Große Liebe zu starken Gefühlen

KONZ. Fünf Jahre hat Ilse Goergen meist für die Schublade geschrieben. Aber vor kurzem hat ein Verlag ihren Roman "Genau sein Kaliber" ins Programm aufgenommen. Und forderte bei der Krimi-Autorin schon ein neues Buch an.

Manchmal bringt ein kleiner Mausklick unverhofft Glück. Der Bookspot-Verlag hatte im Jahr 2003 einen Wettbewerb für Krimi-Autoren ausgeschrieben. Also schickte Ilse Goergen drei Kurzgeschichten von ihrer Wohnung in Konz-Könen nach München, ohne weitere Umstände und per E-Mail. "Ich hatte ja nichts zu verlieren", sagt sie heute. Als die Angelegenheit für sie längst vergessen war, flatterte ihr eine Nachricht ins Haus: "Telephos"-Literaturpreisträgerin 2003. Und das Schönste: Ein Verlagsvertrag für einen Kriminalroman. Was bedeutet: Der Verlag finanziert Herstellung und Vertrieb des Buchs, und normalerweise fällt für die Autorin ein Honorar ab."Die waren mir nicht gut genug"

Drei Romane hatte sie in der Schublade. "Die waren mir nicht mehr gut genug." Also schrieb sie von Januar bis August 2004 den vierten. "Genau sein Kaliber" heißt er. Die Veröffentlichung war für die gebürtige Triererin ein gewaltiger Schritt nach vorn. Seit sie bei einem Trierer Krimi-Wettbewerb 1999 in die Endrunde gekommen war, hatte Ilse Goergen Verlage angeschrieben, Kontakte gesucht, Verbindungen zu Literaturgruppen im Internet hergestellt. Eine mühsame Arbeit, die manchmal mit Absagen und meist mit unhöflichem Schweigen quittiert wurde. Trotzdem stellten sich auch Erfolge ein. Eine öffentliche Vorlesung gab es im Jahr 2000, ein Jahr später einen vierten Preis im Internet-Wettbewerb "Tatort Eifel". Einige Kurzgeschichten wurden in Krimi-Anthologien veröffentlicht, im vergangenen Jahr noch "Der Tote im Frack" im Jahresmagazin "Criminalis" beim Capricorn Literaturverlag. Und nun der Erfolg, dass ihr Roman erschien. Ilse Goergen sitzt zuhause am Wohnzimmertisch. Trotz frech rötlich gefärbtem Haar wirkt sie unscheinbar, ganz anders als manche der gestylten Frauen, die ihr Buch bevölkern. Keine, der man auf den ersten Blick Krimis zutrauen möchte. Aber schreiben kann sie farbig und anschaulich. Natürlich gehört sie nicht zur Schriftsteller-Elite, die vom Schreiben lebt. Sie schreibt neben ihrem Halbtagsjob in einer Unternehmensverwaltung, neben der Erziehung ihrer beiden Kinder und der Hausarbeit. Reichtümer erwirbt man mit Kriminalromanen ohnehin nicht. Etwas anderes motiviert sie: Die Liebe zu spannenden Situationen, zu großen, manchmal tragischen Gefühlen, die emotionale Faszination bewegender Konflikte. Das ist der Stoff, aus dem ihre Geschichten sind. Sie spielen nicht in einem literarischen Wolkenkuckucksheim, sondern im Alltag. Und aus dem Alltag holt sich Ilse Goergen auch ihre Einfälle. Aus zufälligen Begegnungen, aus Wortfetzen, aus Zeitungsmeldungen nimmt sie eine Idee mit, erdenkt Personen, Konstellationen, Schicksale, die Handlung des Romans. Sein Inhalt sei frei erfunden, sagt sie. Und dass der Roman an Mosel und Saar spielt, hat eigentlich nur einen Grund: Sie kennt die Gegend. Aufwändige Recherchen sind damit überflüssig. Jetzt sitzt Ilse Goergen wieder am Computer. Der Bookspot- Verlag hat den zweiten Krimi angefordert. Den schreibt sie so, wie es der Alltag im Konz-Könener Eigenheim zulässt. Im Herbst soll er erscheinen. Aber sicher ist sie da nicht, und überstürzen möchte sie auch nichts. "Ruhe", sagt sie, "ist das Wichtigste für eine Autorin". Besprechung ihres Romans im Wochenend-Journal dieser Ausgabe. Ilse Goergen wird am 27. Februar, 19.30 Uhr, im Café "Alt-Reinig", Wasserliesch, aus ihren Geschichten lesen.

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