Gesellschaft Gäste, die mit anpacken

Schillingen · Junge Menschen aus fünf Ländern waren zwei Wochen lang in Schillingen, um das Dorfleben kennenzulernen – und um zu renovieren.

 Sie wissen anzupacken: Campleiter Beat Seemann, Jean-Pierre Borlon aus Belgien, Karla Ricalde aus Mexiko und Rino Okamato aus Japan (von links) bei der Arbeit im Jugendraum des Schillinger Pfarrheimes.

Sie wissen anzupacken: Campleiter Beat Seemann, Jean-Pierre Borlon aus Belgien, Karla Ricalde aus Mexiko und Rino Okamato aus Japan (von links) bei der Arbeit im Jugendraum des Schillinger Pfarrheimes.

Foto: Herbert Thormeyer

Zehn Helfer aus aller Welt haben zwei Wochen lang den Jugendraum des Pfarrheimes in Schillingen renoviert und den Kinderspielplatz erneuert. Völkerverständigung durch gemeinnützige Arbeit, das ist die Idee des Vereins Internationale Begegnung in Gemeinschaftsdiensten (IBG) mit Sitz in Stuttgart. Er steht hinter den Arbeiten.

Die neun jungen Erwachsenen und ein 53-Jähriger meldeten sich in ihren Heimatländern bei den jeweiligen IBG-Partnerorganisationen für das Schillinger Projekt. „Es gibt keinerlei Beschränkungen, was das Alter, die Religionszugehörigkeit oder die politische Haltung betrifft“, sagt Camp-Leiter Beat Seemann mit Stolz. Geschlafen, gekocht und gegessen wurde zwei Wochen lang im Pfarrheim. Hier trafen sich Russland, Japan, China, Belgien, Mexiko und Brasilien, vor allem kulinarisch, denn gekocht wurde reihum immer nach Rezepten aus der Heimat.

Viele Gespräche, in Englisch als gemeinsames Verständigungsmittel, drehen sich denn auch ums Essen, weil die Art sich zu ernähren viel mit der Kultur eines Landes zu tun hat. „Die Russen essen viel Fleisch. Wir haben aber zwei Vegetarier hier“, zeigt der Camp-Leiter den Spannungsbogen auf. Völkerverständigung gehe oft durch den Magen.

Eingekauft wird im Ort. Nur was es dort nicht gibt, kommt von weiter her. Gestaunt wird über die Preisunterschiede von gleichen Produkten zwischen den verschiedenen Herkunftsländern. „Deutsche Gepflogenheiten wie Mülltrennung oder das Pfandsystem musste ich den Leuten erst erklären“, sagt Seemann und schmunzelt. Finanziert werden solche Aufenthalte vom Deutschen Familienministerium und der Europäischen Union; die Ortsgemeinde Schillingen steuert auch einen kleineren Betrag bei.

Auch die Freizeit kommt nicht zu kurz, mit Ausflügen, beispielsweise zu den historischen Stätten in Trier, ins Heimatmuseum Schillingen und Treffen mit der Dorfjugend, bei Sport und Spiel. „Die örtliche Jugend hilft natürlich auch bei der Arbeit, kann das aber meist erst abends“, schränkt Seemann ein.

Jean-Pierre Borlon aus Belgien ist mit seinen 53 Jahren der älteste in der Runde. Der gelernte Übersetzer für Spanisch, Italienisch und Französisch macht zum neunten Mal bei einem solchen Camp mit. Er sieht für sich immer einen neuen Nutzen: „Es geht mir um die Verständigung mit immer neuen jungen Leuten.“ Für ihn sei es eine Brücke zwischen den Generationen und immer eine tolle Erfahrung. Karla Ricalde aus Mexiko ist 25 und Studentin der Mathematik und Internationalen Studien. Sie feiert in Schillingen ein kleines Jubiläum, denn sie macht zum zehnten Mal mit. Sie findet: „Schillingen ist ein schönes Dorf, in dem die Leute sich so einig sind und sich gegenseitig helfen. Sie sind freundlich und großzügig.“ Die Arbeit sei zwar anstrengend, aber nicht zu hart. Karla weiß inzwischen: „Für einen solchen Aufenthalt braucht man Geduld und einen offenen Geist.“ Kirill Frolov ist 26 und lebt in Russland von seiner Holzschnitzkunst. Auch er schätzt die internationale Erfahrung in der Fremde und vergleicht: „In Schillingen ist alles so ruhig und gemütlich.“

Aus Sicht von Ortsbürgermeister Markus Franzen nutzen immer noch viel zu wenige Gemeinden die Chance, über den IBG mit jungen Leuten aus fremden Ländern in Kontakt zu kommen. 2015 war erstmals eine Gruppe in Schillingen, die damals bei der Gestaltung des Kita- Außengeländes mithalf. „Im ganzen Dorf reden die Leute nur positiv über diese Aktionen und es sind sogar Freundschaften entstanden“, sagt er. Wann die nächsten Gäste aus fernen Ländern in Schillingen eintreffen, ist noch nicht klar. 

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