"Gewaschen und gekämmt" für 2500 Euro

MERZKIRCHEN-KELSEN. Wenn die öffentlichen Kassen unter der Schwindsucht leiden, gewinnt das Engagement der Bürger an Bedeutung. Die Leute aus Kelsen wissen das. Dass ihnen und der Gemeinde hohe Kosten für den Wiederaufbau einer Stützmauer erspart blieben, ist der Tatkraft einiger Männer aus dem Ort zu verdanken.

Lange Gesichter waren in der September-Sitzung des Merzkirchener Gemeinderats zu sehen. Denn einerseits duldete das, worüber das Gremium zu entscheiden hatte, keinen Aufschub. Andererseits hatte es den Anschein, als sei das Problem nur mit viel Geld zu lösen. Einige Wochen vor der Ratsversammlung war an der Kapelle im Ortsteil Kelsen eine stellenweise mehr als mannshohe Stützmauer eingestürzt (der Trierische Volksfreund berichtete). Anderen Mauerteilen drohte das gleiche Schicksal. Um das zu verhindern, war rasches Handeln gefragt. Kostenschätzung: 34 500 Euro

Da das Gelände, auf dem die Mauer steht, der Kirche gehört, schien klar zu sein, wer für den Wiederaufbau aufkommen würde. Allerdings dient die Mauer einer vorbeiführenden Ortstraße als Stütze. Damit hatte die Gemeinde den "Schwarzen Peter". Ein Ingenieurbüro ermittelte die voraussichtlichen Kosten für die Baumaßnahme: rund 34 500 Euro. Den Ratsherren blieb nichts anderes übrig, als den Betrag in den Nachtragshaushalt des laufenden Geschäftsjahres aufzunehmen und gleichzeitig Zuschüsse aus dem Investitionsstock des Landes zu beantragen. "Später stellte sich heraus, dass die Maßnahme beitragsfähig ist", berichtet Ortsbürgermeister Martin Lutz im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund. Konkret heißt das: Die Gemeinde hätte die Bewohner von Kelsen zur Kasse bitten und 65 Prozent der Bausumme - etwas mehr als 22 000 Euro - von ihnen einfordern können. "60 Cent pro gewichtete Grundstücksfläche wären fällig gewesen", erklärt Lutz. Die restlichen rund 12 000 Euro wären der Gemeindekasse zur Last gefallen, und nur dieser Teil der Gesamtsumme wäre zuschussfähig gewesen. Das Problem: Kleine Ortschaften mit 1000 oder weniger Einwohnern - auch Kelsen gehört in diese Kategorie - haben erst dann Anspruch auf Fördermittel aus dem Investitionsstock, wenn die Projektkosten über der 15 000-Euro-Marke liegen. "Wir lagen deutlich darunter. Auch anderweitig hatten wir keine finanzielle Unterstützung zu erwarten", so Lutz. Damit war für die Ratsherren von Merzkirchen guter Rat teuer - auch deshalb, "weil wir es ablehnten, den Leuten die Beiträge einfach ‚aufs Auge' zu drücken", wie der Ortschef berichtet. Um über das weitere Vorgehen zu beraten, habe die Gemeinde Ende Oktober eine Einwohnerversammlung einberufen. Nicht zuletzt im Hinblick auf die hohen Reparaturkosten entschieden sich die Kelsener bei dem Treffen recht schnell für eine Variante, die bereits in der Gemeinderatssitzung im September kurz diskutiert worden war: die Mauer selbst aufzubauen. Einige Männer aus dem Ort boten ihre Hilfe an, und Klaus Wagner, Bauamtsleiter bei der Verbandsgemeinde Saarburg, steuerte seinen fachlichen Rat bei. Gemeinde zahlt die Materialkosten

Nur wenige Tage später ging es los. Die Männer rissen die Mauerreste auf einer Länge von rund zehn Metern ab, gossen ein neues Fundament und begannen unter Verwendung der noch brauchbaren Natursteine, die Mauer neu aufzubauen. Die Kosten für die benötigten Baustoffe und den Betrieb der eingesetzten Maschinen übernahm die Gemeinde. Schon nach rund einer Woche war alles fertig. In die Freude über das gelungene Werk mischte sich allerdings auch Kritik: "Wir sind ein wenig enttäuscht darüber, dass sich die Kirche als Eigentümerin der Mauer nicht finanziell am Wiederaufbau beteiligt hat", erklärte einer der Freiwilligen im TV-Gespräch. Laut Martin Lutz hat der Pfarrverwaltungsrat aber inzwischen seine Unterstützung zugesichert. Auf die Frage, was die Maßnahme unter dem Strich gekostet habe, antwortet der Ortschef: "Ich denke, mit 2500 Euro sind wir gewaschen und gekämmt."

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