Gesund in die Zukunft

Wiltingen/Wellen/Mannebach · Ortsentwickler Bernd Gard exportiert das Saarburger Modell erstmals in Dörfer außerhalb seiner Heimat-Verbandsgemeinde (VG). Gleich zwei Dörfer in der VG Konz beginnen mit einem Aktivierungsprozess.

 Die drei wollen etwas bewegen: Die Ortsbürgermeister von Wellen und Wiltingen, Hans Dostert (links) und Lothar Rommelfanger (rechts), posieren gemeinsam mit Dorfentwickler Bernd Gard (Mitte) an den Fitnessgeräten in der Gesundheitshütte in Mannebach. TV-Foto: Christian Kremer

Die drei wollen etwas bewegen: Die Ortsbürgermeister von Wellen und Wiltingen, Hans Dostert (links) und Lothar Rommelfanger (rechts), posieren gemeinsam mit Dorfentwickler Bernd Gard (Mitte) an den Fitnessgeräten in der Gesundheitshütte in Mannebach. TV-Foto: Christian Kremer

Foto: (h_ko )

Wiltingen/Wellen/Mannebach "Amen!", sagt Bernd Gard zum Abschluss seines Kurzreferats über das Saarburger Modell. Seine Ausführungen sind einleuchtend, und seine Leidenschaft für sein Dorfentwicklungsmodell ist mitreißend. Sie ist so mitreißend, dass er nun erstmals außerhalb der Verbandsgemeinde Saarburg tätig werden kann. Die Ortsgemeinden Wiltingen und Wellen in der Verbandsgemeinde orientieren sich an Gards Modell, um ihr Dorf fit für die Zukunft zu machen. Die Auftaktveranstaltungen sind am Montag, 27. März, 19 Uhr, im Wiltinger Bürgerhaus und am Dienstag, 28. März, 19 Uhr im Wellener Bürgerhaus.

Idee Gard hat etwas von einem Propheten, der eine traurige Zukunft verhindern will. Der Mannebacher nimmt die Prognosen vom Aussterben der Dörfer durch das Altern der Gesellschaft sehr ernst und setzt eine im Kern simple Idee dagegen, die er als Salutogenese (lateinisch: Gesundheitswerdung) beschreibt: "Grundlage der Dorfmoderation ist die Gesundheit jedes einzelnen Menschen", sagt er. Hintergrund seines Ansatzes ist der demografische Wandel. Laut Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamts ist es zum Beispiel möglich, dass 2050 jeder dritte Deutsche über 65 ist. Diese alternden Menschen will Gard möglichst lange gesund halten und ihnen so eine Zukunft in ihren eigenen vier Wänden ermöglichen - zum Beispiel durch Bewegung.
Ziele Als Gard seine Ideen beim Pressetermin in Mannebach erläutert, kommt gerade eine Gruppe Senioren um den ehemaligen Bürgermeister der VG Saarburg, Leo Lauer, am Fenster des Bürgerhauses vorbei. Sie gehen in die Dorfgesundheitshütte. Dort sind altersgerechte Fitnessgeräte aufgebaut - ein Ergebnis der von Gard gesteuerten Dorfentwicklung in seinem Heimatdorf.
Die Gruppe um Lauer beginnt mit dem Training, während Gard weiter die Hintergründe seines Konzepts erläutert. Es gehe nicht nur um Bewegung, sondern darum, eine sorgende Dorfgemeinschaft zu schaffen, in der die Leute aufeinander achten. Das sei ein Mittel gegen die drohende Altersarmut. Und es schützt aus Gards Sicht sogar die Demokratie und die kommunale Selbstverwaltung: "Ziel ist es, den Bürgern zu zeigen, dass sich die Politik um sie kümmert. Rechtspopulistische Ausflüge wären dann nicht mehr nötig."
Seine eigene Rolle bei den Prozessen in Wiltingen und Wellen beschreibt Gard folgendermaßen: "Meine Aufgabe ist es, mit den Ortsbürgermeistern zusammenzuarbeiten, um die Bürger, Betriebe und Vereine zu mobilisieren. Die Bürger nehmen ihr Schicksal dann selbst in die Hand!" Die Menschen vor Ort müssten Visionen entwickeln, wie sie sich ihre Zukunft vorstellten.

Erwartungen Der Wellener Ortsbürgermeister Hans Dostert ist überzeugt, dass der Ansatz seinem Dorf guttut. Er wolle erreichen, dass die Menschen möglichst lange gesund in Wellen wohnen können. "Auch wenn man nur ein Jahr länger in seinem Haus leben kann, ist etwas gewonnen", sagt Dostert. Er will eine Gesundheitshütte wie in Mannebach im ehemaligen Sparkassengebäude schaffen.
Lothar Rommelfanger vergleicht das Saarburger Modell mit früheren Dorfmoderationen in seiner fast 30-jährigen Amtszeit in Wiltingen. Da steche im Gegensatz zum oft eher städtebaulich geprägten Vorgehen in der Vergangenheit der soziale Ansatz heraus. "Wir wollen ganz bewusst die Bürger mitnehmen und nachhaltige Strukturen schaffen", sagt Rommelfanger. So wolle er zum Beispiel die Zukunft der Ortszeitung und der Sonntagscafés sichern.

Strukturen "Das Ehrenamt ist das eine", sagt Gard und verweist darauf, dass die Saarburger Verwaltung inzwischen einen Profi habe, der die ehrenamtlichen Dorfbegleiter unterstützt. Die VG hat eine Halbtagsstelle für den Soziologen Matthias Fass geschaffen, um die Dorfentwicklung zu begleiten.
Gard erwartet für die Kommunen auch Geld von den Krankenkassen. Im Rahmen der Dorfmoderationen in der VG Konz ist deshalb auch die IKK Südwest beteiligt. Axel Clever, Projektleiter Gesundheitsförderung bei der Versicherung, erklärt auf TV-Anfrage, dass die IKK Südwest die Prozesse in Wiltingen und Wellen im Rahmen eines Pilotprojektes unterstützend begleiten will.
Neben der Versicherung will Gard auch die Uni Trier mit ins Boot holen, damit sie die Prozesse in Wiltingen und Wellen begleitet. Soziologie-Professor Rüdiger Jacob erklärt auf Anfrage unserer Zeitung allerdings, dass das unsicher sei. Es gebe zwar die Anfrage von Gard, aber die Frage nach einem Budget für das Projekt sei ungeklärt.Meinung

Alles steht und fällt mit der Beteiligung der Bürger
Bernd Gard zeigt mit seiner Art der Dorfmoderation Zusammenhänge auf zwischen individueller Gesundheit, sozialem Miteinander und ehrenamtlichem Engagement. Das ist ein ganzheitlicher Ansatz, der gewinnbringend sein kann. Allerdings steht und fällt das Modell letztlich - wie bei allen Formen der Dorfmoderation - mit der Zahl der Bürger, die sich beteiligen. Nur wenn viele Menschen in Wiltingen und Wellen mitmachen, können sie ihre Dörfer erfolgreich umgestalten. Hilft keiner mit, ändert sich auch nichts - da kann die Theorie noch so ausgereift sein. c.kremer@volksfreund.deVERANSTALTUNGEN IN WILTINGEN UND WELLEN


Extra

Bei den Auftaktveranstaltungen in Wiltingen (Montag, 27. März, 19.30 Uhr, Bürgerhaus) und Wellen (Dienstag, 28. März, 19.30 Uhr, Bürgerhaus) wird jeweils der Film "Aufstand der Alten" gezeigt. Der Demografie-Krimi thematisiert drastisch die Alterung der Gesellschaft. Der Filmabend ist in beiden Dörfern nur der Auftakt. Später sind unter anderem Zukunftswerkstätten geplant, in denen die Bürger ihre Visionen entwickeln können.

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