Farben, auf Glas und in Versform

MEHRING. (kat) Anne Heins Glaskunstobjekte sind faszinierend, ihren Gedichtband hält der Leser wie einen kostbaren Schatz in der Hand. Die Stadt Bingen hat jüngst den Auftrag zur Gestaltung einer Schulmensa an die Mehringer Künstlerin vergeben. Mit dem TV sprach sie über Glas, Glück und ihr neues Projekt.

"Für mich gibt es kein größeres Glück, als für das eigene Glück die Verantwortung zu übernehmen", sagt Anne Hein. Dies ist einer der Gründe, weshalb die Glasermeisterin und freischaffende Künstlerin vor vier Jahren den Weg in die Selbstständigkeit wählte. Die 30-Jährige geht in ihren Glas-Arbeiten in ihrem Atelier "Anthana" in Mehring auf. Die gebürtige Triererin schätzt an Glas seine Widersprüchlichkeit: "Es ist leicht, zerbrechlich und verwundbar, aber auch scharf und gefährlich. Glas ist transparent, voller Leben, leicht und unberechenbar, dem Menschen so ähnlich", sagt Hein. Mit Glas zu arbeiten lehre sie Disziplin, Respekt und Geduld. "Aber wenn ich mich einlasse, erhalte ich eine Art bunte Botschaft voller Energie und Lebensfreude." Zurzeit arbeitet sie unter anderem an "Kunst am Bau" für die Stadt Bingen. Sieben Künstler hatten ihre Entwürfe eingereicht. Die Jury entschied sich einstimmig für das Modell von Hein. Als ihr das Bauprojekt vorgestellt wurde, erzählte der Architekt von dem häufigen Vandalismus und der Zerstörungswut von Kindern und Jugendlichen. "Mein Gedanke war, dass im übertragenden Sinne auch die Kinder im riesigen luftleeren Raum umherirren und Ihren Platz nicht finden, keinen Sinn sehen, sich selbst keine Bedeutung geben. Alles scheint beliebig, mit nichts kann man sich verbinden, nichts berührt mehr." Heins Entwürfe, zwei Wände und zwei Fenster, sind voller Symbolik. Auf einer Wand stellt sie das Universum in Glas und Farbe dar. In der "Erde" blinkt ein kleiner Spiegel. Ein gläsernes Band, auf dem Zitate von Aristoteles bis Gandhi und von Schülern zu lesen sind, rahmt das Kunstwerk ein. Auf der anderen Wand wiederholt sich das Symbol für die Erde mit einem Spiegel. Die Kinder können sich sehen, inmitten der Menschheitsgeschichte, die in dem einrahmenden Fenster, anhand von Erfindungen (Fortschritt), Noten (Muse) und Formeln (Wissenschaft) dargestellt ist.Kleiner Punkt auf riesigem Planeten

"Das Kind soll sich als kleiner Punkt auf einem riesigen Planeten, in einem riesigen Universum begreifen. Und trotzdem ist es von Bedeutung, denn es hat seine Aufgabe, seinen Platz", sagt Hein. Die Künstlerin will zum Nachdenken anregen: "Denn was wäre, wenn das Kind merkt, dass es von Bedeutung ist, dass jedes Handeln, jeder Schritt eine Auswirkung auf die ganze Welt hat? Wenn es sich als einen Teil der Welt begreift, seine Talente entdeckt?" Im Jahr 2004 ging der Staatspreis und Förderpreis für das Kunsthandwerk Rheinland-Pfalz an Hein. Die Künstlerin hat viele Gesichter: Gedichte, Glaskunst und Fotografie treffen in ihrem Gedichtband "Eine deiner Farben" aufeinander. Der Gedichtband, begleitet von ausgesuchten Motiven der Fotokünstlerin Bärbel Blees, berührt und geht nahe. Auf 45 Seiten offenbart Hein ihre Gedanken, Reflexionen und Sehnsüchte - einige ihrer Farben.

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