Finanzen: Kreis prüft Klage gegen Mainzer Bescheide

Das Land gibt den Kommunen zu wenig Geld. Das hat, vereinfacht gesagt, das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz entschieden (der TV berichtete). Nun prüft der Kreis Trier-Saarburg die Auswirkungen des Urteils.

Trier. (alf) Nachdem das OVG Koblenz den Finanzausgleich des Landes für das Jahr 2007 als verfassungswidrig eingestuft hat, wittern die Kommunen in Rheinland-Pfalz Morgenluft. Seit Jahren wettern die kommunalen Spitzenverbände, Mainz sei bei den Schlüsselzuweisungen zu knauserig (siehe Extra). Landkreistag-Chef Hirschberger fordert jetzt von Mainz Soforthilfen, sonst seien wohl weitere Klagen zu erwarten.

Auch der Kreis Trier-Saarburg gerät immer tiefer in die roten Zahlen, mit 13 Millionen Euro weist der Etatentwurf für 2011 ein Rekorddefizit auf. Das OVG-Urteil sei "ein positiver Meilenstein hinsichtlich der permanenten mangelhaften Finanzausstattung durch das Land", sagte der Fraktionschef der Freien Wähler, Hugo Kohl, im Kreisausschuss. SPD-Fraktionsvorsitzender Alfons Maximini konterte: "Das Land hat angekündigt, bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen. Deswegen stehen wir nicht unter Zeitdruck." Das sehen die übrigen Fraktionen (CDU, FDP, Freie, Grüne) und der Landrat anders. Bekomme der Kreis Auflagen für seinen defizitären Haushalt, müsse man gezielt und frühzeitig reagieren können, sagte Günther Schartz. "Wir müssen ja möglicherweise Bescheide anfechten, um uns auf dem Feld des Finanzausgleichs schadlos zu halten."

CDU-Fraktionschef Bernd Henter rechnete vor: Von 1990 bis 2007 seien die Sozialkosten im Kreis um 325 Prozent gestiegen, das Land habe aber nur 27 Prozent mehr an Schlüsselzuweisungen gezahlt. "Wir sind Jahrzehnte vorgeführt worden", pflichtete Hugo Kohl bei. Ingeborg Sahler-Fesel (SPD) sieht auch den Bund in der Pflicht. Schließlich gab der Kreisausschuss einhellig (mit den drei SPDlern) einen Prüfauftrag an die Verwaltung. Diese möge die Rechtslage klären und Stellung nehmen, inwieweit der Finanzausgleich angemessen sei und Zuweisungsbescheide oder kommunalaufsichtliche Verfügungen des Landes angefochten werden können. In der nächsten Kreistagssitzung sollen das Urteil und seine möglichen Folgen im großen Plenum erörtert werden.

Extra

Kritik der Landkreise

Laut Landkreistag sind die Einnahmen der rheinland-pfälzischen Kommunen 20 Jahre hintereinander so niedrig gewesen, dass sie nicht zur Deckung der Ausgaben reichen. fast die Hälfte aller Landkreise bilanziell überschuldet, weisen also ein negatives Eigenkapital auf. Die Kassenkredite belaufen sich derzeit auf 1,1 Milliarden Euro. steht Rheinland-Pfalz bei den kommunalen Finanzen (Kassenergebnisse kommunaler Haushalte) im Bundesvergleich im Tabellenkeller. (alf)

Meinung

Urteil mit Sprengkraft

Die Reaktion des Kreisausschusses Trier-Saarburg wird nicht die einzige im Land bleiben. Die erfolgreiche Klage des Kreises Neuwied wegen unzureichender Finanzzuweisungen des Landes hat eine enorme Sprengkraft. Die könnte die Landesregierung gehörig ins Wanken bringen. Sie kann froh sein, vor der Landtagswahl Ende März ein bisschen Schonzeit zu bekommen. Denn zunächst muss sich das Landesverfassungsgericht mit dem Finanzausgleich beschäftigen - und das kostet Zeit. Kurt Beck könnte in Erklärungsnöte geraten: Einerseits will er zusätzliche Mittel für die Bildung locker machen, andererseits speist er die Kommunen mit Brosamen ab. Bildung ist ohne Frage wichtig. Nur: Was nützt die beste Ausbildung unserer Kinder ohne funktionierende In frastruktur in den Städten und Dörfern? Ohne Aussicht auf adäquate Arbeit und attraktive Freizeitangebote würde der Nachwuchs doch nur fortziehen. a.follmann@volksfreund.de

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