Ganz großes Kino im Kinderland

Gut fünfstündige Unterhaltung auf hohem Niveau, gespickt mit einer ordentlichen Portion Lokalkolorit, dazu ein Bühnenbild, Dekoration und Kostüme wie aus Meisterhand - dieses Paket bot die Karnevalsgesellschaft Hau-Ruck ihrem Publikum mit der ersten Sitzung in der Saarburger Stadthalle. Nach einer Reise ins "Land des Lächelns" im vergangenen Jahr geht es in der Session 2009 ins "Kinderland".

Saarburg. Bei allem Aufwand, den die KG Hau-Ruck alljährlich für ihre vier Kappensitzungen betreibt, gibt es einen Posten, an dem sie getrost sparen kann: Werbung brauchen die Narren nicht zu machen. 2000 Karten hat der Verein am Sonntag vor zwei Wochen in den Verkauf gegeben. "Bis auf fünf waren alle am gleichen Tag weg", erzählt "Hau-Ruck"-Urgestein und Büttenredner-Glanzlicht Andreas Jager dem TV.

Längst sind die Sitzungen mit ihrer ausgewogenen Mischung aus Büttenreden mit und ohne lokalem Bezug, Video-Einspielungen, Theaterstückchen, Tanz- und Gesangseinlagen und Stimmungsblöcken, bei denen auch das Publikum mal Arme und Beine bewegen darf, zum Selbstläufer nicht nur bei Saarburgern geworden. Aus der gesamten Verbandsgemeinde, aber auch aus dem Saarland, Hochwald und aus Trier waren die Zuschauer angereist.

Das Bühnenbild, aufgezogen am Motto "Kinderland", beginnt bei den Saarburgern immer schon im Foyer der Stadthalle. Lebensgroße Mainzelmännchen aus Pappmaschee, Biene Maja oder Jim Knopf begrüßten die 500 Besucher dieses Abends, bevor ihnen im Saal aus der Ecke die beiden Herren der Muppets-Show aus ihrer Loge zuzwinkerten und eine komplett eingerichtete Kinderstube auf der Bühne die Zuschauer in selbige zurückführte. Während der Elferrat, mit Stramplern und Mützchen bekleidet, das närrische Treiben von überdimensionierten Kinderstühlen aus beobachtete, führte Sitzungspräsident Johannes Kölling von einem Kinderbett aus durch das Programm. Das bot mit Alexander Krier, der die Verbandsgemeinde anhand unzähliger Filmtitel in den medialen, internationalen Fokus rückte, und Walter Thomas, der als Schneewittchen die Dialekte von Nord nach Süd wachküsste, neben zwei talentierten Neu-Entdeckungen jede Menge bewährte Joker. Die "alten Hasen" nahmen sich vor allem das Geschehen in Rathaus und Innenstadt vor. So arbeitete Rathaustelefonist Berthold Kramp nach Ärmelschoner-Mentalität die kleinen und großen thematischen Dauer-Brenner der Stadt ab: Baustellen - "Ganz Saarburg gitt neu tapeziert" -, das denkmalgeschützte Haus in der Buddelgass, Eidechsen, die den Straßenausbau verhindern, das Schieferbergwerk und natürlich die Konversion und das Einkaufszentrum Friedensaue. Dabei - und nicht nur von ihm - bekam die Saarburger Iko (Arbeiskreis Ideen und Konzepte) ordentlich ihr Fett ab. "Die handeln nach dem ersten Gebot: Du sollst keine anderen Geschäfte neben mir haben."

Als "Berüchtigte Wilde 13", die für den Erhalt der Tante-Emma-Läden die ganze Stadt rebellisch macht, bezeichnete Erzähler Peter Merten in der großartigen Episode "Neues aus Schlummerland" der "Saarburger Puppenkiste" die Iko und taufte "Anführer" Müller-Hamann als "Mutter aller Tante-Emma-Läden".

Gesten-, wort- und witzreich weinte Hau-Ruck-Granate Andreas Jager alias Napoleon den abziehenden Franzosen nach. "Saarburg ohne Franzosen, dat is wie Fritten ohne Sauc' oder wie Jörg Volk ohne Kamera." Und da ein Jager ohne Seitenhieb auf die "Iiierscher" ebenso undenkbar ist, lieferte er den postwendend nach: "Ich weiß bis heut' nit, wie die Irscher es geschafft haben, an der Endkontrolle der Schöpfung vorbeizukommen."

Die Aktiven:

Sitzungspräsident Johannes Kölling, Elferrat, Die "Original Wunderländer" (Leitung Wolfgang Grün, Gerd Reinsbach), Mini-Garde (Leitung Marion Lellig), Juniorengarde, Garde, Ballett (Leitung Daniela Gillet), Dissonante Tanten, Sorglos-Theater (Leitung Rainer Kind), Chor (Leitung Michael Turbing), Tanzmariechen Solo: Kathrin Jager/Judith Wörz, Büttenredner: Andreas Jager, Berthold Kramp, Jutta Pfeifer-Jungblut, Luitwin Fritz, Peter Merten, Nicolas Lellig, Hardy Meyer, Christopher Becker, Alexander Krier, Walter Thomas.

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