Greimerather wehren sich gegen Windpark

Greimerath · Die Bewohner von Greimerath laufen gegen ein Projekt Sturm, das gleich hinter der Grenze zum Saarland geplant ist. Auf dem Kamm des Judenkopfs sollen fünf Windräder aufgestellt werden, auf die die Greimerather direkt blicken würden. 200 Bürger haben am Montagabend in einer Versammlung deutlich gemacht, dass sie das nicht hinnehmen wollen.

Greimerath. "Wir wollen keine Windräder auf dem Judenkopf - und zwar unter keinen Umständen!" Als der Greimerather Bernhard Schmitt nach fast vier Stunden seinen Standpunkt noch einmal zusammenfasste, war ihm die Unterstützung seiner Mitbürger sicher. Im Sitzungssaal der Grundschule, der aus allen Nähten platzte, applaudierten ihm fast 200 Einwohner des Hochwald orts. In einer Bürgerversammlung hatten die potenziellen Betreiber zuvor ihre Pläne für einen Windpark an der Landesgrenze und die dafür erstellten Gutachten präsentieren wollen (siehe Extra Windpark). Sie hatten dabei aber von Anfang einen sehr schweren Stand.
Denn die fünf Räder würden im Blickfeld der Gemeinde Greimerath stehen. Das ist einer der vielen Gründe, warum man im Hochwaldort die Räder vor der eigenen Haustür ablehnt und sich dort eine Bürgerinitiative gründen will. "Sie wollen hier ihr Programm durchziehen, und bei uns ist die Idylle weg und wir müssen mit den Beeinträchtigungen leben", warf Rainer Witt den Betreibern vor. Die Greimerather fürchten unter anderem, dass sie in Zukunft durch die Räder unter Lärm und Schattenwurf leiden. Außerdem sind sie der Meinung, dass die Anlagen das Landschaftsbild zerstören und die Tier- und Pflanzenwelt gefährden.
Die von den Betreibern in Auftrag gegebenen Fachgutachten wurden von den Gegnern teilweise angezweifelt, obwohl Frank Schmeer von der Vereinigten Saar Elektrizitäts (VSE) AG versicherte, "dass wir eine professionelle Bewertung aller möglichen Konfliktpotenziale vorgenommen haben." Die Betreiber betonten zwar, dass sie bereit sind, den Windpark und ein oder zwei Räder auch auf rheinland-pfälzisches Gebiet zu verlängern. Nach aktuellem Stand der Dinge ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass diesseits der Landesgrenze Windräder am Judenkopf überhaupt erlaubt werden können.
So wurden auf rheinland-pfälzischer Seite Schwarzstörche entdeckt, um deren Nester ein Schutzradius eingehalten werden muss. Deshalb klagte Sebastian Otremka: "Es ist eine Farce, es so hinzustellen, als würde auch bei uns der Bau von Anlagen gehen."
Auch der frühere Revierförster Ralf Taubert schloss sich der Kritik an. "Wir sind total gegen dieses Projekt und lassen uns auch nicht mit ein paar Silberlingen abspeisen."
Damit spielte Taubert auf die Tatsache an, dass die Betreiber die Räder über Wege der Gemeinden Serrig und Greimerath zu ihren Standorten bringen wollen. Um dafür die Zustimmung zu bekommen, bieten die Investoren der Gemeinde Greimerath eine Gesamtsumme von 180 000 Euro. Unternehmer Wendelin von Boch wehrte sich dagegen, "dass man mir nur materielle Interessen unterstellt". Es gebe auch ethische Gründe, die für sein Engagement in Sachen erneuerbarer Energie wichtig seien, sagte von Boch und führte in diesem Zusammenhang auch das Atomkraftwerk Cattenom an. Die Vertreter des Greimerather Rats sowie der Keller VG-Chef Werner Angsten schlossen sich der Kritik der Bürger an. Alle drei Ratsfraktionen (FWG, SPD und CDU) hatten schon im unmittelbaren Vorfeld der Bürgerversammlung bemängelt, dass die Gemeinde Greimerath von der saarländischen Seite nur unzureichend über den Planungsprozess informiert worden sei, "obwohl Greimerath die größten Beeinträchtigungen zu erwarten hat". Ortsbürgermeister Edmund Schmitt (FWG) beklagte, "dass wir vor vollendete Tatsachen gestellt wurden".
Der Greimerather Rat hat die Losheimer deshalb am Montagabend dazu aufgefordert, die Frist zu verlängern, in der im öffentlichen Beteiligungsverfahren zum geplanten Windpark am Judenkopf noch Einwände geltend gemacht werden können. Diese Frist lief gestern aus (siehe Extra Reaktionen).Meinung

Ungewisse Erfolgsaussichten
Da ist ein Nachbarschaftsstreit wohl kaum noch abzuwenden: Beim geplanten Windpark auf dem Judenkopf gibt es ein Grundproblem. Von den fünf Rädern hat nur eine Seite - die saarländische - den (finanziellen) Nutzen. Auf der anderen Seite stehen die Greimerather, die für sich selbst nur Nachteile sehen. Sie sind ohne Zweifel von allen Gemeinden im Dunstfeld am stärksten vom möglichen Windpark betroffen - zumindest, was die Auswirkungen auf das Landschaftsbild angeht. Bei den anderen Befürchtungen der Bürger im Hochwald ort - zum Beispiel in Bezug auf etwaige Gesundheitsschäden - fällt ein Urteil schon schwerer. Aber wie man es nun dreht und wendet: Die Stimmungslage in Greimerath ist eindeutig. Die Bürger und ihre Gemeindevertreter werden sich fortan mit Händen und Füßen gegen den Windpark an der Landesgrenze wehren. Die Erfolgsaussichten bei diesem Protest sind jedoch mehr als ungewiss. Die Gemeinde Losheim und die Familie von Boch haben schon viel Geld in Gutachten investiert, die ihnen die Machbarkeit des Projekts bescheinigen. Dass die saarländischen Investoren nun aus Rücksichtnahme auf ihre rheinland-pfälzischen Nachbarn einen Rückzieher machen und das Projekt zu den Akten legen, ist sehr unwahrscheinlich. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Auf dem saarländischen Teil des Judenkopfs will eine Investorengemeinschaft insgesamt fünf Räder aufstellen. Ihr gehören die Technischen Werke Losheim, die Vereinigte Saar Elektrizitäts (VSE) AG und die Familie von Boch an. Die Anlagen sollen bis Ende 2013 in Betrieb genommen werden. Ein Rad soll sich auf den Flächen der Gemeinde Losheim drehen, vier Anlagen würden sich auf dem Privatwaldbesitz der Familie von Boch befinden. Die weißen Mühlen sollen eine Gesamthöhe von jeweils knapp 200 Metern haben. Der Abstand zum nächsten Wohnhaus in Greimerath beträgt 1,8 Kilometer und liegt damit deutlich jenseits der Mindestgrenzen. axExtra

Der Losheimer Bürgermeister Lothar Christ (SPD) sagte am Dienstag im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er dem am Abend tagenden Umweltausschuss empfehlen werde, die Frist für Einwände im Bebauungsplanverfahren noch um "ein paar Tage zu verlängern. Damit könnten die noch eingehenden Bedenken aus Greimerath noch mit in die Abwägung aufgenommen werden. Wir wollen uns nämlich nicht dem Vorwurf aussetzen, über diese Dinge hinwegzugehen. Das sind wir unseren Nachbarn schuldig". Allerdings wehrt sich Christ gegen den Vorwurf, dass die Gemeinde Losheim die Greimerather bei der Planung überfahren habe. Man habe das Projekt bereits im Frühjahr 2011 in den wesentlichen Grundzügen im Greimerather Rat vorgestellt und es habe seinerzeit von dort auch positive Signale für das Projekt gegeben. Später habe es im Oktober 2012 einem sogenannten Scoping-Termin gegeben. Dabei treffen sich verschiedene Behörden, um über die Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt zu sprechen. Aus Rheinland-Pfalz sei aber kein Vertreter zu diesem Termin gekommen. Zudem weist Christ darauf hin, dass die Losheimer die Frist für Einwände auf Wunsch der Nachbarn bereits einmal bis zum Tag nach der Bürgerversammlung in Greimerath verlängert hatten. ax

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