"Fehlerfrei und aufrechten Ganges"

TRIER. Viel Polit-Prominenz wird heute ab 14 Uhr in Hermeskeil vor das Mikrophon treten und über Richard Groß reden – darunter zwei Leistungsträger, die den Landrat lange begleitet haben, aber keinesfalls immer seiner Meinung waren. Mit FWG-Chef Hugo Kohl, der für alle Kreistagsfraktionen sprechen wird, und der SPD-Größe Josef Peter Mertes unterhielt sich der TV schon vorher.

Die Situation ist ein wenig paradox. Josef Peter Mertes, Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), soll im Namen des Ministerpräsidenten Kurt Beck und des Innenministers Karl-Peter Bruch den scheidenden Landrat Groß und seinen Nachfolger Günther Schartz "mit der gebotenen Würde und Ernsthaftigkeit" verabschieden, beziehungsweise begrüßen. Es stellt sich die Frage, ob die Prä-ADD-Ära des Landtagsabgeordneten Josef Peter Mertes in der Spitze der SPD-Kreistagsfraktion mit diesem Auftrag kollidiert. "Ich war von 1983 bis 2000 Mitglied des Kreistages und habe dabei durchaus auch mit Richard Groß gestritten", sagt Mertes. Die Erinnerung an diese Wortgefechte ist in vielen Köpfen noch lebendig. Doch der Chef der ADD macht aus seiner Laudatio selbstverständlich keine späte Abrechnung. Das war auch nicht zu erwarten. "Als Landtagsabgeordneter konnte ich mit ihm zum Wohl des Landkreises, der Bürger und Gemeinden vielfach gut zusammenarbeiten. In den letzten Jahren hatte ich ihn als Präsident der ADD Trier, gemäß der Aufgabenstellung dieser Behörde, zu beaufsichtigen." Und auch diese Art der Kooperation hat offenbar gut funktioniert. "Ich kann mich nur an einen einzigen Konflikt erinnern, den ich aber hier sicher nicht ausbreiten werde." Mertes saß in der Ära Richard Groß gewissermaßen von Anfang an in der ersten Reihe. "Wenn man in mehr als 20 Jahren so viele Stunden wie ich mit einem Menschen zugebracht hat, dann könnte man sehr viel erzählen." Komprimiert ergäbe das Zusammenwirken Mertes-Groß einen Zeitraum von "weit über einem Arbeitsjahr, und zwar ohne Urlaub". Ganz am Anfang stand eine Begegnung im Mainzer Allianz-Café. Karl Diller, damals SPD-Chef im Kreistag, und sein Stellvertreter Josef Peter Mertes lernten den Ministerialrat Richard Groß kennen. "Wir dachten nach diesem Gespräch, nun ja, der wird das wohl können, was ein Landrat so können sollte", erinnert sich Mertes.Vom Statthalter zum Kopf der Region

Mertes fasst die Ära Groß zusammen: "Er ist von einem Statthalter der Landesregierung, das waren die Landräte damals noch, zu einem politisch denkenden und gesellschaftlich ebenso wie wirtschaftlich handelnden Kopf dieser Region geworden." Ein Beispiel sei die erfolgreiche Entwicklung des Kreises: Der Landrat habe sich im Interesse der Menschen der Region um jeden Betrieb gekümmert. "Dabei hat er auch nicht davor zurückgeschreckt, an verschlossenen Hallentüren so lange zu rütteln, bis sie offen waren." Dem neuen Landrat Günther Schartz gibt Mertes folgenden Satz mit auf den Weg: "Die Jungen kennen die Regeln, die Alten kennen die Ausnahmen, und die sind wichtig." Wenn Hugo Kohl im Kreistag das Wort ergreift, bleibt es selten ruhig dabei. Man reagiert mit Amüsement, mit offener Zustimmung oder mit wütendem Gebrüll. Eine von ihm stammende Laudatio könnte deshalb durchaus versteckte Sprengsätze enthalten. Heute Nachmittag spricht Kohl für alle Fraktionen. "Es ist schön, dass der Landrat heute fehlerfrei und aufrechten Ganges seine Belle Epoque genießen kann", betont Kohl. "Verdient hat er es." Keine Sprengsätze in Sicht. "Elementar falsch lag er eigentlich nie." Kurze Pause. "Ich kann allerdings belegen, dass er einmalig falsch lag, und zwar mit dem Jahr 1984." Damals begegneten sich Groß und Kohl auf der Treppe der Kreisverwaltung. "Da ich mit den Unterlagen für die Kreistagskandidatur der FWG vor der Brust stolperte, sagte er mir, das sei kein gutes Omen. Aus heutiger Sicht der Freien Wählergruppe lag der Landrat dieses eine Mal ganz falsch." Schließlich ist die FWG heute mit sieben Sitzen eine feste Größe im Kreistag."Unrechte Vorlautigkeiten"

Was fällt dem alten FWG-Kämpen sonst noch ein? "Richard Groß kann die Menschen für gute Ideen begeistern, und einen pfiffigen Humor hat er auch." Ärgerlich könne er auch werden, wenn er mit "unrechten Vorlautigkeiten" angegangen wird. Noch ein Lob zum Schluss: "Der Landkreis Trier-Saarburg, ein feiner Kreis, wurde innerhalb der Amtszeit Groß zu einem der familienfreundlichsten Kreise in Deutschland."

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