Grabungen am Römerlager gehen weiter

Hermeskeil · Seit dem sensationellen Fund des ältesten römischen Heerlagers auf deutschem Boden ist klar: Hermeskeil ist für Archäologen eine hochinteressante Adresse. Die Forscher der Uni Mainz beginnen Ende Juli mit neuen Grabungen an der antiken Militärgarnison. Ein weiteres Team aus dem Saarland ist zurzeit schon ganz in der Nähe aktiv und hat dabei die letzten Ruhestätten von keltischen Kriegern entdeckt.

Hermeskeil. Es war eine Nachricht, die den Namen Hermeskeil im September 2012 bundesweit in die Schlagzeilen brachte: Das älteste römische Militärlager, das bisher in Deutschland nachgewiesen wurde, stand oberhalb der heutigen Hochwaldstadt. Die Legionäre haben es vermutlich zwischen 53 und 51 vor Christus aufgeschlagen - also zur Zeit von Cäsars Gallischem Krieg. Für diese Datierung waren unter anderem Schuhnägel ein wichtiges Puzzleteil: Diese waren den Soldaten einst auf den gepflasterten Gassen des Lagers aus den Sandalen gefallen. Das Archäologen-Team der Uni Mainz unter der Leitung von Sabine Hornung hatte sie bei den Grabungen auf der grünen Wiese zwischen dem Waldstadion im Erdreich entdeckt.
25 Fußballfelder


Die Form und Größe der Schuhnägel erlauben zusammen mit anderen Funden Rückschlüsse darauf, wann das römische Heer vor Hermeskeil lagerte. Den aktuellen Wissensstand fasst Hornung im TV-Gespräch so zusammen: "Das Hauptlager war etwa 18,2 Hektar groß." Das entspricht circa 25 Fußballfeldern. Dazu kam noch ein Anhang - der Annex - von rund 7,6 Hektar Größe. "Wir vermuten, dass dort der Tross untergebracht war." Genau in diesem Bereich und an einer direkt angrenzenden Gasse des Lagers, bei der bei der vorherigen Grabung Teile eines Tors gefunden wurden, wollen Hornung und ihr Team ab Ende Juli etwa zwei Monate lang weitergraben, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. "Je mehr Funde wir sammeln, umso präziser können wir uns ein Bild davon machen, wie sich beispielsweise die Soldaten verpflegt haben oder wie der Nachschub organisiert wurde", sagt Hornung. Außerdem hoffen die Archäologen, dass sie zeitlich noch enger eingrenzen können, wann die römischen Truppen im Hochwald stationiert waren. "Wir wollen mit unseren Forschungen ein Stück Weltgeschichte erzählen. Es geht darum, exakt sagen zu können, zu welchen Berichten in den historischen Quellen das Lager passt", sagt Hornung.
Derzeit gehen die Forscher davon aus, dass die Militäranlage im Zusammenhang mit einem Feldzug der Römer gegen den aufständischen Keltenstamm der Treverer aufgeschlagen wurde. Diese Einschätzung basiert vor allem auf Julius Cäsars Werk "Der Gallische Krieg".
Die Treverer hatten nur wenige Kilometer von Hermeskeil entfernt eine wichtige Siedlung: den Ringwall bei Otzenhausen.
Spiel mit Wahrscheinlichkeit


Im römischen Lager befehligte vermutlich der Feldherr Titus Labienus die Soldaten im Lager, das wohl mehrere Monate belegt war. Hornung schätzt, dass dort zwei Legionen stationiert waren - das wären zwischen 5000 und 10 000 Mann gewesen. "Archäologie ist ein Spiel mit Wahrscheinlichkeit, bei dem es darum geht, die Unsicherheitsfaktoren zu reduzieren", sagt die Forscherin.
Während die Uni Mainz mit ihren neuen Grabungen in Hermeskeil erst in einigen Wochen startet, gehen die Arbeiten der Forscher von der saarländischen Terrex Gmbh bereits in die Endphase: Das Team um den Archäologen Thomas Fritsch gräbt zum wiederholten Mal ganz in der Nähe der Fundstelle des Römerlagers. Von der heute landwirtschaftlich genutzten Fläche ist schon länger bekannt, dass sie einst über Jahrhunderte hinweg als letzte Ruhestätte für Kelten, aber auch für Römer diente. "Hier wurden zwischen 150 vor und 300 nach Christus durchgängig Menschen bestattet", sagt Fritsch. Er vermutet, dass es bei Hermeskeil auch eine keltische Siedlung gab, für deren Bewohner der Ringwall eine zentralörtliche Bedeutung hatte. "Über die keltischen Siedlungen haben wir aber weniger Wissen, weil sie anders als die Römer keine Steinbauweise kannten. Wir können also keine Mauern finden." Bei der aktuellen Grabung ist Fritsch unter anderem auf drei Gräber von keltischen Kriegern gestoßen. Die Forscher haben als Beigaben unter anderem die Überreste eines rituell verbogenen Schwertes, aber auch die eines Rasiermessers gefunden.
Interessant ist zudem, dass die Keltengräber wohl aus dem ersten Jahrhundert vor Christus stammen und damit sogar in die Zeit des Gallischen Kriegs fallen könnten. "Möglicherweise haben diese Krieger also gegen die im Lager stationierten Römer gekämpft", sagt Fritsch - betont aber, dass das nur eine Hypothese sei.
Extra

Zusammen mit den Archäologen macht sich die Stadt Hermeskeil derzeit Gedanken, wie das Römerlager für Besucher sichtbar gemacht werden kann. Die Umsetzung dieser Ideen ist allerdings von der Zustimmung der Denkmalpflege beim Rheinischen Landesmuseum in Trier abhängig, betont Hornung vorsorglich. Laut Stadtbürgermeister Udo Moser werden die Hermeskeiler sich bemühen, dass sie für ihr Projekt am Römerlager Zuschüsse aus dem Leader-Programm der EU erhalten. "Wir wollen mit bescheidenen Mitteln die Grabung als offenes Denkmal darstellen", sagt Moser. Der Bau eines Museums sei nicht geplant, betont er. In der Projektskizze sei ein Kostenansatz von 100 000 Euro vorgesehen. Die Überlegungen gehen dahin, an der Fundstelle einen Info-Punkt einzurichten. Auch über ein am Computer erstelltes 3D-Modell wird nachgedacht. Das könnte ähnlich wie in den Fenstern der Gedenkstätte des KZ Hinzert auf eine Projektionsfläche geworfen werden. So können sich auch Laien eine Vorstellung von den Dimensionen der Garnison machen. Außerdem wäre es laut Hornung denkbar, die Abgrenzungen des Lagers im Gelände zu markieren. Moser betont, dass man bei all diesen Überlegungen Rücksicht nehmen und sich mit den Landwirten absprechen muss, denen die Flächen gehören. ax

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