Geschichte Wie die Kreisverwaltung zu ihrem Bunker kam

Trier · Heute ist der Atombunker unter der Trier-Saarburger Kreisverwaltung ein Archiv für (Bau-)Akten. Ursprünglich sollte er die Verwaltung im Fall eines atomaren Angriffes der Sowjetunion schützen.

Geschichte wie die kreisverwaltung trier-saarburg zu einem atombunker kam
Foto: TV/Christian Kremer

1981. Der demokratische US-Präsident Jimmy Carter dankt ab. Der Republikaner Ronald Reagan übernimmt die Macht im Weißen Haus. Was folgt, ist ein gigantisches Rüstungsprogramm. Der Kalte Krieg steuert nach der Kubakrise (1962) auf den zweiten Höhepunkt zu. Die USA wollen die Sowjetunion durch Aufrüstung in die Knie zwingen. 1983 erlaubt der Bundestag die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen in Deutschland. Ein Atomkrieg scheint zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ausgeschlossen, und die Bundesregierung weist die Kommunen an, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Die Trier-Saarburger Kreisverwaltung und die Stadt Trier sind ebenfalls gefragt. Wie Pressesprecher Thomas Müller recherchiert hat, muss damals auch die Kreisverwaltung einen Führungsbunker bauen.  Müller sagt: „Der Sinn war, die Verwaltungsstruktur im Kriegsfall aufrechtzuerhalten.“ Der Bunker ist laut Müller parallel zur Mustor-Tiefgarage der Stadtwerke Trier gelaufen. Das unterirdische Parkhaus dient im Kriegsfall ebenfalls als Luftschutzbunker für etwa 3000 Zivilisten (siehe Info).

In einem Sitzungsprotokoll aus dem Jahr 1981 ist laut Müller erstmals die Rede von einem „Ausgleichsobjekt“. Zur Geheimhaltung taucht das Wort „Bunker“ nicht auf. Die Bauarbeiten laufen von 1986 bis 1988. Wegen der Geheimhaltung seien die Kosten für das Bauwerk nie in Sitzungsprotokollen erwähnt worden, sagt Müller. Es habe auch einen Grundstückstausch mit der Stadt Trier gegeben. Zudem habe der Bund den Bunker bezuschusst, während der Kreis für die Ausstattung wie Telefone und Ähnliches gezahlt habe. Heute sei aber nicht mehr nachzuvollziehen, wie teuer das Bauwerk insgesamt gewesen ist.

Die Lüftung, die auch die Auswirkungen chemischer oder biologische Waffen filtern konnte, und der Notstrom haben bei Inbetriebnahme einwandfrei funktioniert. Die Fernmeldetechnik sei aber nie fertig eingebaut worden, sagt der Pressesprecher. „Weil die Zeit den Bunker eingeholt hat.“ Damit spielt er unter anderem auf den INF-Vertrag an, der am 8. Dezember 1987 das Ende landgestützter nuklearer Raketen mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometer besiegelt hat.

Trotz des absehbaren Endes des Kalten Kriegs üben im Februar 1988 insgesamt 25 Mitarbeiter der Kreisverwaltung den Ernstfall. Sie verbringen laut Müller eine Woche in dem Bunker mit  sieben Schlafzimmern, zwei Büros, Lagezentrum, Lüftungs-, Kommunikations- und Fernmelderaum. Auch Bäder, Toiletten und mehrere Nebenräume sind unter der Kreisverwaltung zu finden. Der Test funktioniert. Allerdings wird gemunkelt, dass sich die Raucher zwischendurch „herausgeschlichen“ haben, um ihrer Sucht zu frönen. Der Fall der Mauer am 9. November 1989 macht den Bunker endgültig überflüssig.

Anfang der 1990er Jahre wird der Atombunker laut Müller „außer Dienst gestellt“. Die Lüftung sei abgeschaltet worden, sagt Müller. Ohne die Gefahr eines Atomkriegs erfüllt der Schutzkeller keine Funktion mehr. Statt Lebensmittelkarten für den Katastrophenfall fängt die Verwaltung an, Akten in den Räumen zu lagern. In den engen Gängen stehen inzwischen Hunderte Regalmeter mit Ordnern und Heftern der Bauabteilung, der Kommunalaufsicht, der Waffen- sowie der Brand- und Katastrophenschutzbehörden.

Ab und zu müssen die Dokumente herausgeholt werden. Wenn ein Bauherr ein Gebäude umbauen will, muss laut Müller zum Beispiel immer eine Kopie der ursprünglichen Baugenehmigung angeheftet werden. Allerdings geht das nicht mehr. Weil die Lüftung nicht funktioniert, kommt es zu den Schimmelproblemen.

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