Evangelische Gemeinde wird Familienbetrieb

Konz · Mit Anna Peters und Christoph Urban ziehen gleich zwei Pfarrer in die evangelische Gemeinde Konz-Karthaus ein. Sie werden sich die Pfarrstelle teilen. Was bringen die beiden jungen Theologen mit? Und was erwarten sie von den Mitchristen in Konz?

 „Wir sind eine ganz normale, moderne Familie": Mit Pfarrerin Anna Peters und Pfarrer Christoph Urban halten Neuerungen Einzug in der Evangelischen Gemeinde Konz-Karthaus. TV-Foto: Martin Möller

„Wir sind eine ganz normale, moderne Familie": Mit Pfarrerin Anna Peters und Pfarrer Christoph Urban halten Neuerungen Einzug in der Evangelischen Gemeinde Konz-Karthaus. TV-Foto: Martin Möller

Konz. Die Lichtschalter für die Kirchenbeleuchtung müssen sie erst einmal suchen im evangelischen Gotteshaus Konz-Karthaus. Anna Peters und Christoph Urban sind ganz offensichtlich neu in der Gemeinde. Dabei ist Konz für Anna Peters kein unbekanntes Terrain. Sie hat hier von 2010 bis 2011 einen Teil des so genannten pfarramtlichen Probedienstes absolviert, vergleichbar dem "Studienrat zur Anstellung". Für Ehemann Christoph Urban, bislang "Pfarrer mit besonderem Auftrag" im Trierer Kirchenkreis, ist die Konzer Gemeinde dagegen noch ein unbeschriebenes Blatt. Warum sie sich für Konz entschieden haben? "Ich habe über meine Frau die Konzer Gemeinde als einladend und offen erlebt", sagt Christoph Urban. Im Gespräch vertieft sich der Eindruck: Anna Peters und Christoph Urban haben ein tolerantes, von religiöser Engstirnigkeit befreites Christentum gesucht und in Konz gefunden.
Urban hat sein Studium nicht nur als Glaubensangelegenheit verstanden. In der Theologie, so sagt er, kreuzen sich völlig unterschiedliche Disziplinen - historische, sprachwissenschaftliche, philosophische, psychologische. Im Mittelpunkt steht für ihn der existenzielle Diskurs, stehen die Fragen und vielleicht auch Antworten um Anfang und Ziel des eigenen Lebens. Darum beziehen Peters und Urban auch Distanz zu missionarischer Erweckungsmentalität und dem damit oft verbundenen Dogmatismus.
Sie verstehen sich nicht als eigensinnige Verkünder ewiger Wahrheiten, sondern als Nachdenkliche, vielleicht auch Suchende. "Wir hören zu", sagt Urban. Und Anna Peters ergänzt: "Die pfarrerzentrierte Gemeinde ist für mich ein Graus."
Ihr Dienst in Konz soll zunächst einmal Annäherung sein - Annäherung an eine Gemeinde, in der es gewiss Defizite gibt und die doch beide beeindruckt hat mit ihrer undogmatischen Aktivität. "Das Schiff ist auf dem richtigen Kurs", sagt Christoph Urban, und leise klingt darin das neutestamentarische Bild von Jesus und seinen Jüngern auf dem See Genezareth mit.
Natürlich gibt es noch Klärungsbedarf - intern und extern. Anna Peters und Christoph Urban werden sich die Pfarrstelle teilen. Sie wollen zu zweit für 3000 evangelische Christen da sein. Wie genau die Arbeit verteilt wird, ist noch offen. Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit, Betreuung der Konfirmanden werden wohl Sache von Urban, Soziale Angelegenheiten wie die Kindergartenarbeit besorgt Anna Peters. Aber zunächst einmal werden beide gemeinsam auftreten und die notwendigen Kontakte herstellen - auch zur katholischen Nachbarkonfession und zur muslimischen Gemeinde.
Halb vier. Christoph Urban schaut auf die Uhr. "Jetzt müssen wir unsere Kinder abholen". Sie sind eben nicht nur Pastoren, sondern auch die Eltern zweier Kleinkinder - "eine ganz normale moderne Familie", sagt Urban. Mit allen Freuden und Verpflichtungen, die zum Elternsein gehören. Auch das ist erst einmal neu in der Evangelischen Gemeinde Konz-Karthaus.
Extra

Anna Peters: Geboren 1980 in Göttingen, Theologiestudium in Göttingen, Heidelberg, Leipzig und El Salvador, Probedienst in der Evangelischen Kirche im Rheinland. Verheiratet mit Christoph Urban seit 2010. Kinder: Adele (geboren 2011) und Alwin (geboren 2012). möExtra

Christoph Urban: Geboren 1978 in Werne. Theologiestudium in Wuppertal, Bochum und Düsseldorf. Arbeit an einer Dissertation über christlichen Fundamentalismus. 2012 Pfarrer mit besonderem Auftrag im Kirchenkreis Trier (Referat "Bildung, Kommunikation und Medien"). Publikation (u. a.): Das vergessene Jahrzehnt. Kinder-Jugend-Gottesdienst: Warum sich Kirche ändern muss. mö

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort