Für einen guten Zweck

PIESPORT. (urs) Mit dem Silvester- und Dreikönigs-Ausspielen pflegen die Piesporter einen Brauch, der möglicherweise sehr viel älter ist, als viele denken.

Zwei Mal im Jahr frönen die Piesporter dem Kartenspiel. Und zwar über die Feiertage, wenn viele zu Hause sind und die Kinder Ferien haben. Denn auch sie dürfen an Silvester und am Vorabend von Dreikönig beim "Ausspielen" mitmachen und mit 50 Cent oder einem Euro auf einen der verdeckt ausgelegten Kartenstapel setzen. Sie haben oft mehr Glück, auf die sich darunter verbergende werthöchste Karte zu setzen, als ihre Erzieher und liegen meist vorn, wenn es sprichwörtlich um die Wurst - oder den Kuchen - geht. Den Hauptgewinn gibt es aber nur am zweiten Karten-Termin, beim Ausspielen des "Dreikönig": einen riesigen Blech-Kranzkuchen in Form dreier Könige. Jüngster Teilnehmer von rund 150 war in diesem Jahr die kleine Miriam. Mit strahlender Miene drückte die Dreijährige die prall gefüllte Wurst-Tüte an sich, deren Inhalt sie mit Bruder Maurice (vier Jahre alt) gewonnen hatte. "Wir haben es einmal probiert und dann die Kinder setzen lassen", berichtete Papa Sascha Lenhardt. Letztes Mal seien sie noch erfolgreicher gewesen, meinte Ehefrau Kerstin, die mit ihrer Familie eine schon von Opa Ferdi gepflegte Piesporter Tradition fortführt. Er hatte sich auch schon als Kind am Ausspielen beteiligt. "Da wurde ja überall hier ausgespielt", erinnerte er sich. Und das nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch beim Bäcker und Metzger. Bei Letztgenanntem hätten sie als Kinder immer unter die gläserne Theke gespitzt, um dem Glück etwas auf die Sprünge zu helfen. Ganze 3,50 Euro riskierte in diesem Jahr Andy, um dafür "den Kuchen, eine große Fleischwurst und eine im Ring" mit nach Hause zu nehmen. Doch so viel Glück hatte der 13-Jährige, der seit sieben Jahren setzt, nicht immer. "Ich hab noch 5,50 Euro", sagte der zwölfjährige Florian und wagte einen neuen Versuch, obwohl er schon zwei Ringe Wurst und eine Jagdwurst gewonnen hatte. Auch die neunjährige Vanessa war schon gespannt, was die Eltern zu der großen Wurst sagen würden. Denn eigentlich war sie nur zufällig hier, und hatte einen Euro riskiert. Währnddessen ging der Ansturm weiter: "Die letzte Portion Würstchen, Jungs, und dann haben wir noch Dosenwurst", ermunterte der Spielleiter die hartnäckigsten "Zocker". Dennoch war das Gewinnen eher Nebensache, ging es doch hauptsächlich um den guten Zweck - der Erlös kommt der Jugend zugute. Daher war es auch Sache des Vereins, die Wurst zu kaufen, während die Eltern Kuchen spendeten. Wie lange es das Ausspielen schon gibt, konnte der Jugendleiter nur mutmaßen: "Seit mindestens 60 Jahren."

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