Grundschule in Wincheringen: Eltern protestieren gegen Zwangsversetzung eines Lehrers

Wincheringen · Acht von 13 Lehrern der Grundschule Wincheringen haben einen Versetzungsantrag gestellt. Eltern protestieren gegen die Zwangsversetzung eines Lehrers und wenden sich ans Ministerium. Es rumort an der Europaschule.

Grundschule in Wincheringen: Eltern protestieren gegen Zwangsversetzung eines Lehrers
Foto: Marion Maier

Grundschule Wincheringen, Mitte der Woche. Schüler der Klasse 4a präsentieren selbst gemalte Plakate mit Aufschriften wie "Wir wollen unseren Lehrer zurück!!!" und: "Wir streiken".

Protest gegen Versetzung: Die Kinder und eine Reihe von Eltern sind zusammengekommen, um sich von dem Klassenlehrer, der kurzfristig versetzt wurde, an seinem letzten Tag in Wincheringen zu verabschieden. Verena Unger, eine der Mütter, sagt: "Wir wollen damit zeigen, dass wir mit der Versetzung nicht einverstanden sind." Bei den kleinen Kämpfern fließen vereinzelt Tränen. Bereits am Elternabend ein paar Tage zuvor haben die Eltern ihren Unmut kundgetan. Eine Vertreterin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) hat sie dort offiziell über die Versetzung informiert. Konkrete Gründe wurden nicht genannt. Versuche, einen Kompromiss zu finden, damit der Lehrer wenigstens bis zum Schuljahresende bleiben kann, sind laut Ungers gescheitert. Die Eltern sind enttäuscht, wütend, kämpferisch.

Hintergründe: Thomas Weber-Rohlinger, ein Vater, sagt: "Hier werden Dissonanzen auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Das geht nicht." Die Klasse 4 a sei eine schwierige Klasse, doch mit dem neuen Lehrer, der nun versetzt wurde, sei sie in die Spur gekommen. Claudia Donkel, eine Mutter, ergänzt: "Vorher waren die Kinder total müde und aggressiv, wenn sie heimgekommen sind. Mit dem neuen Lehrer war alles in der Reihe." Ein Schüler sagt: "Der ist super, er hatte die ganze Klasse im Griff."

Hilferuf ans Ministerium: Doch die Versetzung dieses Lehrers scheint nur ein Problem von vielen an der Schule zu sein. Die Eltern haben sich jedenfalls mit einem Hilferuf per Mail ans Bildungsministerium gewandt. 274 Eltern unterstützen das Schreiben mit Unterschriften. Darin heißt es, dass sich das Schulklima mit der neuen Schulleitung, die 2016 kam, drastisch verändert habe. Acht der 13 Lehrer hätten einen Versetzungsantrag gestellt. Vier AG-Leiter hätten gekündigt. Vermutet wird, dass die aktuelle Versetzung aufgrund persönlicher Differenzen erfolgt sei. Die Lehrer leisteten eine großartige Arbeit, gäben den Kindern Vertrauen und Sicherheit, heißt es weiter. Wörtlich: "Wir möchten verhindern, dass dies durch den Führungsstil der Schulleitung in Gefahr gerät." Generell wird kritisiert, dass die Schulleitung nicht informiere, weder über neue Lehrer noch über neue Schulregeln.

Eine weitere Sorge der Eltern ist, dass die gute Reputation der Schule in Gefahr gerät. Sie ist Europaschule - das Zertifikat steht für Toleranz und Fremdsprachen - und hat einen zweisprachigen Zweig. Die Schule habe zudem lange für das Erasmus-plus-Programm, mit dem europäische Kooperationen gefördert werden, gekämpft. Die neue Schulleiterin habe das Programm einfach abgelehnt. Die Lehrkraft, die sich über Jahre hinweg und weit über das normale Maß hinaus für die Bilingualität an der Schule eingesetzt habe, habe die Schule verlassen müssen. Auch wenn sich das Schreiben anders liest, Verena Unger betont: "Wir wollen nicht gegen eine bestimmte Person kämpfen, sondern für die Lehrer, mit deren Arbeit wir voll und ganz zufrieden sind."

Das sagt die Schulleiterin: Die kommissarische Schulleiterin äußert sich zu den Versetzungswünschen, der Zwangsversetzung und der offenbar schlechten Stimmung nicht. Sie teilt mit: "Zu schwebenden personellen Angelegenheiten werde ich aus Datenschutzgründen keine Stellung beziehen." Ihre Infopolitik verteidigt die Führungskraft. Aktuelle Infos würden durch regelmäßige Elternbriefe bekannt gegeben, entgegnet sie. Wichtige Infos habe sie unter anderem über die Klassenlehrer weitergeleitet. Zum Erasmus-plus-Programm schreibt die kommissarische Leiterin: "Rechtliche Bestimmungen und eine notwendige Anpassung der Projektplanung haben zu der Entscheidung der ADD geführt, dass das Projekt zum jetzigen Zeitpunkt nicht stattfinden wird."Auf die Frage, wieso sie in den vergangenen drei Jahren drei Mal ihren Arbeitsplatz gewechselt habe (2013 eine saarländische Schule, 2015 Igel, 2016 Wincheringen) antwortet die Lehrerin, sie sei aufgrund des neuen Arbeitsorts ihres Mannes nach Igel gekommen. Als sich die Möglichkeit geboten habe, eine Europaschule zu leiten, habe sie dort ihre Erfahrungen einbringen wollen.

Das sagt die Behörde: ADD-Pressesprecherin Eveline Dziendziol ist angesichts der Vorwürfe gegen die kommissarische Schulleiterin bemüht, niemandem die Schuld zuzuschieben. Sie sagt: "Es war kein guter Start für die neue Schulleiterin. Warum ist unklar. Sie fährt eine neue Linie, und die wird nicht akzeptiert."

Dziendziol bestätigt die acht Versetzungsanträge und spricht von einer Front Lehrer gegen Schulleitung. Das Ganze sei eskaliert, obwohl die Schulrätin der ADD die Situation schon länger begleitete. Die Schulleitung habe keine ahndbaren Fehler gemacht. Die kritisierte Versetzung des Lehrers sei aus dienstlichen Gründen erfolgt. Mehr könne sie aufgrund der Schweigepflicht nicht sagen. Die Pressesprecherin weist daraufhin, dass die Lehrkraft, die sich für die Bilingualität eingesetzt habe, auf eigenen Antrag versetzt worden sei.

Ausblick: Zur weiteren Strategie der ADD sagt Dziendziol: "Nun muss man wieder Ruhe in die Schule bringen." Auch deshalb sei die aktuelle Versetzung erfolgt. Am Ersatz für diesen Lehrer werde noch gearbeitet, für die andere Lehrerin sei bereits Ersatz da. Ob die Schule tatsächlich zur Ruhe kommt, ist fraglich. Nicht nur die Eltern wollen weiter kämpfen - zumal in der 4a nun viele verschiedene Lehrer eingesetzt werden.

Unger sagt: "Mathematik geben dort jetzt drei Lehrer. Und der einzig verbliebene Lehrer mit französischer Muttersprache wird die meiste Zeit in einer nicht bilingualen Klasse verbringen. Das ist verrückt."

Zudem will der versetzte Lehrer laut TV-Informationen seine Versetzung anfechten. Selbst äußern möchte er sich gegenüber dem TV nicht.Meinung

Krisenmanagement geht anders

Meinungsverschiedenheiten unter Erwachsenen auch in pädagogischen Einrichtungen sind wohl ganz normal. Doch wenn sich jemand zu einer Versetzung entschließt, muss schon einiges zusammenkommen. Wenn aber acht von 13 Lehrern an einer Schule dies wollen, muss gehörig etwas schief laufen. Zumal wenn es diese Schule vorher mit viel Engagement von Lehrern geschafft hat, als erste rheinland-pfälzische Grundschule den Titel Europaschule zu erhalten. Hinzu kommen besorgte Eltern, die aufbegehren gegen eine Zwangsversetzung. Sie wenden sich hilfesuchend ans Ministerium auch angesichts der drohenden Lehrerabwanderung, die auch langjährige Kräfte betrifft. Dies alles lässt zweifeln - an der Schulleitung, aber auch am Krisenmanagement der Schulbehörde ADD. Leidtragende sind hier auch die Kinder. Das darf nicht sein. Effektives Krisenmanagement ist nötig und zwar schnell. m.maier@volksfreund.de

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