Familie Weichenhain ist verliebt in alte Steine

Man sieht es dem Haus nicht mehr an: Hier fuhren früher Postkutschen ein und aus, wurden Mensch und Tier versorgt. Die Reise in die große weite Welt startete im Zerfer Ortsteil Frommersbach. Die TV-Serie "Verliebt in alte Steine" stellt das Haus vor.

 Zur Straße hin lässt das Haus nicht ahnen, welche Bedeutung es einst für den Postkutschenverkehr hatte. TV- Foto: Herbert Thormeyer

Zur Straße hin lässt das Haus nicht ahnen, welche Bedeutung es einst für den Postkutschenverkehr hatte. TV- Foto: Herbert Thormeyer

Zerf. (doth) Schön restauriert, mag sich der Betrachter beim Anblick des Hauses Nr. 15 in der Manderner Straße in Zerf denken, ohne zu ahnen, welche Geschichte in dem alten Gemäuer steckt. "Das Haus ist 1854 errichtet worden. Es war bis zur Eröffnung der Hochwaldbahn 1899 eine Postkutschenstation", erklärt der heutige Besitzer, Roland Weichenhain, und zeigt auf den großen Torbogen, der an der Rückseite, der wenn auch zugemauert, noch gut zu sehen ist. Hier seien die Kutschen durchgefahren. Hinterm Haus setzte sich das Gehöft mit Stallungen fort, in denen Pferde und Kühe, Schweine und Hühner gehalten wurden.

"Die Straßen waren damals sehr schlecht. Die Leute kamen hundemüde und durchgeschüttelt hier an", weiß der renommierte Heimatforscher Dittmar Lauer aus Kell. Frisches Bier und ein Nachtlager wartete dann auf die Kutscher und später auch auf die Busfahrer, die den Nahverkehr mit moderneren Transportmitteln fortsetzten. Hier gab es auch eines der ersten Zerfer Telefone.

Im Jahr 1988 stand das Haus zur Versteigerung. "Das wollte eigentlich keiner haben, so schlimm war es heruntergekommen", erinnert sich der Hausbesitzer. Kein Kanalanschluss oder fließendes Wasser. Die Toilettenhäuschen der ehemaligen Gaststätte, getrennt nach Damen und Herren, standen im Hof und hatten noch ein Herz in der Tür. Von einem Bad nach heutigem Standard war nichts zu finden.

Mit seinem Vater Hans machte sich Roland Weichenhain an die Arbeit. Wände wurden versetzt, die komplette Elektrik erneuert, eine Heizung installiert. "Die alte Holztreppe eignete sich nur noch als Brennholz", erinnert sich der 57-Jährige. Aus der ehemaligen Gaststätte unten und einem Saal für Veranstaltungen oben wurde nach einem Jahr harter Arbeit ein Zuhause.

Die Fassade strahlt in weißem Putz, hat Sprossenfenster mit Klappläden und üppigem Blumenschmuck. Hinter dem Haus werden die Reste des Gehöfts für das heutige Geschäft mit Spirituosen genutzt. Mit ein bisschen Phantasie oder dem Anschauen von Wildwestfilmen kann die Postkutscherromantik in diesem Haus wieder erlebt werden. "Das Verreisen war sehr beschwerlich und zeitraubend. Viermal in der Woche fuhren Postwagen von Trier über Zerf nach St. Wendel", schreibt Edgar Christoffel in einem seiner heimatkundlichen Bücher. Von Trier aus gab es Postverbindungen nach Koblenz, Bingen und über Bitburg nach Köln. Die historische Pracht der ehemaligen Poststation lässt sich noch durch die hölzerne Wendeltreppe erahnen, die auf den Dachboden führt. Hier empfangen den Besucher historische Balken, Prädikat: "ausbaufähig".

Was ist das Beste an meinem Haus? Ina Weichenhain: "Ich habe ja in der Nachbarschaft gewohnt und war als Kind oft hier zu Besuch. Wir haben in den Stallungen gespielt und zugeschaut, wie die Frauen die Wäsche in der Ruwer gebleicht haben." Roland Weichenhain: "Hier zu leben ist viel besser als in einem Neubau. Dieses Haus hat Flair und das Bruchsteinmauerwerk atmet regelrecht Geschichte." (doth)

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