Gewerbe findet kein Gehör

Die Straßen im Industriegebiet "Grafenwald" erhalten erstmals spezielle Namen. So lautet der unspektakulär anmutende Beschluss des Hermeskeiler Stadtrats am Dienstag. Über die Entscheidung, mehr aber noch über die Art und Weise, wie sie getroffen wurde, zeigen sich die Vertreter des Hochwald-Gewerbeverbands (HGV) "maßlos enttäuscht".

 Damit die Suche nach einer bestimmten Firma leichter wird, hat der Stadtrat neue Namen für die Straßen im Gewerbegebiet Grafenwald vergeben. Die Betroffenen sind darüber aber nicht glücklich. TV-Foto: Axel Munsteiner

Damit die Suche nach einer bestimmten Firma leichter wird, hat der Stadtrat neue Namen für die Straßen im Gewerbegebiet Grafenwald vergeben. Die Betroffenen sind darüber aber nicht glücklich. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeil. "Jetzt hat man ein halbes Jahr gebraucht, um ausgerechnet das zu erreichen, was wir nicht wollten", ärgert sich der zweite HGV-Vorsitzende Markus Weicherding. Stadtmarketingfrau Jutte Straubinger sagt: "Ich bin maßlos enttäuscht, dass ich nicht einmal die Fakten darlegen durfte."

Was war passiert? Wenige Minuten zuvor hatte der Stadtrat eine Frage gelöst, die das Gremium bereits einmal ergebnislos vertagt hatte (der TV berichtete). Um die Orientierungsprobleme von Zulieferern zu beseitigen, die bislang im weitverzweigten Industriegebiet nur mit der unspezifischen Angabe "Grafenwald" auf die Suche nach einer bestimmten Firma gehen müssen, hat der Stadtrat jetzt erstmals vier Straßennamen verteilt. Sie heißen "Am Fohlengarten", "Im Sangenbruch", "In der Rodung" und "Hinter der Schulwiese". Das Votum fiel mit großer Mehrheit. So weit, so gut, möchte man meinen. Gerne hätte Straubinger dem Rat aber gesagt, was die im Gewerbegebiet angesiedelten Betriebe zu dieser Sache sagen. Der HGV hatte kürzlich noch einmal eine Abfrage gemacht. "Wir haben 28 Firmen angeschrieben, 25 haben uns geantwortet und davon haben 21 klar gesagt, dass sie keine neuen Straßennamen wollen, sondern der Name Grafenwald bleiben und man die Betriebe durchnummerieren soll", so Straubinger. Mehrere Unternehmen hätten darauf hingewiesen, dass neue Straßennamen eine Änderung der kompletten Firmenunterlagen nötig machen, was mit großen Kosten verbunden wäre.

Diese Sicht der Dinge darzustellen, war Straubinger aber nicht möglich. Den vom HGV gestellte Antrag, ihr Rederecht im Rat zu erteilen, lehnte das Gros des Gremiums ab. Claudia Fuchs (CDU) und Udo Moser (BFB) erinnterten zwar noch einmal an die bereits in früheren Sitzungen vorgebrachten Argumente der Firmen. Die meisten Ratsmitglieder teilten aber die Einschätzung von Sigurd Hein (SPD), "dass wir mit neuen Straßennamen die einmalige Chance haben, Klarheit zu schaffen". Im Anschluss an die Sitzung verteidigte Ilona König (CDU) das Vorgehen. "Wir haben uns schon oft mit dem Thema beschäftigt, es liegt ein intensiver Schriftverkehr vor und es wurde schon genug dazu gesagt. Weil keine neuen Erkenntnisse gekommen wären, hat der Rat auch kein Rederecht erteilt", sagte die Stadtbürgermeisterin dem TV. Es habe auch keine geschlossene Front gegen neue Straßennamen gegeben. "Vielen Betrieben ist diese Frage egal. Außerdem ist es nicht wahr, dass dadurch immense Kosten auf sie zukommen würden", so König.

Meinung

Beschämende Behandlung

Man will keine Entscheidung über den Kopf der Betroffenen hinweg fällen, das Gespräch mit den Firmen suchen und mit ihnen eine einvernehmliche Lösung ausarbeiten. Mit dieser einstimmigen Devise ist der Stadtrat im Oktober bei der Namenssuche im "Grafenwald" auseinandergegangen. Wie weit Anspruch und Wirklichkeit zuweilen aber auseinanderklaffen, hat jetzt das Gros des Gremiums auf befremdliche Art gezeigt. Es verbietet den Gewerbe-Vertretern vor dem Votum einfach den Mund und düpiert eine von der Kommune mitbezahlte Fachfrau. Das kann nur als beschämende Behandlung bezeichnet werden. a.munsteiner@volksfreund.de

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