Gemeinsam gegen rechts: Aktionstag in Saarburg

Saarburg · Im Rahmen eines Aktionstags haben sich die 1000 Schüler der Berufsbildenden Schule Saarburg mit den Gefahren rechtsextremen Gedankenguts befasst, sich in Zivilcourage geübt und sich in dieLage von Flüchtlingen versetzt. Vor allem letzteres führte zu neuen Erkenntnissen.

Der scharfe Geruch von Farbe steigt in die Nase. Schon von weitem ist das Zischen der Sprühdosen und gedämpftes Stimmengewirr zu hören. Eine riesige, weiß lackierte Sperrholzplatte lehnt an der Außenwand der Sporthalle. Auf ihr prangen zwei Worte in verschnörkelter Schrift: "No Hate", also "Kein Hass". Auch wenn das eigentliche Motto des Aktionstages ein Zitat von Sophie Scholl ist ("Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um euer Herz gelegt"), passt diese Parole ebenso gut zum breitgefächerten Tagesprogramm. In nahezu jedem Raum der Schule versammeln sich Gruppen von Schülern, um in Workshops alle möglichen Aspekte rund um die Themen Fremdenhass und Intoleranz zu beleuchten.

Die stellvertretende Schulleiterin Jutta Pohl erklärt: "Die Institution Schule steht besonders in der Verantwortung und muss klar Kante zeigen. Mit 1000 Schülern sind wir ein Minikosmos der Gesellschaft, deshalb müssen die Gefahren rechtsextremer Einstellungen ebenso wie demokratische Werte ins Bewusstsein gerückt werden." Besonders eindrücklich erfahren das die angehenden Altenpflegehilfen. Unter der Leitung von Markus Pflüger von der AG Frieden simulieren sie in einem "Spiel ums Leben", wie es sich anfühlt, Flüchtling zu sein. Sie suchen sich aus mehreren Kärtchen ein Schicksal aus und schlüpfen in die Rolle von Mohammad aus Syrien oder Nasima aus Afghanistan, fliehen vor Bürgerkriegen oder weil ein großer Ölkonzern ihr Zuhause zerstört hat, und erreichen dann würfelnd verschiedene Stationen, die Grenze, die Ausländerbehörde und im besten Fall schließlich Asyl.

Als die Schüler anschließend ihre Erfahrungen auf Karten schreiben, sind die Reaktionen eindeutig. Viele gehen in ihrer Rolle auf und beschweren sich im Plenum: "Ich wurde nur von A nach B geschickt, keiner hat mich ernst genommen". Saher Abdalraouf kann diese Beobachtungen nur bestätigen, denn er ist selbst aus Aleppo geflüchtet, engagiert sich nun bei der AG Frieden und verstärkt den Blick auf das konkrete Flüchtlingsschicksal noch weiter.
"Ich habe hier zum ersten Mal gehört, dass viele junge Männer wie Saher auch flüchten, weil sie nicht Teil der Armee werden und dann im Krieg sterben wollen", empört sich Sara Richter. Ihre Sitznachbarin Britta Nentwich ergänzt in der hitzigen Diskussion: "Jeder kann helfen und etwas beitragen, egal ob als kleiner Nachbar oder großer Politiker. Wenn alle ein bisschen was abgeben, hat jeder genug zum Leben."

Andere Schülergruppen überprüfen am Aktionstag mutmaßliche Fake News (Englisch für Falschmeldungen) aus dem Internet, analysieren die Texte von Liedern aus der Hooligan-Szene, nehmen das Wahlprogramm der AfD auseinander oder stellen in Rollenspielen einige Szenen nach, die Zivilcourage erfordern. Lucas Jakob, ein Schüler, der verschiedene Gruppen besuchen möchte, sagt: "In Politik und Medien sind das populäre Themen. Es ist wichtig, mit Mitschülern darüber zu reden und verschiedene Meinungen zu hören."

Mittlerweile ist die Sperrholzplatte an der Turnhalle nicht mehr weiß. Ein großes rotes Herz umrahmt den Spruch in der Mitte des Graffiti-Gemäldes. "No Hate" leuchtet in allen Farben, so vielfältig bunt, wie sich die Berufsbildende Schule Saarburg an diesem Tag gezeigt hat.

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