Gegen Windräder in Kernzone

Kell am See · Der Verbandsgemeinderat Kell am See hat in der Diskussion um mögliche Windkraftflächen ein klares Zeichen gesetzt: Eine deutliche Mehrheit will Standorte in der Naturpark-Kernzone ausschließen. Etwas paradox: Weil zum jetzigen Verfahrenszeitpunkt keine Fläche gestrichen werden darf, sind Teufelskopf, Zerfer Wald und Keller Gebrüch trotzdem weiter im Rennen.

Kell am See. Fünf Standorte könnten derzeit im neuen Flächennutzungsplan (FNP) der Verbandsgemeinde (VG) Kell am See zu Windkraftgebieten erklärt werden: bei Mandern/K68, bei Kell/B407, bei Waldweiler am Teufelskopf, im Zerfer Wald und am Keller Gebrüch. Die drei letztgenannten liegen in der Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück. Gegen Windräder dort hat der VG-Rat - nach einem CDU-Antrag - jetzt ein klares Zeichen gesetzt: Eine deutliche Mehrheit (14 Ja-, sechs Nein-Stimmen, drei Enthaltungen) sprach sich dafür aus, die Lage eines Standorts in der Kernzone als Ausschlusskriterium zu bewerten.
Ein Beschluss, der vorerst wenig Schlagkraft hat. Denn Teufelskopf, Zerfer Wald und Keller Gebrüch sind damit nicht aus dem Rennen. Der Grund dafür liegt im komplizierten Flächennutzungsplan-Verfahren. Der Rat habe sich im ersten Schritt im März 2013 entschieden, alle fünf Standorte weiter zu prüfen - auch die drei in der Kernzone, erklärte Reinhold Hierlmeier vom Büro BGHplan. Der nächste offizielle Verfahrensschritt folge erst, wenn alle noch fehlenden Gutachten zu Landschaftsbild und Artenschutz vorlägen - vermutlich Ende 2014. Vorher könne kein Standort "herausgenommen" werden, sonst sei der neue Plan "rechtlich anfechtbar".
VG-Bürgermeister Werner Angsten betonte: "Wir nehmen alles auf, was an Argumenten vorgebracht wird und wägen dann ab." Für die spätere Entscheidung sei der Beschluss zur Kernzone aber ein "deutliches Signal".
Zuvor hatten die Ratsmitglieder zwei Stunden über den CDU-Antrag diskutiert. CDU-Fraktionschef Klaus Marx hatte zuerst gefordert, den Teufelskopf aus dem Verfahren herauszunehmen - unter anderem wegen dessen Lage in der Naturpark-Kernzone. Die Pläne für vier Windräder auf dem Schimmelkopf bei Weiskirchen gebe es auch deshalb, sagte Marx, weil die Saarländer von einer "Vorbelastung" auf dem Teufelskopf ausgegangen seien.
SPD-Fraktionschef und Waldweilerer Ortschef Manfred Rauber kritisierte den CDU-Antrag. Man versuche, einen Standort "schlecht zu reden". Er appellierte an den Rat, die Gutachten abzuwarten. Würde der Teufelskopf jetzt gestrichen, würde seine Fraktion sofort Einspruch einlegen. Wolfgang Schäfer (SPD) mahnte dagegen, man hätte die Flächen in der Kernzone "schon früher rausnehmen müssen". Erwin Rommelfanger (FWG) erinnerte daran, dass nur ein rechtskräftiger FNP "eine Verspargelung der Landschaft" verhindere. Jens Anell (Junge Liste) wies auf "enorme Risiken" durch Windräder im Naturpark hin, etwa im Brandfall.
All diese Argumente wird der Rat vermutlich nicht vor Jahresende abwägen. Und bis dahin schwebt, ungeachtet der Kernzonen-Frage, ein Damoklesschwert über allen fünf Standorten: die Mopsfledermaus. Ändert das Land nicht seine Haltung zum Fünf-Kilometer-Schutzradius rund um die Wochenstuben, wie etwa das Saarland (siehe Extra), sind alle Standorte hinfällig. cwebMeinung

Nicht vom Himmel gefallen
Die Großwetterlage ändert sich bei der Windkraft unübersehbar. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima haben sich auch im Hochwald fast alle Politiker auf die Fahnen geschrieben, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien forciert werden muss. Doch je mehr die Erinnerung an die Vorfälle im Frühjahr 2011 in Japan verblasst, umso mehr rücken die Bedenken vor einer Verschandelung der Landschaft und der zu großen Belastung der Menschen duch Windräder, die ihnen zu sehr auf die Pelle rücken, ins Blickfeld. In Hermeskeil halten die VG-Politiker die Reihen noch fest geschlossen, und rütteln nicht an den Grundsätzen, die sie über einen Zeitraum von fast drei Jahren vereinbart haben. Aber der Druck durch die Bürger wächst und bei der Frage nach dem Mindestabstand dürfte das letzte Wort noch lange nicht geprochen sein. Und in Kell? Dort ist der offene politische Konflikt jetzt klar ersichtlich. Denn der CDU-Antrag richtet sich gerade gegen die Pläne der SPD geführten Orte Waldweiler und Zerf. Eine kritische Anmerkung muss dabei aber erlaubt sein. Warum hat die CDU eigentlich nicht schon viel früher deutlich gesagt, dass sie gegen Windräder in der Naturpark-Kernzone ist? Denn vom Himmel gefallen ist diese Kernzone ja nun wahrlich nicht. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Die Gemeinde Weiskirchen plant vier Windräder auf dem Schimmelkopf. Laut des Schillinger Ortschefs Markus Franzen sollen bald Rodungsarbeiten beginnen (der TV berichtete). Im Verbandsgemeinderat Kell am See beantragte Franzen, das Land Rheinland-Pfalz zu bitten, den Saarländern kein Wegerecht für den Transport der Anlagen zu gewähren. Der Antrag wurde angenommen. Am Teufelskopf plant auch die Ortsgemeinde Waldweiler drei Windräder. Diese Pläne blockiert zurzeit die Mopsfledermaus. Die Weiskirchener stört das Tier nicht: Im Saarland sind Windräder in der Fünf-Kilometer-Schutzzone nicht tabu. cweb

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