Goldpreis steigt, Zahlungsmoral sinkt

Eine verhaltene Stimmung in der Schmuck- und Edelsteinbranche stellt der Creditoren-Verein Pforzheim fest, dem auch zahlreiche Betriebe aus der Region angehören. Vor allem die Zahlungsmoral im Groß- und Einzelhandel lasse zu wünschen übrig.

Kreis Birkenfeld. (jst) Rund 600 Mitglieder vorwiegend aus der Schmuck- und Uhrenbranche hat der Creditoren-Verein Pforzheim, der seine Mitglieder bei der Eintreibung von Zahlungsrückständen gegenüber Gläubigern vertritt.

Bei einer Umfrage unter den Mitgliedern befürchteten 34 Prozent eine Verschlechterung der Zahlungsmoral im kommenden Jahr. 46 Prozent erwarteten, dass das Zahlungsverhalten unverändert schlecht bleibe, und nur 12 Prozent glauben, dass es sich bessert. Lediglich 15 Prozent der Kunden, so ergab es die Umfrage, würden innerhalb des vereinbarten Zahlungsziels von 30 Tagen die Rechnung begleichen. 49 Prozent begleichen ihre Zahlung innerhalb von 60 Tagen, und rund 36 Prozent lassen sich bis zu drei Monate und zum Teil auch weitaus länger Zeit.

"Viele unserer Firmen fungieren als so etwas wie ein unfreiwilliges Kreditinstitut", kommentiert Jörg Lindemann, Geschäftsführer des Bundesverbands der Edelstein- und Diamantindustrie und des Industrieverbands Schmuck- und Metallwaren. Hinzu komme die bei vielen Händlern übliche Übernahme von Waren auf Kommission.

"Da liegt das ganze Risiko dann beim Hersteller, während einige Juweliere dann noch nicht einmal prompt zahlen, wenn sie die Waren verkauft haben", beschreibt Lindemann eine Unart in der Branche.

Die weltweite Krise, so analysiert Lindemann, treffe die Schmuck- und Edelsteinbranche vor allem in den mittleren und unteren Preissegmenten, während teure Top-Artikel davon eher unberührt bleiben würden. Hans-Ulrich Pauly, Obermeister der Innung der edelsteinbearbeitenden Handwerke, bestätigt, dass die Zahlungsmoral der Händler häufig zu wünschen übrig lasse. Dieser Trend werde durch die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe und durch den hohen Goldpreis noch verstärkt, berichtet Pauly.

Nur selten schlechte Erfahrungen mit Privatkunden



Als häufigste Problemgruppe nannte der Graveur vor allem die Juweliere, während man mit Privatkunden nur selten schlechte Erfahrungen machen würde. Allerdings, so Pauly, sei aus für die Branche wichtigen Exportgebieten wie den USA, Japan und dem Nahen Osten, aber auch aus Italien, wo vor allem geschliffene Steine zur Weiterverarbeitung abgesetzt werden, ein deutlicher Auftragsrückgang zu bemerken.

"Wir können zwar im Moment noch keinen Rückgang verspüren, merken aber, dass die Kunden zurückhaltender beim Ordern geworden sind, und lieber einmal nachbestellen", meint dagegen Jochen Müller vom Schmuckhersteller Giloy. Der Börsen-Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende der Intergem kann der Finanzkrise auch positive Seiten für die Branche abgewinnen. "Es ist eine gewisse Rückkehr zu alten Werten festzustellen", hat er beobachtet. "Die Käufer achten wieder mehr auf die Qualität des Materials und der handwerklichen Arbeit, weil Schmuck als Wertanlage wieder interessanter geworden ist."

Sorgen macht allerdings auch ihm der hohe Goldpreis. "Der liegt inzwischen so hoch, dass er auch spürbar auf die Endverkaufspreise durchschlägt."

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