwar wurden einige kleinere Grenzübergänge wieder geöffnet, aber die Kontrollen an der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg bleiben bestehen. Am Montag kündigte das von Horst Seehofer geführte Bundesministerium an, die Kontrollen mindestens bis zum 15. Mai fortzusetzen.

„So sollen die Infektionsgefahren durch das Coronavirus weiter erfolgreich eingedämmt werden, indem Infektionsketten unterbrochen werden“, heißt es in der offiziellen Pressemitteilung zum Thema. Auf die Einwürfe und Kritik der Betroffenen geht das Innenministerium nicht ein.

Doch der Unmut wächst. So rufen Aktivisten angesichts des Europatags am Samstag, 9. Mai, zu friedlichen Protesten verbunden mit Foto-Aktionen auf den Plattformen Facebook oder Instagram auf (siehe Extra).

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